Die wahre Tragödie der Dessendres war eben sowenig von vornherein ersichtlich. Sie entfaltete sich jedoch in der realen Welt, dem echten Paris des 20. Jahrhunderts und nicht seinem gemalten Abbild Lumiere. Zweiteres war lediglich ein Zufluchtsort für Alines Kummer. Denn einst verliebte sich die Vorsitzende des Malerrats in den ebenfalls begabten Maler Renoir. Gemeinsam zogen sie drei Kinder auf: Clea, Verso und Alicia. Ihnen lehrte Aline ihre magischen Künste des Malens. Eine Gabe, bei welcher die Dessendres in Leinwände eintauchten, gottgleich mit Chroma Wesen erschufen und so ganze Welten zum Leben erweckten. Ein Teil der Seele jedes Schöpfers blieb stets in der Leinwand zurück. Dieses Seelenfragment trug die Form einer gesichtslosen fragmentierten Gestalt. Eben wie Lune, Sciel und Maelle sie erblickten, als sie auf den Kurator trafen.
Mit dieser magischen Gabe füllte Verso in seiner Kindheit eine Leinwand. Inspiriert von realen Dingen wie seinem Lieblingskuscheltier oder dem Familienhund, erschuf er Esquie und Monoco. Selbstverständlich verlieh er diesen dabei übernatürliche Kräfte. Wie jeder Junge, trug Verso außerdem Reibereien unter seinen Puppen aus. Eine Hingabe, die zur Entstehung der Gestrals führte. Pinselartige Holzpuppen, die nie wirklich starben. Schließlich mussten sie unentwegt zu seiner Belustigung kämpfen. Dieses frühe Werk verkörperte jedoch nur eines von zahllosen Gemälden der Dessendres. Es geriet schnell in Vergessenheit, als Verso stattdessen die Welt der Musik entdeckte. Seine ältere Schwester Clea, zeigte deutlich größere Begeisterung für die Familientradition. Sie trat als Einzige in die Fußstapfen ihrer Mutter. Die unbegabteste und gleichzeitig das schwächste Glied bildete Nesthäkchen Alicia. Einen Schwachpunkt, den die rivalisierenden Schriftsteller ausnutzten. Sie überlisteten die Kleine eins Tages und entfachten ein Feuer im Familienanwesen. Als ihr älterer Bruder, erstickte Verso die Flammen, welche Alicias Körper empor krochen. Er rettete seine Schwester aus dem Inferno. Aber im Gegensatz zu ihr, kam der einzige männliche Nachkomme infolge des Brandes um. Über diesen Verlust kam Aline nie hinweg.
In tiefer Trauer flüchtete das weibliche Familienoberhaupt in Versos alte Leinwand. Dem Ort, der noch einen Teil seiner Seele beheimatete. Mit dessen Unterstützung erschuf sie eine alternative Realität. Sie malte ihre gesamte Familie nach, so wie Aline sie sah. Mit ihrer jüngsten Tochter als Auslöser des Übels, erhielt Alica ein ebenso entstelltes Gesicht und keine Stimme, wie im echten Leben. Ungeachtet dessen verlieh sie allen Familienmitgliedern Unsterblichkeit. Auf das ihr diese Familie niemand mehr nehmen könne. Auch wenn Zeit in den Leinwänden schneller verstrich, als in der Realität, verbrachte Aline deutlich zu viel Zeit in dieser Traumwelt. Ein Umstand, der den Schriftstellern in die Hände spielte. Davon abgesehen, zerrte der Aufenthalt in einer Leinwand ebenso an der Gesundheit des Malers. Weshalb Renoir ihr Wochen später in Versos Leinwand folgte. Er versuchte seine Frau zurück in die Realität zu holen. Denn so lebte niemand mehr in ihrem prunkvollen Anwesen. Doch Argumente erreichten Aline nicht. So fasste Renoir den Plan, seine Frau gewaltsam aus dem Gemälde zu drängen. Angelehnt an seine drei Kinder und Frau, malte er vier übermächtige Krieger mit Herzen aus Chroma. Den Errecher, den Frachter, die Sirene und die Gesichter. Eine Schlacht, die im Bruch und Patt beider Parteien resultierte. Die rivalisierenden Maler sperrten sich gegenseitig im Monolithen ein. Aline im oberen Teil und Renoir darunter.
