Das Master System – Sega’s 8-Bit Spielautomat für Zuhause

by Pandur
Space Harrier bekämpft außerirdische Kreaturen

Neben Tonka gewann Sega für den nordamerikanischen Markt 1988 zwei weitere Partner. Von Sega of Japan produzierte Spiele wurden in den USA nun teilweise von Activision vertrieben. Sie lieferten im Februar 1989 u.a. Sega Japans letztes offizielles Master System Spiel, Bomber Raid, aus. Zudem portierten die Parker Brothers bereits erfolgreiche Spiele wie
Broderbund’s Where in the World is Carmen Sandiego? oder Sierra On-Lines King’s Quest für das Master System.

Aber allein Tonka lieferte für die Herbst- und Weihnachtsschlacht 88 in Amerika 22 weitere Master System Spiele aus. Darunter Knaller wie Shinobi, Thunderblade oder Double Dragon. Während erstere Sega eigene Produktionen waren, ging Double Dragon auf Technos Spielautomaten zurück. Der Automat war 1987 die Revolution des Beat’em’up Genres gewesen. Er bot nicht nur einen kooperativen Zwei-Spieler-Modus, sondern war das weltweit erste Prügelspiel, bei dem der Spieler frei durch den Level scrollen durfte. Darüber hinaus konnten die Spieler, neben abgedrehten Ellbogenschlägen, Flykicks und Haare-ziehen, auch erstmalig die von ihren Gegnern hinterlassenen Waffen aufsammeln und einsetzen. Ein Prinzip das Schöpfer Yoshihisa Kishimoto einfiel, als er das Vorgängerspiel Renegade Revue passieren ließ. Generell hatte Double Dragon vieles seinem Vorgänger, Nekketsu Koha Kunio-Kun, zu verdanken. Denn Yoshihisa musste das asiatisch gestylte Beat’em’up, für den weltweiten Spielhallen-Release als Renegade mit optisch anders aussehenden Sprites und Hintergründen ausstatten. Ein kostenintensiver Schritt, durch den Double Dragon von Grund auf ein weltweites Publikum zugeschnitten wurde. Angeregt von Bruce Lee’s Enter the Dragon, prügelten sich die Zwillingsbrüder Jimmy und Billy Lee durch das Gang-dominierte New York des 20. Jahrhunderts. Black Warrior Leader Willy Mackey hatte Marian, die Kampfsportlehrerin ihrer Martial Arts Schule, gekidnappt, in die beide verknallt waren. Ein Twist der erst richtig zur Geltung kam, wenn Double Dragon tatsächlich kooperativ gemeistert wurde. Denn dann flammte nach der Bezwingung von Willy das Duell zwischen den Brüdern auf. Obwohl Double Dragon damals ebenfalls fürs NES erschien, blieb die Master System Fassung näher am Original. Denn das NES konnte nicht ausreichend Sprites darstellen. Wodurch der Koop-Modus entfiel und lediglich zwei Gegner gleichzeitig auftauchten. Die Master System Variante brachte es hingegen auf drei unterschiedliche Feindarten bei zwei Spielern gleichzeitig.

Sega hatte im Oktober 1987 vergeblich versucht, ihre 8-Bit Konsole in Japan als Master System zu Relabeln und dadurch neuen Interessenten schmackhaft zu machen. Ungeachtet des missglückten Versuches, brachte das Unterfangen im August 88 einen neuen Master System Hit hervor: Golvellius: Valley of Doom. Das Action-Rollenspiel war ursprünglich von Compile für den MSX entwickelt worden, erlebte durch Segas Portierung jedoch deutlich mehr Aufmerksamkeit. Auf den ersten Blick erschien Golvellius, durch seine Überkopfperspektive wie ein Zelda Klon und tatsächlich zog sein Held, Kelesis, ebenfalls aus, um eine Prinzessin vor einem Dämon zu retten. Aber es verwob verschiedene Konzepte konkurrierender Spiele zu einer interessanten neuen Mischung. Abseits der Oberlandwelten, in denen der Spieler Feinde zerschlug, dadurch seinen Charakterlevel steigerte und vom erbeuteten Gold neue Ausrüstung kaufte, enthielt jede der sieben karten einen Dungeon samt Endboss. Diese Dungeons stellten sich abwechselnd als zwei-minütiger, seitlich scrollender Plattformer oder als eine Art selbst scrollender vertikaler Shooter da. Dabei verfolgte Golvellius das in Asien so beliebte Grinden ins Extrem. Es reichte nicht, den Boss einer Welt zu bezwingen. Der Spieler musste einen Großteil seines erbeuteten Goldes opfern, um zusätzlich einen der sieben Kristalle zu kaufen, mit denen der Oberdämon zugänglich wurde. Ohne Kristall blieb die nächste Welt versperrt.

