Das nächste Puzzlestück lieferte Marianne wenige Minuten später das rote Haus. In der Geisterwelt stand die Ruine selbst da noch in Flammen. Was ihre Nachforschungen für den Moment einschränkten. Aber der benachbarte Werkzeugschuppen offenbarte dafür um so mehr. Thomas Auslöschung von Richards Seele, brachte ihn damals erneut aufs Radar der Russen. Der KGB hetzte einen seiner fähigsten Agenten auf Thomas: Henry Wilk. Henry war ein gigantischer Psychopath. Als Sohn eines Metzgers sollte er eigentlich in die Fußstapfen seines Vaters treten. Doch er schlug stattdessen eine Laufbahn bei der Bürgerpolizei ein und verriet im großen „Fleischskandal“ seinen eigenen Vater an die Behörden. Der Patriotismus dieser Tat beförderte Henry zum Major des KGB und verschaffte ihm die Ehre Thomas jagen zu dürfen. Henry spürte Thomas tatsächlich auf, fesselte ihn an einen Stuhl des Werkzeugschuppens und verhörte ihn dort. Zu Beginn seiner Folter trug Henry noch Metallhandschuhe. Doch im Verlauf der Stunden und verschiedener Folterinstrumente wurde er schlampig. Als er Thomas dann seine finale Foltermethode, das brennende Haus mit seinen Kindern darin dar bot, kam Henry dieser Fehler teuer zu stehen. Denn der KGB Agent legte seine Hände um Thomas Hals. Dieser Hautkontakt war alles, den Thomas brauchte, um in Henrys Verstand einzudringen.
Geister-Thomas lernte all die kranken Dinge, die aus Henrys Seele langsam aber sicher ein weiteres Monster formten. Doch im Gegensatz zu Richards Verstand, verfolgte dieser abgemagerte Hund mit Menschenschädel Geister-Thomas. Denn durch die Akten über die Experimente aus Thomas Kindheit, kannte der Psychopath die Stärken und Schwächen seines Gegenübers ebenfalls. So begab es sich, dass die Zelle mit dem unschuldigen kleinen jungen Henry, zur Falle für Geister-Thomas wurde. Der materielle Henry ließ von Thomas ab und behielt Geister-Thomas in sich. Während er zu seiner Pistole auf der Werkbank eilte, riss Thomas sich los und erschlug Henry mit einem Schraubenschlüssel.
Die Geschehnisse dieses Verhörs lernte Marianne vom Feuerzeug Henrys. Wie zuvor bei Richards Rollstuhl, brachte auch diese Erinnerung Henrys Monster hervor. Der knochige Hund pirschte sich an die junge Frau heran und amüsierte sich darüber, dass die kleine Marianne offenbar ihren eigenen Vater vergaß. Aber im Gegensatz zu Thomas wusste Henry nichts über Marianne und deren Kräfte. So war der Hund äußerst überrascht, als er zum Angriff ansetzte und sich durch Mariannes gehobene Hand plötzlich auflöste.
Die Ruine des abgebrannten Hauses lehrte Marianne ihre eigene Herkunft. Sie war Liliannes kleine Schwester und somit Thomas zweite Tochter. Durch ihre Geburt starb ihrer beider Mutter. Ein Ereignis für das Lily sie verfluchte und Marianne den Tod wünschte. Dieser Hass, gepaart mit der Misshandlung durch Richard Jahre später, ließen das geflügelte Monster entstehen. Wie der Childeater und Hound beschränkte es sich auf Lilys Geist. Doch als Henry dann ihr Haus anzündete, schloss Lily einen Handel mit dem Monster. Um Marianne und sich selbst aus den Flammen zu retten, ließ sie es frei. Einzig dadurch überlebte Marianne. Auch wenn sie Wochenlang im Koma lag. Thomas beschloss damals, Marianne zurück zu lassen. Damit zumindest sie ein normales Leben führen konnte. Die große Frage, die blieb, war jedoch: Was war danach mit den beiden geschehen? Zumindest Thomas musste noch leben. Schließlich rief er Marianne Stunden zuvor an. Wo war er also?
Einen Teil der Antwort, fand Marianne im Keller ihres abgebrannten Elternhauses. Denn dort stieß sie auf Geister-Thomas. Mariannes Vernichtung des Hounds befreite ihn aus der jahrelangen Gefangenschaft. Doch zum ersten Mal in seinem Leben, spürte Geister-Thomas nicht sein materielles Selbst. Denn Thomas fand parallel einen Weg, mit seinem materiellen Körper in die Geisterwelt einzudringen. Auch wenn Marianne und Geister-Thomas davon nichts wussten. Aber dafür füllte letzterer zumindest die übrigen Lücken ihrer tragischen Familiengeschichte.
Thomas errichtete ihr Elternhaus absichtlich auf einem alten deutschen Atomschutzbunker. In diesem experimentierte er an sich selbst, um die Stimmen der Toten auszusperren. Seine Lösung war eine Mischung aus Alchemie und Spiritualität: gewöhnliches Salz. Salz schloss die Geister aus. Auf dieser Basis konstruierte Thomas in seinem Bunker eine Zelle, die nur in einer Welt existierte: der materiellen. Es wurde der einzige Ort, an dem er sich normal fühlte. Aber dann setzte der Brand ein und Lily erzählte ihrem Vater, dass sie nicht alleine im Haus gewesen war. Die „Stimme“ wäre ebenfalls dort gewesen und sie half ihr, dem Feuer zu entkommen. Thomas besaß mittlerweile ausreichend Erfahrung in Bezug auf innere Dämonen, wollte Lilys Seele jedoch nicht weiter verletzen. Denn das tat das Monster bereits. Es fraß sie förmlich auf, wodurch ihr Körper langsam aber sicher verkümmerte. Die einzige Möglichkeit, den Prozess vorübergehend zu stoppen, war das Salz. Weshalb er Lily in die Zelle des Bunkers sperrte und ihr intravenös Natriumlösung verabreichte. Das hielt das beflügelte Monstrum vom Morden ab und Lily am Leben. Am Leben war das entscheidende Stichwort. Lily lebte und Geister-Thomas wusste auch wo sie sich aufhielt: am See.
Es war der Ort, an dem Marianne in Gedanken schon tausendmal gewesen war. Sie kannte ihn in- und auswendig. Aber dieses Mal war etwas anders. Sie war da, Lily samt ihrer unvollständigen Geister-Form Sadness und der Rest von ihr, das beflügelte Monster. Erst in dem Moment verstand, Marianne, dass der Traum nicht die Vergangenheit repräsentierte, sondern die Zukunft war. Ihre Schwester Lily war das Mädchen, dass erschossen wurde und sie, Marianne die Schützin. Denn trotz ihrer übernatürlichen Fähigkeiten, ließ sich dieses Problem mit ihren medialen Fähigkeiten lösen. Marianne konnte keine Seele ins Jenseits schicken, dessen Wirt noch lebte und das Monstrum war unweigerlich ein Teil von Lily. Ihre große Schwester beteuerte, ihr Tod sei die einzige Lösung. Aber Marianne sah einen zweiten Weg. Denn sie war die einzige Person, in dessen Körper das Monster auf Dauer überleben konnte. Also hielt sie sich die Pistole selbst an den Kopf. Lily und Sadness flehten sie an, es nicht zu tun … dann hörte Marianne noch eine Stimme. Die ihres Vaters. Er sagte: Du kannst nicht ständig jeden retten, Schmetterling. Beim Laut dieser Worte drückte Marianne ab.