Im Paris von 1905 tat Clea währenddessen ihr Möglichstes, sich der Intrigen der Schriftsteller zu erwehren. Eine Auseinandersetzung, für die sie die Unterstützung ihrer Eltern erflehte. Zur Lösung der anhaltenden Pattsituation, folgte Clea ebenso dem Vorbild ihrer Eltern. Bereits als Kind half sie ihrem Bruder Lebewesen wie die grummelige Schildkröte Francois zu entwerfen. Damals malte sie auch ihr Puppenhaus nach. Das Fliegende Herrenhaus. Als nunmehr äußerst begabte Malerin, überpinselte Clea mit ihrem Chroma Alines Schöpfung ihrer selbst. Denn ein unsterbliches gemaltes Spiegelbild von sich, das ihren Befehlen aufs Wort gehorchte, lag genau in Cleas Sinn. Mit dem Auftrag, Armeen von Nevron zu kreieren, sperrte Clea ihr gemaltes Spiegelbild in besagtes Puppenhaus. Ihr Trick, an diesen monströsen Schöpfungen, war, die Gabe der Nevronen, das Chroma ihrer Opfer in deren Körpern einzuschließen. Wodurch der Zyklus endete und es nicht zu Aline zurückkehrte. Clea folgerte so, ihre Mutter unaufhörlich zu schwächen und Renoir eines Tages die Oberhand zu gewähren.
Obendrein wandte Clea Schöpfungen ihrer Mutter gegen diese. Vor Renoirs Austreibungsversuch, lebte Aline bereits imaginäre Jahre mit ihrer gemalten Familie glücklich in Lumiere. Eine Zeit in welcher sich das gemalte Verso Spiegelbild genauso verliebte wie Cleas alternatives Ich. Ähnlich dem gemalten Gatten und Sohn, zählten auch Clea und ihr Geliebter, Simon, zur ersten Rettungsexpedition. Denn sie wussten zunächst weder von der Realität, noch dem Konflikt der gottgleichen Maler. Für sie zählte Aline schlicht zu den zahllosen vermissten Opfern des Bruchs. Während dieser ersten Expedition, bezirzte die Malerin Clea ihren fiktiven Geliebten. Sie verlieh Simon derart viel Macht, dass er vermochte Renoirs Axon, den Frachter, zu bezwingen. Bewaffnet mit dem Schwert von Lumiere rückte Simon gegen Aline vor. Doch beim Durchstoßen der Chroma-Barriere, enthüllte das Maleroberhaupt ihm die Wahrheit über Cleas Täuschung. Aline überzeugte Simon, von ihr abzulassen und stattdessen gegen ihren realen Gemahl vorzugehen. Alles mit dem Versprechen seine wahre geliebte Clea zurück zu bringen.
Obwohl dieses Attentat misslang und so Simon ins Gefängnis unter dem Monolithen geriet, schwächte sein Angriff kurzzeitig das Siegel. Gerade lange genug, damit Renoir entkam. So initiierte er die jährliche Gommage und beeinflusste als Kurator Maelles Fortschritt.
Die übrigen Anhänger der allerersten Rettungsexpedition streckte Clea nieder. Lediglich ihr fiktiver Vater und Bruder erholten sich von diesem Attentat und erfuhren durch ihre erste Wiederauferstehung, sowie Cleas folgenden Ausführungen, von dem Puppentheater. Eine Erkenntnis die beide gemalten Verwandten unterschiedlich aufnahmen. Entgegen seines realen Vorbildes, hielt der gemalte Renoir letztendlich zu seiner geliebten Gattin. In der Hoffnung, sie zu stärken, löschte er die folgenden Expeditionen eigenhändig aus, damit deren Chroma Aline zufiel. Verso stand weiterhin in Verbindung mit seiner echten Seele. Er unterstützte die Bewohner Lumieres und wappnete sie gegen die kommenden Nevron-Angriffe.
Für weitere Manipulationen fehlte der realen Clea die Zeit. Schließlich bot ohne ihr Niemand den Schriftstellern Paroli. Gleichzeitig passte aber auch niemand mehr auf ihre jüngere Schwester Alicia auf. Weshalb Clea zwei Fliegen mit einer Klappe schlug. Sie überzeugte Alicia, an ihrer Stelle in Versos Leinwand einzutauchen, um dort ihren Vater zu unterstützen. In einem Verzögerungsversuch versteckte Alicia zunächst die alles entscheidende Leinwand, damit Aline beim Tod im Gemälde nicht wieder zurück fand. Erst dann tauchte die jüngste Dessendre selbst ein. Aber der Kleinen fehlte die nötige Erfahrung im Umgang mit der Malerei und ihrem Chroma. Das Chroma ihrer Mutter überwältigte das Mädchen umgehend. So begab es sich, dass Aline ihre reale Tochter mit einer fiktiven Gestalt übermalte. Die echte Alicia Dessendre büßte ihre Identität ein und verwandelte sich zur Waisen Maelle. Diese Transformation mit ansehend, aber weiterhin unfähig zu handeln, bat Malerin Clea den gemalten Verso Maelle zu beschützen. Womit dieser sein neues Lebensziel in der fiktiven Welt fand.