Es war der Cadillac unter den Spielekonsolen. Drei Mal so viel Rechenpower wie das Super Nintendo. 4096 Farben gleichzeitig, statt den 256 der Konkurrenz, Bildschirmfüllende Sprites und Module mit mehreren hundert Megabit. Ohne Abstriche gegenüber den Spielhallen, war das Neo Geo die Konsole für Erwachsene. Leider nicht nur wegen der Spiele-Qualität, sondern ebenso wegen deren Preisen.
Unzählige Entstehungsgeschichten amerikanischer und europäischer Videospiele-Entwickler-Studios beginnen damit, dass sie Spielautomat XY auf ein Heimcomputersystem kopiert haben. Diese Spielautomaten kamen damals überwiegend aus Japan, wo Taito und Namco die zwei größten Spiele aller Zeiten produzierten: Space Invaders und Pac-Man.
Während Space Invaders erst 1978 erschien, entstand die produzierende Firma, Taito, bereits 1973. Zur gleichen Zeit besaß der 29-jährige Eikichi Kawasaki in Osaka bereits ein Café sowie ein Bauunternehmen und kaufte gerade ein Werk zur Herstellung von Elektronikkomponenten. Diese in Kobe ansässige Fabrik nannte Kawasaki „Shin Nihon Kikaku“ (das neue Japan Projekt).
Fünf Jahre lang war SNK lediglich Zulieferer für Soft- und Hardwarekomponenten. Bis Kawasaki 1978 der enorme Anstieg an Münzen-betriebenen-Videospiele-Automaten auffiel. Ähnlich wie Namco begann Kawasaki in diesem Jahr selbst mit der Produktion solcher Geräte. Sein 1978 erster entstandener Automat „Micon Block“, der wie Ataris Breakout nur aus Ball und Paddel bestand, erregte noch keine Aufmerksamkeit. Aber schon der zweite, Ozama Wars, war eine kleine Sensation. Der Automat basierte auf der gleichen Hardware wie Taito’s Space Invaders und war nach diesem das erste vertikale Shoot’em’up überhaupt. Ozama Wars war im Vergleich zu Space Invaders in jeder Hinsicht ein Upgrade. Das Schiff ging nicht beim ersten Treffer kaputt, sondern besaß eine Energieanzeige. Zudem bot es – ebenfalls zum ersten Mal – vier unterschiedliche Level, in denen Aliens gegen Asteroiden oder Schiffe ersetzt wurden. Am Ende jedes Levels dockte das Schiff, zum Aufladen der Energie, jedes Mal an ein Mutterschiff an. Was die dritte Innovation war. Der 1979 folgende Safari Rally Automat, war für die damalige Zeit vielleicht etwas zu komplex. Der Spieler musste bei dem Rennspiel entgegenkommenden Autos ausweichen und quer laufende Tiere überfahren. Beide Automaten fanden genügend Abnehmer, dass Kawasaki seine Automatenproduktion fortsetzen konnte. Die Freude hielt jedoch nur kurz an, da Taito 1979 parallel mit den ersten Farb-Display-Automaten startete.
