Startseite » Magnetic Fields Historie – Gremlin Graphics Super Cars

Magnetic Fields Historie – Gremlin Graphics Super Cars

by Pandur
Von Raumzeit-durchbrechenden Bällen bis zur britischen Rally vermittelten ihre Spiele das Gefühl einer rasanten Achterbahnfahrt. Egal ob es ein Heimcomputer, mit Kapazitäten eines Taschenrechners war, oder die Multimedia-Playstation der 80er. Ihre Spiele kitzelten stets das Letzte aus den Maschinen raus. Innerhalb von zwei Jahrzehnten stiegen sie vom Wohnzimmer-Projekt zu Gremlin Graphics Spitzen-Team auf und legten dabei den Grundstein für weitere britischen Legenden wie Codemasters oder Core Design. Die Rede ist selbstverständlich von Magnetic Fields. Dem walisischen Team hinter Super Cars und der Lotus Turbo Challenge. Kommt mit zur Millbrook Teststrecke, lauscht den Sprüchen des Kommentators und erlebt wie die karierte Flagge fiel.

Mit seiner viktorianischen Promenade und den Pastellfarbenen Hotels vermutet wohl keiner in dem Seebad Llandudno eine Software-Schmiede. Doch vor dem Millenniumswechsel saß dort, im Norden von Wales, beinahe zwei Jahrzehnte lang Magnetic Fields. Oder besser gesagt Mr Chip Software. Denn unter dem Namen gründete Doug Braisby im Februar 1982 eine Firma für 8-Bit Software. Sein Freund Michelangelo Pignani schrieb damals Datenbankanwendungen und andere Utilitys. Nur um festzustellen, dass ihre Tools nicht so gut waren, wie sie ursprünglich dachten. Jedes hatte Bugs und so machten sie kaum Umsatz. Weshalb Doug erneut auf Michelangelos Rat hörte und versuchte in den aufkeimenden Computerspielemarkt einzusteigen. Er kaufte einige Spiele von örtlichen Entwicklern günstig ein und vertrieb sie wiederum auf dem Postweg über Zeitschriften.

Der 15-jährige Shaun Southern, aus dem rund 70 Meilen weiter südöstlich gelegenen Oswestry, versuchte ähnliches. Bereits seit seinem zwölften Lebensjahr programmierte er und inserierte seine VIC-20-Kassetten-Spiele mittlerweile in der selben Zeitschrift wie Doug. Wodurch er eines Tages auf die Anzeige seines Konkurrenten stieß und lass, dass dieser sogar Programmierer suchte. Shauns Familie machte zu der Zeit häufig in der Küstenstadt Rhyl Urlaub, welche nur einen Katzensprung von Llandudno entfernt lag. Weshalb er in einen Zug stieg und mit seinem Vegas Jackpot Spiel zu Doug fuhr. Zweiterer hielt die Slot-Machine Adaption für brillant und erklärte sich bereit, Shauns Spiele fortan zu vertreiben. Eine ihrer ersten Kooperationen wurde Olympic Skier. Einen Namen den Doug wählte, um von Shauns Ski Sunday Vorlage abzulenken. Denn abgesehen vom Namen übernahm der Junge ebenfalls die Titelmelodie (Pop Goes Bach) der wöchentlichen BBC Sportsendung. Obwohl Shaun ausschließlich auf Commodore Computern, wie dem VIC-20, C16 oder C64 programmierte, weil sie Dinge wie Interrupts, Sprites und Fähigkeiten für Scrolling teilten, scrollte Olympic Skier streng genommen überhaupt nicht. Denn im Gegensatz zu Taitos Alpine Ski Automaten, bewegte sich der Spieler nicht von unten nach oben, sondern umgekehrt. Was bedeutete, Shaun hing lediglich weitere Bildschirmzeilen mit Bäumen und Fähnchen unten dran und der Rest geschah von alleine.

Echtes horizontales Scrolling und das sogar in zwei Bildschirmhälften bot dafür das zwei Jahre später folgende Kik start. Ebenfalls eine Adaption der quasi gleichnamigen BBC Show (Kick Start). Shaun strich lediglich das „c“ aus dem Namen, um eventuellen rechtlichen Problemen vorzubeugen. Das Spielprinzip blieb. Wie in der Show fuhr der Spieler über die absurdesten Hindernisse, wie Doppeldecker-Busse, riesige Felsen, Europaletten und ähnlichem.

