Das Master System – Sega’s 8-Bit Spielautomat für Zuhause

by Pandur
Space Harrier bekämpft außerirdische Kreaturen

Einige Jahre zuvor, 1982 um genau zu sein, hatte der gerade Mal 17-jährige Mark Cerny einen Job als Spielentwickler bei Atari bekommen. Sein finaler und bekanntester Atari Automat war Marble Madness. Nach diesem Bestseller beschloss Mark sich selbstständig zu machen, wofür er die finanzielle Unterstützung von David Rosen suchte. Einige fruchtlose Monate später, holte Hayao Mark nach Japan und sperrte ihn dort in ein Büro mit Yu Sukuzi, Yuji Naka und vielen anderen heute berühmten Entwicklern ein. Das Resultat dieses Brainpools war eine Flüssigkristall-Shutter-Brille für das Master System. Durch alternierende Frames für das linke und rechte Auge, welche die Brille durch Abdunklung dem richtigen zuführte, wurde dem Gehirn des Zuschauers ein 3D-Effekt vorgegaukelt. Mark konstruierte die Hardware, während Yu die 3D Engine programmierte.

Als Sega ihre SegaScope 3-D im Januar 1987 erstmalig auf der Consumer Electronics Show demonstrierte haute sie die Messebesucher um. Beim folgenden November Release hielt sich die Begeisterung jedoch bedeckt. Denn die 3D Brille kam 1987 mit gerade einmal drei Spielen daher. Zaxxon 3D, was entgegen dem Namen keinerlei Ähnlichkeit mit Zaxxon hatte, dafür aber Konamis zeitgleich erschienenem Famicom Game Falsion zum verwechseln ähnlich sah.
Maze Hunter 3D, ein Labyrinthspiel, was den 3D Effekt nutzte, um den Spieler scheinbar auf unterschiedlichen Ebenen laufen zu lassen. Was aus spielerischer Sicht bereits in Nintendos The Legend of Zelda integriert war und nicht den gewaltigen Anreiz bot.
Und zu guter Letzt das von Mark Cerny programmierte Missile Defense 3D, bei dem der 3D Effekt tatsächlich gut zur Geltung kam, da ständig Raketen auf den Spieler zuschossen.
In den kommenden Jahren sollten weitere 3D Varianten preisgekrönter Sega Spiele folgen, wie Out Run 3D oder Space Harrier 3D. Zweiteres war wirklich ein Nachfolger mit neuen Landschaften und Gegnern. Aber die eher stagnierende Spielanzahl ließ das 50$ Accessoire zum Ladenhüter werden.

