Sierra Online Historie – Jane Jensens übernatürliche Abenteuer

by Pandur

Veranschaulicht wurden die Morde bzw. die Zwischensequenzen des Spiels durch Janes Begeisterung für Neil Gaimans Hellblazer und Sandman Comics. Hintergrund-Künstler, John Shroades teilte die Comic-Leidenschaft und kombinierte sie mit einem düsteren Film Noir Look. Was die Cut Panels und 80 Location-Hintergründe in einem für Sierra gänzlich untypischen Style erstrahlen lies. Die Locations reichten von der warmen Einrichtung des St. George Buchladens, über die Schausteller gefüllte Park-Wiese des Jackson Squares, bis hin zu finsteren Ritualen im Mondschein im St. John Bayous. Da es sich bei Gabriel Knight um ein gänzlich neues IP handelte und sie somit alles neu definieren durften, verband Animationskünstler Michael Hutchinson die Comic-Panels mit Motion-Capture-Aufnahmen realer Personen für die Charakter-Animationen. Jane selbst kreierte neue Interface Komponenten. Die beispielsweise King’s Quests Reden in Reden und Fragen unterteilten. Eine Unterscheidung, die zu Small-Talk rund um den Charakter des Gegenübers oder gezielten Begriffen führten. Während diese Unterteilung für manche Spieler eher umständlicher wirkte, nahm der Cursor in einigen Situationen dem Spieler die Arbeit ab, indem er sich automatisch in eine Hand verwandelte, wenn sich etwas öffnen lies.

Es bedeutete jedoch nicht, dass sich Rätsel von selbst lösten. Die richtige Zeigerstellung zum Öffnen der großväterlichen Uhr, band Jane subtil in Gabriels wiederkehrenden Träumen, einem Reim seines Vorfahren, sowie einem Gemälde seines Buchlandens, ein. Hinzu kamen Puzzles, wie das Gabriel den Thermostat aufdrehen musste, damit Franklin seinen Mantel auszog und somit auch seine Marke ablegte. Oder einfach nur eine Pantomime zum Motorrad eines Polizisten zu lenken, um den Funk abhören zu können. Dabei hatte die Art der Problemlösung häufig Konsequenzen. So durfte Gabriel sich auf dem Polizeirevier die Beweisfotos früherer Tatorte ansehen. Was den Spieler vor die Wahl stellte, sie zu kopieren oder zu stehlen. Tat er letzteres, redete die diensthabende Polizisten fortan nicht mehr mit ihm. An anderen Stellen waren die Auswirkungen fataler, z.B. beim Voodoo-Ritual. Dort sollte Gabriel eine Maske tragen. Tat er das nicht, brachte der Voodoo-Priester ihn um. Bei der Lösung vieler dieser Rätsel unterstützte Gabriel seine, seit Monaten unbezahlte Assistentin, Grace. Gab es etwas zu erforschen, wie die Trommelsignale im Park oder die Unterscheidung von Schlangen, fand Grace die Lösung.

Sie und sämtliche anderen Charaktere, wurden von einer Litanei Hollywood-Schauspielern synchronisiert. King’s Quest VI hatte dank der neuen CD-ROM mit diesem Feature begonnen. Aber mit Robbie Benson, der Stimme des Beasts von Disney’s Beauty and the Beast, noch jemand relativ unbekannten eingesetzt. Für Gabriel Knight: Sins of the Fathers hob Sierra die Messlatte an. Was anfänglich jedoch eher Zufall war. Stuart Rosen, der bereits für unzählige Fernsehproduktionen bekannt war und zehn Emmys gewonnen hatte, übernahm mit seinen Hollywood-Kontakten das Casting überwiegend junger Schauspieler. Bis Jane beim Durch-hören spaßte, sie bräuchten jemanden mit einer Attitüde wie Tim Curry. Stu besaß tatsächlich Tims Nummer und rief ihn an. Er war damals für Filme wie „Die drei Musketiere“, „Jagd auf Roter Oktober“ oder „Rock Horror Picture Show“ bekannt. Von da an kamen Luke Skywalker Darsteller Mark Hamil als Det. Mosely, Cheers und King of Queens Ulknudel Leah Remini und Star Trek Enterprises Michael Dorn als Voodoo-Priester Dr. John hinzu.

Mit den Tonaufnahmen war das Spiel beinahe komplett. Doch als sich das erste Jahr dem Ende zuneigte, stellte Sierra eine neue Version ihrer SCI Engine fertig, auf die Gabriel Knight für den Release migriert werden musste. Eine äußerst Zeitraubende Aufgabe, für die Jane Tagelang im Schlafsack unter ihrem Schreibtisch verbrachte. In dieser Zeit kam Jane ihrem Komponisten und Produzenten näher, welcher ihre Spiele bereits seit Pepper’s Adventures in Time begleitete. Ein Ereignis, was mit der Hochzeit von Robert Holmes und Jane Jensen endete. Abgesehen von diesem privaten Höhepunkt, wurde die Veröffentlichung von Gabriel Knight, eine Woche vor dem Weihnachtsfest 93, ein größerer Erfolg, als Ken erwartet hatte. Das Spiel kam mit seinen 300.000 Verkäufen zwar nicht an das King’s Quest Flaggschiff heran, heimste jedoch eine Durchschnittswertung von 93% ein. Die Presse lobte Sins of the Fathers für seine Stephen King Atmosphäre, die Realisierung eines interaktiven Films und die vielschichtigen detaillierten Charaktere. Obwohl es nie den finanziellen Erfolg anderer Sierra Adventure-Reihen erreichte, wird Gabriel Knight 1 immer wieder als Höhepunkt von Sierras Legende gewürdigt und landete auf Platz 16 der besten Adventures aller Zeiten.

