Das Master System – Sega’s 8-Bit Spielautomat für Zuhause

by Pandur
Space Harrier bekämpft außerirdische Kreaturen

Wonder Boy III erschien ebenfalls in Brasilien, wenn auch deutlich später und optisch abgeändert (als Turma da Mônica em o Resgate). Im Monat des amerikanischen Wonder Boy Releases stellte Tec Toy zunächst das Master System ihrem Publikum vor. Das Startup entstand zwei Jahre zuvor, im September 87, und ihr Debüt-Produkt war die von Sega in Japan vertriebene Zillion Laser Tag Gun, welche von der Akai Koudan Zillion Anime-Reihe abgeleitet war. Tec Toy betrieb die Produktionsfabriken für diese Spielzeugwaffe in einem Abschnitt Brasiliens, der von den typischen Industrie- und Importsteuern befreit war. Was es ihnen ermöglichte sämtliche Sega Produkte kostengünstig einzuführen und aufs südamerikanische Publikum zuzuschneiden. Tec Toy legte im Verlauf der folgenden Jahre in Brasilien eine ähnliche Laufbahn hin, wie es CD Projekt in Polen gelang. Sie stellten Segas Konsolen nicht nur vor Ort her, sondern entwickelten ebenso komplett neue Variationen, wie das Master System Super Compact, was sich kabellos mit jedem Fernseher verband, oder dem Master System 3, mit bis zu 120 integrierten Spielen. Genau wie Sega Europe konvertierte Tec Toy exklusiv für Südamerika eigenständig Hitspiele konkurrierender Konsolen auf das Master System, wie beispielsweise Street Fighter II, Dynamite Headdy oder Earthworm Jim.

Lange vor Tec Toys Master System 3, aber ungefähr zur gleichen Zeit des Wonder Boy und Tec Toy Booms, warb Hayao Nakayama einen neuen Geschäftsführer für Sega Amerika an. Thomas Kalinske wusste nur durch die Spielereien seiner Kinder von der Videospiele-Industrie. Aber er hatte die aussterbende Barbie wieder zu dem Spielzeug für kleine Mädchen gemacht. Es war Tom sogar gelungen, davon He-Man abzuleiten und mit den Masters of the Universe einen Puppenmarkt für Jungs zu erschließen. Ähnliche Wunder würde Tom auch für Sega vollbringen und das Mega Drive zur führenden Konsole mit 54% Marktanteil machen. Aber 1990 holten Hayao und Tom sich zunächst die amerikanischen Vertriebsrechte von Tonka zurück und starteten einen letzten Versuch, das Master System als kleinen Bruder des Mega Drives aufzuziehen. Technisch gesehen verfügte das Master System II lediglich über eine etwas modernere GPU und kompakteres Design. Durch letzteres entfiel der My-Card-Slot, was der SegaScope 3-D den finalen Todesstoß versetzte. Aber Tom war überzeugt, dass das richtige Spiel Konsolen verkaufte. Deshalb ersetzte er das in die Konsole eingebaute Snail Maze wahlweise gegen Alex Kidd in Miracle World oder Sonic the Hedgehog. Ein Gimmick, was der Vermarktung in Nordamerika wie zuvor nicht half, das Master System II in Europa aber in dem Jahr zur dominanten Konsole machte.