Im Februar 1989 gab der Sega Hauptsitz in Japan das Master System auf. Sie stellten die Konsolen-Produktion für den asiatischen Raum ein und für die restliche Welt waren längst andere Firmen verantwortlich. Trotz der nun fehlenden Unterstützung des Herstellers selbst, gewann das Master System besonders in den folgenden Monaten und Jahren einige seiner triumphalsten Spiele! Allem voran ging im Juni 89 Psycho Fox. Wenn das Master System einen würdigen Counterpart zu Super Mario bot, dann war das nicht Alex Kidd, sondern Psycho Fox. Was um so ironischer war, da Entwickler Vic Tokai seinen Vorgänger, Kid Kool, fürs NES produzierte und dann zum leistungsstärkeren Master System wechselte. Psycho Fox umfasste sieben optisch abwechslungsreiche Welten, ebenso mit Geheimgebieten und unterschiedlichen Wegen durchzogen wie Mario, sowie den typischen Power-Ups, die bis zu Unsichtbarkeitstränken und Bomben reichten. Obendrein war Psycho Fox in der Lage sich nach Einsammeln ausreichender Shinto-Stäbchen beliebig in einen Tiger, Affen oder Nilpferd zu verwandeln. Welche wiederum in Laufgeschwindigkeit, Sprungweite und Spezialfähigkeiten abwichen. Man könnte beinahe behaupten, Vic Tokai hätte ihren Mario Klon mit Mega Man gekreuzt. Darüber hinaus gab es am Level-Ende kleine Minispielchen, sofern der Spieler genug Geld eingesackt hatte. Psycho Fox stand Super Mario in kaum etwas nach und wurde mit 90+ Wertungen von vielen als das beste Master System Jump’n’Run betrachtet.

Wenn es ein Spiel gab, dass Psycho Fox übertraf dann war es Westones Wonder Boy III: The Dragon’s Trap. Was schlichtweg als Juwel der Master System Games betrachtet werden muss. Wonder Boy Erfinder Ryuichi Nishizawa entwickelte das Jump’n’Run mit Rollenspielartigen Mechanismen exklusiv für das Master System. Trotz des ähnlichen Namens ist es gänzlich anders als der eher Shooter-lastige Wonder Boy III: Monster Lair Automat. Stimuliert von Nintendos Metroid und Zelda 2: The Adventure of Link zwei Jahren zuvor, gestaltete Ryuichis 5-Mann-Team eine offene Welt mit zusammenhängenden Sektionen, in denen Held Tom-Tom sich ebenfalls in mehrere Tiere verwandeln durfte, die neue Levelabschnitte zugänglich machten. Ryuichi erklärte die Transformation durch das Ende von Wonder Boy in Monster Land. Der Drache, den Wonder Boy zu Spielbeginn von The Dragon’s Trap erneut bezwingen musste, verwandelte ihn in einen feuerspuckenden Echsenmenschen. Darauf folgten eine Wände erklimmende Maus, ein Schwert-schwingender Löwe und sogar Unterwassereskapaden und Höhenflüge als Piranha und Falke. Ähnlich wie Samus Arans Waffenarsenal, ließ der gezielte Einsatz einer bestimmten Gestalt Wonder Boy voran kommen. Was nicht jeder Spieler sofort merkte, denn schon der Standard-Echsenmensch konnte wie alle Gestalten schwimmen. Piranha-Man machte Wasserpassagen aber deutlich leichter zu erkunden. Außerdem war die neuste Gestalt ständig nötig, um den nächsten Boss zu bezwingen. Was immer Drachen waren. Aber abgedrehte Variationen wie Vampir- oder Zombie-Drachen. Selbstverständlich verzichtete Wonder Boy zu Gunsten der Gastaltenwandlung nicht auf seine bewährten Shops. Der Spieler durfte weiterhin seinen Schild aufrüsten, neue Waffen erwerben und sich heilen lassen. Als Wonder Boy III: The Dragon’s Trap im September 1989 in den USA und Europa erschien, heimste es unzählige 95% Wertungen und Game of the Year Auszeichnungen, von Magazinen wie Electronic Gaming Monthly, ein. Bis heute wird es von Fans und Kritikern als das beste Master System Spiel überhaupt angesehen.

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