In seinem nächsten Shooter, der ebenfalls in Farbe war, integrierte Kawasaki alles was er in den ersten 18 Monaten gelernt hatte. Der Ende 1980 in Japan erschienene Vanguard Automat war quasi der Vorfahre von Konami’s Gradius and Irem’s R-Type. Der Horizontal-Scroller mit Richtungswechseln erstreckte sich über zwei Tunnel, deren Grafikstile innerhalb des Levels wechselten. Eine weitere Besonderheit, im Gegensatz zu früheren Shootern war, dass der Spielfortschritt innerhalb des Level erhalten blieb und nicht bei der Zerstörung des Schiffs ganz von Vorne begonnen werden musste. Zusätzlich konnte der Spieler Gegenstände für vorübergehende Unverwundbarkeit einsammeln. Die vier Buttons des Automaten ermöglichten es, mit dem Schiff in vier verschiedene Richtungen zu feuern. Eine weitere Erneuerung waren die digitalisierten Soundeffekte und Musikstücke. SNK hatte sich Melodien vom ersten Star Trek Film und Flash Gordon ausgeliehen. Vanguard machte SNK von einem Tag auf den anderen berühmt und das auch außerhalb von Japan. Der in Kalifornien ansässige Automatenhersteller Centuri, welcher damals der sechstgrößten war, lizenzierte es 1981 für Amerika. Innerhalb eines Monats hatte Centuri ihre geplanten Jahreseinnahmen durch Vanguard bereits erreicht. Die Nachfrage der amerikanischen Spielhallen war derart hoch, dass Centuri mit der Produktion nicht hinterher kam. Also eröffnete Kawasaki noch im selben Jahr ein eigenes Werk in Sunnyvale Kalifornien. Die „SNK Corporation of America“ mit John Rowe als Geschäftsführer. Vanguard zog ebenso die Aufmerksamkeit von Atari auf sich, die es für ihr Home Entertainment System lizenzierten. Während des 1983 folgenden Videospiele-Crashs, der Atari in den Ruin trieb, überlebte SNK indem Kawasaki zusätzlich seine Spiele an europäische Computerspielehersteller lizenzierte, die europäischen Spielhallen jedoch unangetastet ließ. Zur ungefähr gleichen Zeit, als Atari unterging, verließ John Rowe SNK Amerika und gründete seine eigene Spielautomatenfirma, Tradewest. Heute besser bekannt als Midway. Sein Nachfolger wurde der ehemalige Chef von Universals Spielautomatenzweig, Paul Jacobs. Er hatte die bahnbrechende Idee, eine universelle Automatenhülle zu entwickeln, in dem quasi nur die Hauptplatine für das Spiel ausgetauscht werden brauchte. Eine Idee, an der Kawasaki und sein Spezialistenteam die nächsten Jahre arbeitete. Bis 1986 hatte SNK zusätzlich einen „Home Entertainment“ Zweig errichtet, dadurch ebenso Spiele für Plattformen von Drittanbietern wie Nintendos NES produziert und es insgesamt auf stattliche 23 Spiele gebracht (Mad Crasher/1984, Alpha Mission/1985, Athena/1986).
1986 war endlich der Zeitpunkt gekommen, wo SNK es mit der Taito, Konami sowie der Capcom Konkurrenz aufnehmen wollte und mit ihrem amerikanischen Standbein waren sie diesen japanischen Unternehmen tatsächlich einen Schritt voraus. Capcom hatte 1985 Commando herausgebracht. Einen vertikal scrollenden Shooter, bei dem der Spieler einen Elite-Kämpfer durch Horden von Soldaten steuerte. Bei SNK entstand 1986 ein ganz ähnliches Spiel durch Designer Keiko Iju. Doch wie üblich bot dieses weitaus mehr Features. Es hatte einen kooperativen 2-Spieler-Modus, Waffen-Upgrades, wie Panzerbrechende Munition oder Granaten mit einem großen Sprengradius und die Spielfiguren konnten sogar Panzer besetzen, um damit gut geschützt durch die feindlichen Armeen zu heizen. Was Ikari Warriors jedoch zum Hit machte, war dass es zur Zeit von Arnold Schwarzeneggers Film „Phantom Kommando“ und Syvester Stalones „Rambo II“ erschien. Genau deswegen hatten die beiden Hauptcharaktere von Ikari Warriors, Ralf und Clark, auch einen freien Oberkörper und ein rotes bzw. blauen Stirnband umgebunden. Selbst der Spieltitel war darauf abgestimmt, denn Rambo II hieß in Japan „Ikari No Dasshutsu„. Somit wussten die Japaner direkt was gemeint war und die Amerikaner sowieso. Auf Anraten von Paul Jacobs versteigerte Eikichi Kawasaki die Ikari Warriors Lizenzen für die verschiedenen Heimcomputersysteme einzeln an den Höchstbietenden. Wodurch Tradewest, die Firma ihres ehemaligen Geschäftsführers, die C64 Version in Amerika produzieren durfte. Elite vertrieb es in Europa und Micronics bekam die weltweite NES Lizenz. SNK verdiente mit dem Automaten und der Lizenzierung ein Vermögen, hatte durch letztere jedoch das Problem, dass jeder ihr Spiel kannte, aber niemand es mit SNK in Verbindung brachte. Ebenso lief es mit dem zweiten Teil, Victory Road, der noch im selben Jahr auf dem C64 von Data East produziert wurde.