1988 markierte Disneys Einstieg in die Videospielindustrie. Capcoms Mega Man Team produzierte damals mit DuckTales das erste lizenzierte Disney-Spiel. Es verkaufte 1,6 Millionen Exemplare auf dem NES. Ein rentables Geschäft für den Mickey Mouse Konzern. Weshalb sie in den Folgejahren unzählige Aufträge an andere Studios für Disney Spiele vergaben. Ein paar Jahre später beschloss Disney stärker auf dieses Territorium vorzudringen und ein Underdog wie Sega kam ihnen gerade Recht. Auch wenn Walt Disney Studios Chef Jeffrey Katzenberg, Virgin Gründer Richard Branson und Sega Amerika Chef Tom Kalinske die Partnerschaft erst auf der Winter CES offiziell verkündeten, legte doch schon im Sommer 1991 Castle of Illusion Starring Mickey Mouse den Grundstein dafür.
Sega brauchte diese Titel am Dringendsten. Nicht des Geldes wegen, sondern des Images. Denn Nintendo und Mario waren gewissermaßen Disney und Mickey Mouse der Videospielindustrie geworden. Sega hatte sie eigenhändig zu diesem Kinder-Image abgestempelt und sich durch erwachsene Titel in den Vordergrund geschoben. Aber an diesem Punkt, fehlten in Segas Palette die Kinderspiele. Deshalb und weil Sega einen letzten Versuch starten wollte, das Master System II als Low-Budget Konsole zu vermarkten, durfte Alex Kidd in Shinobi World Designer Yoshio Yoshida Castle of Illusion entwerfen. Grundlegend entstand das Spiel parallel für Master System und Mega Drive, aber durch abweichende Teams. Beide Spiele drehten sich um Mickey Mouse, der sieben Edelsteine finden musste, um über einen Regenbogen zur Hexe Mizrabel zu gelangen, die Mini Mouse ihre Schönheit entreißen wollte. Die von Spielzeugstadt bis Bibliothek reichenden Themes sowie Mickeys Wurfangriff und Hüpf-Attacken waren in beiden Versionen identisch, aber der Rest variierte. Das Castle of Illusion diente in der Master System Fassung gewissermaßen als Auswahlmenü, in welchem sich der Spieler semi-linear für eine der nächsten drei Stages entscheiden durfte. Ungeachtet, dass das Spiel fürs jüngere Publikum gedacht war, gestaltete sich die Master System Fassung spielerisch deutlich anspruchsvoller. Mit Bällen die Clowns jonglierend auf Mickey regnen ließen oder Bergabrollenden Käfern, waren die Angriffswellen sehr unvorhersehbar. Außerdem war Mickey wie Mario lediglich in der Lage einen Gegenstand zu tragen und zu werfen. Während es in der Mega Drive Fassung ausreichte gedankenlos auf die Endgegner einzuhacken, bedurften die Master System Bosse Geschick und Taktik. Das AM7 Team war sich bewusst, dass ihre 8-Bit-Konsole nicht die Grafikpracht des großen Bruders aufbringen konnte, also musste ihr Castle of Illusion spielerisch mehr glänzen. Mit 93% Durchschnittswertungen legte Castle of Illusion Starring Mickey Mouse nicht nur den Grundstein für eine Jahrelange Zusammenarbeit zwischen Sega und Disney, sondern ließ nach einer schier endlosen Reihe von Mickey Mouse Plattformern ebenfalls Millionenseller wie Aladdin oder König der Löwen entstehen.

Virgin Games war in Großbritannien bereits vor der Sega Kooperation ein Name gewesen, aber hauptsächlich wegen der namentlichen Verbindung zur Virgin Group, mit ihrem Musiklabel, der Fluglinie uvm. Virgin Games hatte bis 1988 tatsächlich nur drei oder vier Spiele pro Jahr für die englischen Heimcomputer produziert. Die Vermarktung der Sega Produkte hob sie von einem Tag auf den anderen auf eine Stufe mit Nintendo, zumindest in Europa. Zwei Jahre später florierte Virgin Games beinahe ausschließlich durch Sega Produkte. Eben weil es für Sega dermaßen rentabel in Europa lief, forderten Hayao und Tom von Virgin mehr Geld in ihr Marketing zu stecken, als denen überhaupt zur Verfügung stand. Die Verhandlungen endeten damit, das Virgin Games 1991 zweigeteilt wurde. Die Entwicklungsstudios blieben bei Virgin Games, während Sega den Rest aufkaufte. Virgin Mastertronic inklusive der Marketingabteilung und dem Vertriebsarm transformierte zu Sega Europe Ltd. Portierungsaufträge für Mega Drive Hits wie Mercs oder Sonic 2 vergab Sega Europa von da an an externe Studios. Wodurch in Europa exklusive Master System Spiele erschienen. Aber auch der Sega Hauptsitz in Japan steuerte ein paar Exklusivtitel bei.

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