Als Markenzeichen für Qualität sollten die Black Isle Studios den Rollenspielen zu neuem Glanz verhelfen. Sie arbeiteten an den größten Hits der Interplay Geschichte. Doch so sehr sie sich bemühten, konnten sie den gewaltigen Mutterkonzern nicht stabilisieren. Dies ist die Geschichte der Geburt und des Untergangs der Black Isle Studios.
Eines Tages marschierte Troy Worrell, Mitgründer von Interplay in Feargus Urquharts Büro. Interplay hatte zu dem Zeitpunkt 40 Spiele gleichzeitig in der Entwicklung. Sowohl In-House als auf durch externe Studios und deren Kontrolle, durch eine einzige Person, lief nicht wirklich rund. So kam die Firmenleitung auf die Idee, Abteilungen entsprechend der Genres zu gründen. Da Interplay aktuell die Rechte am Dungeons & Dragons Regelwerk erworben hatte, wollten sie die neue Abteilung Dragonplay nennen. Feargus und Troy spielten eine Zeitlang mit Play-Variationen wie Foreplay herum, weil sie eine Verbindung zum Interplay Namen formen wollten. Bis Feargus Black Isle vorschlug, den Namen einer schottischen Halbinsel und Heimat seiner Vorfahren. Damit begann 1996 Feargus Karriere als Abteilungsleiter der Black Isle Studios.
Feargus hatte sich seit seinen Anfängen 1991, als Spieletester bei Interplay, langsam zum Produzenten und Koordinator externer Titel wie Shattered Steel hochgearbeitet, für welches er die Geschichte geschrieben und Sequenzen beauftragt hatte. Die kanadischen Entwickler von BioWare hatten ihm gerade die Demo ihres neuen Echtzeitstrategiespiels, Battleground Infinity, vorgestellt. Was Feargus als neuernannter RPG-Division Leiter im Gedächtnis direkt mit TSRs D&D Linzenz verband und Brian Fargo mit Begeisterung absegnete.
So stand Feargus zum ersten Mal vor einem Haufen von 50 Mitarbeitern, die mit mehr als 10 unterschiedlichen Projekten beschäftigt waren. Allein drei davon waren Planescape Spiele mit lediglich einem einzigen Entwickler. Er suchte sich einen davon raus, Chris Avalone, zeigte ihm BioWares Battleground Infinity Demo und schlug ihm vor diese zu nutzen, um mit der Sigil, der Stadt der Tore, einen Ausgangspunkt zu schaffen. So begann die Pre-Production von Planescape: Torment. Das jedoch noch Jahre in der Entwicklung verbringen würde.
Währenddessen war der Großteil des Studios mit der Fertigstellung von Descent to Undermountain und Fallout beschäftigt. Da Fallout vielversprechender aussah, als das schnell aus dem 3D Shooter Descent adaptierte D&D Rollenspiel, rief Feargus bereits drei Monate vor der Fertigstellung, ein Team für Fallout 2 ins Leben. Es bestand aus Kollegen, die nichts mit der Entwicklung des ersten Spiels zu tun gehabt hatten, was Fallout 1 Produzent, Tim Cain, überhaupt nicht gefiel. Ebenso wenig wie die neuen Richtlinien, welche die Interplay Führung dem Spiel auferlegen wollte. Sie sahen es als nicht haltbar an, dass Kinder in Fallout zu Schaden kamen und weitere Dinge, die vor dem Fallout 1 Release noch problemlos möglich waren. Tim schrieb eine alternative Geschichte zu der, des Fallout 2 Teams und legte sie Interplay Gründer Brian Fargo vor. Dem sagte Tims Geschichte sehr zu, doch er wollte Feargus seinen neuen Job nicht streitig machen. Was letztlich darin resultierte, dass Tim Cain zusammen mit einigen Fallout1-Teamkollegen Interplay verließ. Fallout 2 Produzent wurde statt ihm Eric DeMilt, der zuvor an Descent to Undermountain gearbeitet hatte.