Im vorangegangenen Jahr, 1984, stellte Doug bereits den Vertrieb über Zeitschriften ein und schloss stattdessen eine Partnerschaft mit Mastertronic. Die in fünf oder sechs Wochen entstehenden Billigspiele passten damals ideal in Mastertronics Niedrigpreispolitik von 1,99 Pfund. Programmierer wie Shaun sahen davon nur ungefähr 10 Penny pro Spiel. Aber der Junge ging weiterhin zur Schule und in seinem Fall machte es die Masse. Denn innerhalb der ersten 15 Monate, der Mastertronic Partnerschaft, verkaufte Mr Chip bereits 395.000 Exemplare ihrer Spiele. Titel wie Shauns Kikstart und das ebenfalls 1985 folgende Kikstart II gediehen dabei zu Mastertronics bestverkauften Spielen!

Wann immer Shaun nach Rhyl kam, besuchte er die dortige Spielhalle. Eines der Spiele, was ihn stark begeisterte war Namco’s Metro-Cross. Ein seitlich Scrollendes Rennspiel, bei dem der Sprinter auf dem Weg zum Ziel über Hindernisse sprang und Bonus-Gegenstände einsammelte. Shaun war ein begnadeter Programmierer. Aber selbiges konnte man nicht von seinen grafischen Fähigkeiten behaupten. Weshalb er für die Metro-Cross Adaption auf seinem C16 den einfachsten Weg wählte. Der Namco Spielautomat umfasste ohnehin schon eine karierte Bodentextur, deren Farben leicht variierten und den Spieler aufforderten Bodenplatten mit bestimmten Farben zu umgehen. Das machte der Brite zum zentralen Konzept seines Trailblazer. Shaun drehte gewissermaßen die Perspektive um 90°, wodurch der Spieler in den Bildschirm lief. Statt Objekte auf dem Boden zu platzieren, färbte er schlicht die Platten um. Blaue warfen den Spieler in die Luft, violette warfen ihn zurück, grüne beschleunigten usw.
Damalige Spielautomaten zeichneten sich den heimischen Mircocomputern deutlich überlegen aus. Wodurch sie sanftes und gleichzeitig schnelles Scrolling boten. Etwas das sich streng genommen auf Computern wie dem C16 oder C64 nicht replizieren ließ. Dafür ließen sich Interrupts auf den Commodore Maschinen so programmieren, dass sie in bestimmten Intervallen losgingen. Was wiederum in einem erneuten Aufbau des Bildschirms resultierte. Nach diesem Prinzip zeichnete Shaun Linien, die in der Ferne verschwanden und veränderte dann über Interrupts deren Farben. Wodurch die Illusion einer bewegenden Fläche entstand, obgleich der Bildschirm technisch gesehen still stand und der Ablauf quasi kaum Rechenleistung schluckte. Darauf platzierte der mittlerweile 18-jährige dann einen springenden Ball, schlicht weil es die simpelste Grafik war. Ein Punkt, der später leicht die Verkaufszahlen drosselte, da Trailblazer ein identifizierbarer Charakter fehlte. Auf der anderen Seite beschrieben Redakteure von Magazinen wie Zzap!64 es dadurch als Kreuzung aus Epyx’s Pitstop II und Gremlin Graphics Bounder. Deren 93% Wertung konnte man durchaus als Durchschnitt betrachten. Denn Commodore Computing schloss sich mit 5 von 5, Your C64 mit 10 von 10 und Commodore User mit 9 von 10 Punkten an. Diese Wertungen bezogen sich teilweise auf die C64 Fassung, für die Shaun sogar einen 2-Spieler-Split-Screen-Modus konstruierte. Immer noch bei gefühlten 60 FPS, denn auch auf dem C64 scrollte bei Trailblazer nichts. Was es eben genau deshalb beeindruckend machte.

