Sierra Online Historie – Jane Jensens übernatürliche Abenteuer

by Pandur

Jane selbst hatte vor ihrer Sierra Online Karriere bereits neun Monate in München verbracht, Sehenswürdigkeiten wie Schloss Neuschwanstein besucht und dabei über 1.000 Fotos Bayerns geschossen. Diese Erfahrung brachte ihr König Ludwig II von Bayern näher. Der von 1864 – 1886 Krieg gegen die Preußen führte, den Komponisten Richard Wagner förderte, sich durch den Bau von Schlössern hoch verschuldete und letztlich im Meer Selbstmord beging. Jane nutzte die Gerüchte des angeblich verrückten König Bayerns und seines damals ungeklärten Todes als Aufhänger der The Beast Within Story. Sie wählte einen wenig dokumentierten Abschnitt seiner Vergangenheit und platzierte darin ihren Werwolfsursprung sowie eine angeblich unveröffentlichte Oper Richard Wagners. Ihr finales Skript des Spiels wurde 600 Seiten lang und beschrieb fünf mal so viel Filmmaterial, wie die ca. 120 Seiten eines normalen Hollywoodfilms. Für die sechswöchigen Dreharbeiten heuerte sie Hollywood-Regisseur Will Binder an, der kurz zuvor mit Al Pacino Der Duft der Frauen gedreht hatte. Will unterteilte Janes Skript in Szenen für Green-Screens und reale Drehorte. Eine eindeutige Steigerung gegenüber Phantasmagorias, das mit zehn Schauspielern in einem Raum gedreht wurde. Während ein Filmteam ins 940 Kilometer entfernte Seattle fuhr und dort das Finale im Moore Theater schoss, filmte Will selbst die Szene des ertrunkene König Ludwigs am Bass Lake, zehn Minuten vom Sierra Firmensitz entfernt und zwei weitere Szenen. Dinge wie das Grace auf einem Schlitten durch den Schnee fuhr oder Gabriel durch einen tiefen Wald spazierte, ließen sich schlicht zu schwer künstlich nachstellen. Aber die übrigen 90% des Filmmaterials entstanden erneut in Sierras eigenem Filmstudio. CGI-Effekte kamen dafür bei den Werwölfen zum Zuge. Sierra heuerte zwar einen Tiertrainer aus L.A. an, der seine beiden Wölfe vor der Kamera in Position brachte, aber die dienten zum Einen für die normalen Wölfe des Spiels als auch Grundlage der Werwolfaufnahmen. Das Ergebnis sah zumindest für damalige Verhältnisse beeindruckend gut aus. Sierra hatte sich deutlich gesteigert. The Beast Within bot Pferde, Werwölfe, spielte scheinbar in Deutschland und ihre Statisten sprachen in unterschiedliche Dialekten. Das bestätigten nicht nur Computermagazine, sondern ebenso die Mainstream Presse wie Rolling Stone oder Entertainment Weekly. Auch wenn die Durchschnittwertung mit 90% leicht hinter dem Vorgänger lag, erhielt es den Game of the Year Award von Computer Gaming World und drei weitere Auszeichnungen zum besten Adventure des Jahres.

Auch wenn konkurrierende Adventures wie Cyan’s Myst parallel an Sierra Online’s Thron kratzten, war die Firma im Jahr des The Beast Within Releases auf ihrem finanziellen Höhepunkt. Weshalb Ken Williams nach mehreren Akquirierungen anderer Studios über eine Fusion nachdachte. Diese Idee und das Kapital dazu kam von Walter Forbes, einem Millionär und Geschäftsführer von Comp-U-Card International. Walter wollte Sierra Online, Davidson Associates (zu denen u.a. Blizzard Entertainment gehörte) und LucasArts zu einem Konzern verschmelzen und auf diese Weise neue Waren für sein eigenes Vertriebsimperium schaffen. Ken witterte in dem gigantischen Kundenstamm CUCs enorme Gewinne und stimmte somit zu. Zwei Jahre später, also 1998 fusionierte CUC mit HFS Incorporated zur Cendant Corporation. Bei diesem Zusammenschluss fielen Manipulationen in Höhe von 500 Millionen Dollar in CUCs Finanzberichten auf. Das Ergebnis der Ermittlungen war, dass Walter Forbes für 12 Jahre ins Gefängnis wanderte und 3,275 Milliarden Dollar Schadensersatz abstottern musste. Für Sierra bedeutete das die Auflösung eines Studios nach dem anderen. Selbst das Ursprungs-Studio in Oakhurst wurde im Februar 1999 geschlossen. Sämtliche Sierra Angestellten verloren im Verlauf von 1998 und 99 ihren Job. Gabriel Knight 3 würde das finale Spiel werden, das von Sierras letzten eigenem Studio produziert wurde.