Mit dem Ende von Sins of the Fathers rettete Gabriel nicht nur Grace, sondern ganz New Orleans, ließ den Jackson Square vorm Wahrzeichen der Stadt jedoch in Lava untergehen. Er selbst hatte seine Rolle als „Schattenjäger“ akzeptiert und war in die geerbte Burg des fiktiven deutschen Städtchens Rittersburg gezogen. Sein „The Voodoo Murders“ Roman schoss an die Spitze der Bestseller Liste und machte ihn so zum gutbezahlten Roman-Author. Die ideale Ausgangslage für Janes ursprüngliches Konzept des Morde aufklärenden, Jetset Inquisitors. Womit sowohl das neue Setting als auch der thematische Wechsel von Vooodoo zu Lykanthropie definiert war. Für Jane waren Werwölfe außerdem die perfekte Symbolik von Gabriels Entwicklung. Nicht nur in Bezug auf seine Frauenheldenrolle. Denn Werwölfe bedeuteten die Urinstikte raus zu lassen. Jane betitelte ihr Folgespiel deshalb: The Beast Within: A Gabriel Knight Mystery.
An dessen Beginn kämpfte Gabriel gegen einen deutlich stärkeren Feind, als Voodoo-Priester und Werwölfe zusammen: eine Schreibblockade. Er war im Begriff mit seinem neuen Roman zu beginnen, als er eines Nachts von einer Reihe Dorfbewohner mit Taschenlampen aufgeschreckt wurde. Sie verlangten eine Audienz beim Schattenjäger, weil ein kleines Mädchen im Wald von einem Wolf mit menschlichen Augen zerrissen wurde. Ein Mord, der einige Stunden von Burg Ritter nahe München stattfand. Gabriel ging der Wehrwolfsspur nach und stieß so auf eine Jagdgesellschaft, die sich der Genusssucht und Primitivität verschrieben hatte.
Zeitgleich lass Grace in New Orleans quasi von ihrer Entlassung. Denn wie Gabriel ihr schrieb, wollte er zukünftig stattdessen auf Gerde zurückgreifen. Quasi der Hausmeier seiner Burg. Grace ließ das jedoch nicht auf sich sitzen, sprang in ein Flugzeug, durchforstete die Schattenjäger Bibliothek und stieß dabei auf eine mysteriöse Figur namens Black Wolf. Sie ging auf König Ludwig II von Bayern Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Das brachte Grace geschichtlich nicht nur zurück ins Spiel, sondern machte sie zum zweiten spielbaren Hauptcharakter. Der Spieler durfte in den sechs Kapiteln abwechselnd Gabriel oder Grace verkörpern und so zwischen Werwolf-Bekämpfung und Ahnenforschung Ludwigs des zweiten wechseln.

Mit seinem Ende 93 Release lag Sins of the Fathers am Ende der klassischen gezeichneten 2D Ära. Im Folgejahr waren Full-Motion-Video-Spiele der Renner überhaupt. Origin Systems brachte Wing Commander III auf den Markt, Sega Night Trap und die Westwood Studios würden 95 Command & Conquer folgen lassen. Selbst auf dem Adventure-Sektor war es der Kassenschlager. Wie Virgin Games mit The 7th Guest bereits ein Jahr zuvor bewies. Adventure-Konkurrent Access Software hatte mit ihrem Martian Memorandum sogar schon 1991 angefangen für die Portraits ihrer Spielfiguren bzw. Gespräche Videosequenzen zu verwenden und ging mit dem dritten Teil der Tex Murphy Reihe, Under a Killing Moon, ebenfalls zu kompletten FMV-Adventures über.
Das Budget eines Sierra Spiels betrug damals üblicherweise gut eine Million Dollar. Bei so einem Preis durfte das Ergebnis natürlich nicht altertümlich erscheinen. Deshalb diktierte Ken Jane, The Beast Within müsse ein FMV Spiel werden. Er ließ für das, parallel bereits in Produktion gegangene, Phantasmagoria seiner Frau Roberta ein eigenes Filmstudio bauen, was Jane in direktem Anschluss belegen sollte. Jane liebte die Idee, echte Schauspieler ihre Charaktere verkörpern zu lassen. Abgesehen der Horror-Lektüre ihrer Jugend, war sie ein gewaltiger Fan von Patricia Cornwells und P. D. James Detektiv-Geschichten. Die technische Umstellung brachte jedoch ganz neue Herausforderungen mit sich. Nicht nur in Bezug aufs Budget. Etwas, das für einen Zeichentrick-Charakter lustig wirkte, konnte durch einen realen Schauspieler flach erscheinen. Hinzu kam das Interface. Viele Spiele adaptierten einfach das Gewohnte. Jane war jedoch überzeugt, es müsse sich alles mehr wie ein Film anfühlen. Den Bildschirm mit dem Pointer nach einem anklickbaren Objekt abzusuchen, schien ihr für Filme schlichtweg nicht angebracht. Sie versuchte deshalb die Köpfe der Spieler mit Fragen zu füllen. Etwas in der Art von „Wie finde ich den Code zum Öffnen des Safes?“, „Warum hat er das gesagt?“ oder „Wer hat diesen Hinweis zurückgelassen?“. Komplexität ohne unnötige Steigerung des Schwierigkeitsgrades.

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