Tim Cain, Leonard Boyarsky und Jason Anderson gründeten daraufhin Troika Games, die Spiele wie Arcanum, The Temple of Elemental Evil und Vampire: The Masquerade – Bloodlines herausbrachten.
Was Fallout 2 an ging, das sollte ungemein größer werden, dabei jedoch die Gameplay Elemente wie taktische Kämpfe und verzweigte Dialoge und das Charaktersystem beibehalten. Die Story griff das Garden of Eden Creation Kit auf, für das Tim Cains Fallout 1 Handbuch auf der letzten Seite Werbung gemacht hatte. Als direkter Nachfahre des Vault 13 Bewohners wurde der Spieler zum Auserwählten, der das Dorf Arroyo retten musste, indem er das G.E.C.K. Aus dem Tempel der Erprobung holte. Doch bei seiner Rückkehr hatte die Enclave, eine Mutanten auslöschende Gruppierung Arroyo versklavt. Das Schicksal der Welt lag in der Hand des Spielers, egal ob er ein treuer Bürger oder Amoklaufender Mörder sein wollte. Wobei der ein oder andere Aspekt in der deutschen Version zensiert wurde. Fallout 2 erlaubte es dem Spieler sogar zum Pornostar zu werden. Es war eine düstere aber zugleich lebhafte Welt, gespickt mit Referenzen zu Monty Python und Star Trek. Die Kritiker lobten es in den Himmel, doch die Bugs hielten Fallout 2 am Boden. Durch den Zeitdruck auf Grund von Interplays finanzieller Lage hatte das Team die einzelnen Abschnitte des Spiels erst zwei Wochen vor Auslieferung zusammengesetzt und das QA Team bekam nicht die Zeit, es ausgiebig zu kontrollieren. Als Fallout 2 im September 1998 erschien verkaufte es 100.000 Exemplare. Gerade mal 20.000 mehr als der erste Teil.
Das Planescape Projekt hatte währenddessen an Substanz gewonnen und befand sich in voller Produktion. Interplay hatte Black Isles Ränge aufgefüllt, da die Firma für den Börsengang glänzen musste. Chris Avallone wollte mit Planescape Torment das Gegenteil der gängigen Rollenspiele erschaffen. Was nebenbei bedeutete keine Zwergen und Elfen, aber noch viel interessanter wurde. Normalerweise endeten Spiele mit dem Todesbildschirm. Planescape Torment sollte damit beginnen. Statt als erstes im Charaktereditor den Namen festzulegen, sollte der Spieler ihn erst gegen Schluss herausfinden. Ebenso wurden Untote zu den sympathischten Leuten und Ratten zu den gefährlichsten Gegnern des Spiels. Der Spieler erwachte also als Namenloser in einer Leichenhalle der Sigil und war effektiv unsterblich. Zwar konnte er tot umfallen, sein Leichnam wurde jedoch von verschiedenen Leuten weggeschliffen und er wachte an einem anderen Ort auf. Was den Tod zu einem Werkzeug für den Spielfortschritt machte. Hinzu kamen abgedrehte Charaktere, die den Spieler begleiteten, wie der schwebende Totenschädel Morte oder die nette und gebildete Sukkubus Fall-from-Grace. Planescape Torment war ein sehr textlastiges aber auch extrem abwechslungsreiches Rollenspiel, mit Features wie Tätowierungen, Zähnen und Augäpfeln zur Fertigkeitssteigerung. Die Tester belohnten das neue Konzept mit Wertungen im 90% Bereich, doch viele Spieler schienen von der Textflut eingeschüchtert zu sein. Wo Baldur’s Gate 1 Millionen Exemplare und später 2 verkaufte, erreichte Planescape lediglich 75.000 und im Verlauf der nächsten Jahre 400.000.