Aber gehen wir noch mal ein paar Schritte ins Jahr 1996 zurück. Schon die anfängliche Umstrukturierung durch CUC ging an den Sierra Angestellten nicht unbemerkt vorüber. Leitende Designer erfolgsprämierter Spielreihen, wie Al Lowe mit seinen Larry Laffer Adventures, erhielten lediglich noch Verträge über einzelne Spiele. Jane nutzte diese Zeit der Ungewissheit anderweitig. Sie startete ihre lange geplante Schriftsteller-Karriere und verwandelte die ersten beiden Gabriel Knight Spiele in gleichnamige Romane. Mit Millennium Rising ließ sie denen einen Science-Fiction Roman folgen, in dem ein Vatikan-Priester und ein New York Times Redakteur gemeinsam das Auftauchen religiöser Figuren untersuchen, welche das Ende der Welt prophezeiten.
Gut ein Jahre nach dem The Beast Within Release, begannen Janes Verhandlungen um einen Vertrag zur Produktion von Gabriel Knight 3: Blood of the Sacred, Blood of the Damned.

In Vorbereitung dieses Spiels war Jane einige Abende bis tief in die Nacht wach geblieben, weil sie den Roman The Holy Blood and the Holy Grail las. Das Buch folgte der Theorie, dass Jesus Maria Magdalena heiratete und mit ihr Kinder zeugte, deren Nachkommen in der heutigen Zeit lebten. Der Autor legte Nahe, der heilige Gral wäre kein goldener Kelch, sondern Marias Mutterleib gewesen. Unzählige Gelehrte bestritten diese Hypothesen, aber Jane hielt sie für ein sehr geeignetes Spiel-Thema. Bis dahin deckte sich ihre Idee sogar mit der Charles Cecils. Welcher parallel in Großbritannien auf Basis des gleichen Buches das Broken Sword Adventure erschuf. Es spielte genau wie Gabriel Knight 3 in Frankreich. Jane war jedoch wenig daran gelegen ein Schatzjagd-Mysterium zu kreieren. Für sie musste erneut etwas Paranormales mit einfließen. Da das Hauptthema Christus Blutlinie war, lag für sie nahe, dass ihre übernatürliche Fiktion Vampire werden mussten. Was folgte war das Forschungsintensivste Spiel von Janes Video-Game-Designer-Karriere. Der Roman selbst umfasste bereits extrem komplexe Überlieferung und Verschwörungstheorien. Aber Jane wollte diese in die Puzzles selbst implementieren, damit ihr Ergebnis nicht seltsam fiktiv wirkte. Sie sollten auf realer Logik und Mustern basieren, die sich in der menschlichen Geschichte wiederholten. Deshalb zog sie erstmalig eine britische Geschichtslehrerin und Freundin zu Rate. Die resultierenden Rätsel erreichten mit „Le Serpent Rouge“ ihren Höhepunkt. Ein Puzzle, für das Jane einen fiktiven Code aus echten religiösen Schriften erschuf, die sich um die Blutlinie Jesus Christus drehten. Der Spieler musste diese Verse als Grace in der Saint-Sulpice Kirche Paris nach und nach aufdecken. Kritiker priesen dieses Meisterwerk später als das beste Puzzle, was das Adventure Genre je hervorgebracht hat.

Das Gabriel Knight 3 Spielgeschehen erstreckte sich über drei Tage im Juli 1998, also vier Jahren nach den The Beast Within Ereignissen. Grace und Gabriel wurden vom Prinz von Albany nach Paris eingeladen, weil sich auf seinem Anwesen angeblich Vampire herumtrieben. Die beiden waren skeptisch, willigten jedoch ein, ein paar Tage dort zu verbringen. Eines gemütlichen Abends, mit viel zu viel Wein, schlichen sich zwei düstere Gestalten in das Anwesen und kidnappten das wehrlose Baby des Prinzen. Gabriel sprang auf sein Motorrad, jagte ihnen bis zum Bahnhof hinterher, stieg in selbigen Zug und wurde KO geschlagen. Als er wieder zu sich kam, stand der Zug in Rennes-le-Château. Einer historischen Stadt im Süden Frankreichs, die angeblich Heimat der Tempelritter und des Heiligen Grals war. Diese Vorgeschichte, erzählte das beiliegende Comic. Gewissermaßen eine Fortsetzung von Gabriels Liebesgeschichten-Comic aus der Sins of the Fathers Box. Das Gabriel Knight 3 Spielgeschehen setzte erst im Hotelzimmer Rennes-le-Châteaus ein.

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