Gleichzeitig sorgten die verschiedenen Commodore Versionen jedoch ebenso für eine gesteigerte Entwicklungsdauer von drei Monaten. Um diese Arbeit finanziell zu kompensieren, schloss Doug für Trailblazer einen Vertrag mit Gremlin Graphics und vertrieb so Mr Chips erstes Vollpreisspiel.

Trailblazer und sein Nachfolger, Cosmic Causeway, markierten außerdem Shauns erste Zusammenarbeit mit Grafiker Andrew Morris. Denn letzter entwarf Titelbild sowie die Ball-Animation des Rennspiels. Der zwei Jahre jüngere Andrew brachte sich wie Shaun selbst das Programmieren bei, jedoch auf einem ZX81. Grafiken zu entwerfen und sich ums eigentliche Spiel-Design zu kümmern, lag ihm jedoch deutlich mehr als Programmieren. Tatsächlich vollendete Shaun Andrews erstes C64 Spiel, Otherworld. Im Gegensatz zu Shaun, der erst mit 19 die Uni schmiss, brach Andrew schon mit 15 die Schule ab und stieg durch Margaret Thatcher’s damaliges „Youth Training Scheme“ bei Mr Chip direkt ins Berufsleben ein. Mit seiner Begabung für Design und Koala Painter gedieh Andrew im Laufe der Monate zu Mr Chips Grafiker, der sämtliche Spiele der Software-Schmiede bebilderte. Deshalb verbrachte Andrew seine Arbeitszeit auch in Mr Chips Büroräumen, wohingegen Shaun dauerhaft von zuhause arbeitete. Der britische Grafiker wuchs jedoch auch in Abergele auf, was nur 20 Minuten von Llandudno entfernt lag.

Wie auch immer, entdeckten Shaun und Andrew kurz nach Trailblazer Sega’s Space Harrier in der lokalen Spielhalle. Gänzlich zufällig sah die Bodengrafik ihres C64 Spiels wie die von Sega’s Rail-Shooter aus. Wodurch das Duo auf die Idee kam, Space Harrier Mechaniken in ihren Nachfolger, Cosmic Causeway, zu übernehmen. Mit dem Erfolg Trailblazers stimmte Gremlin Graphics Gründer Ian Stewart der Nachfolger-Produktion direkt zu. Auf so etwas hofften Andrew und Shaun ständig. Denn Nachfolger bedeuteten nicht nur eine umgehende Kompensation, sondern ebenso finanzielle Sicherheit für die Zukunft. Shaun erweiterte den kariertem Bodenbelag um eine ebenso aufgebaute Decke, an welcher der Spieler sich nun alternativ bewegen konnte und machte Cosmic Causeway damit Bildschirm-füllend. Da weiterhin nur Farben zirkulierten und der C64 keine Polygone berechnete, blieb ausreichend Rechenpower für die neuen Gegner, welche der Spieler nun befeuerte. Die eigentliche Programmier-Hürde bestand darin, dass der Sprite-Generator des Brotkastens deutlich limitierter war, als Segas Spielautomat. Zweiterer skalierte problemlos flüssig Sprites, wobei der C64 hingegen in die Knie ging. Andrew löste das Problem, indem er sämtliche Größenvariationen der Feinde per Hand zeichnete. Auch die End-Bosse Space Harriers wanderten auf diese Weise in ihr Spiel. Damit die Spieler dieses Mal mehr zu tun hatten, baute das Duo ebenso neue Power-Ups ein. Was zumindest Zzap!64 sowie Commodore User zu den selben Wertungen wie bei Trailblazer kommen ließ und das Spiel zu einem weiteren Verkaufsschlager machte.

You may also like

Cookies sind für die korrekte Funktionsweise einer Website wichtig. Wir verwenden diese zur Personalisierung von Inhalten und Anzeigen, zur Einbindung von sozialen Medien sowie für Zugriffsanalysen auf unsere Website. Mit der Nutzung unserer Dienste erklärt ihr euch damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Klickt auf "Ich stimme zu" um dies zu akzeptieren oder lest "Datenschutzeinstellungen" zu den von uns verwendeten Arten von Cookies. Ich stimme zu Datenschutzeinstellungen