Ende 87 beheimateten über eine Million japanische und 650.000 amerikanische Haushalte ein Master System, aber ungefähr zehn mal so viele ein Nintendo Entertainment System. Dennoch hatte Sega ihren 8-Bit Sprössling noch nicht völlig aufgegeben. Ein Jahr zuvor gründeten sie den „Sega Players Enjoy Club“. Einen japanischen Newsletter, mit Entwicklerinterviews und Tipps zur Modifizierung der Konsole. Über SPEC führte Sega eine Umfrage durch, warum Spieler das NES dem Master System vorzogen. Mit überwältigender Mehrheit kam so ans Licht, dass die meisten NES Spieler auf Enix Dragon Quest III warteten, was NES exklusiv war. Also beschloss Sega im Januar 1987 eine eigene JRPG-Reihe zu erschaffen. Alex Kidd Erfinder Kotaro Hayashida sollte es zusammen mit Yuji Naka als leitendem Programmierer realisieren. Yuji hatte bis dahin nicht nur kleinere Konsolen-Hits wie die Fist of the North Star Adaption Black Belt geschrieben, sondern ebenso sämtliche Yu Suzuki Spielhallenschlager aufs Master System portiert. Kotaro zog Yuji, wegen seines Rufes Unmögliches zu realisieren, für die Programmierung heran. Denn ihr Phantasy Star sollte sich u.a. von den ersten JRPGs abheben, indem es Bildschirmfüllende dreidimensionale Dungeons bot. Etwas das nicht mal die damaligen westlichen Rollenspiele auf C64 oder Amiga schafften und für das NES technisch unmöglich war. Yuji schaffte es mit zwei Einschränkungen. Zum einen wurde jedem Spieler dabei schlecht und zum anderen reizte die Engine die Hardware bereits ans Maximum aus. Die Release Version musste komprimiert werden und wurde dadurch zwangsläufig langsamer. Womit beide Probleme beseitigt waren. Phantasy Star verwendete diese 3D-Ego-Perspektive ebenfalls für die Darstellung sämtlicher Schlachten und kombinierte sie mit der typischen Draufsicht für die Reise über die Weltkarte. Ähnlich wie Ultima bezog das Sega Team dabei viel Inspiration aus Star Wars. Wodurch Kuppelförmige Gebäude, futuristische Fahrzeuge und Stormtrooper-artiger Polizei die Welt zierten. Wohl gemerkt während die Helden und Bösewichte traditionelle Rüstungen und Nahkampfwaffen trugen sowie Magie einsetzten. Ebenso ungewöhnlich war die Wahl des Protagonisten und der Gefährten. Denn Phantasy Star folgte keineswegs dem damaligen Rette-die-Prinzessin-Muster. Stattdessen war der Spieler die Prinzessin. Heldin Alis rächte sich für den Tod ihres Bruders Nero am tyrannischen König Lassic und wurde dabei nicht nur von dem typischen menschlichen Zauberer und Kämpfer begleitet, sondern genauso von der sprechenden Katze Myau.
Sega lieferte Phantasy Star in Japan am 20. Dezember 1987 aus. Womit es in direkter Konkurrenz zu Squares Final Fantasy ging. Obwohl es, wegen des 4 Mbit Moduls sowie der RAM gestützten Batterie, eines der teuersten Spiele überhaupt war, wurde es zu einem von Segas größten Master System Hits. Magazine lobten Phantasy Star als „revolutionär“, „Genre führend“ und „seiner Zeit voraus“. Mit seinem elf Monate später folgendem US Release wurde Phantasy Star außerdem das erste JRPG auf dem amerikanischen Markt. Square’s und Enix’s Spielreihen folgten in den USA erst später.

Während Segas Vormarsch auf dem nordamerikanischen Markt weiterhin schleppend verlief, bestellten die europäischen Händler bereits mehr Master System Konsolen, als Sega in der Kürze der Zeit überhaupt herstellen konnte. Bedingt dadurch geschahen zwei Dinge:
Sega, die ohnehin nur eine Handvoll US Angestellte hatten, gaben die Distribution des Master Systems außerhalb von Japan auf. Hayao vermittelte die amerikanischen Vertriebsrechte ebenfalls an einen Drittanbieter: Tonka. Der verkaufte bis dahin lediglich Kinderspielzeug, besaß keinerlei Erfahrung mit elektronischem Entertainment und auch nicht sonderlich viel mehr Verhandlungsgeschick. Hayao setzte ihnen bei den Vertragsverhandlungen dermaßen die Daumenschrauben an, dass Tonka beinahe null Gewinn durchs Master System und seine Spiele machen konnte. Sega dafür um so mehr.
In Europa führte der Master System Lieferengpass hingegen zu finanziellen Problemen für Ariolasoft, Master Games und Mastertronic. Ariolasoft trennte sich wenige Monate nach dem Release bereits wieder von Sega und auch Master Games sowie Mastertronic gerieten extrem in die Schieflage. Mastertronic hatte bis dahin vom Low-Budget-Spiele-Vertrieb gelebt und musste für die Bezahlung der bestellten 25.000 Konsolen und 55.000 Spiele bereits 45% ihrer Firmenanteile an Virgin Games veräußern. Der Hintergrund war, dass diese Artikel sowohl bei Sega als auch Nintendo immer komplett im Voraus bezahlt werden mussten. Bedauerlicherweise lieferte Sega die gesamten Bestellungen aber erst nach den Weihnachtsfeiertagen aus. In dem Augenblick wollten die Händler ihre vorbestellte Ware natürlich nicht mehr abnehmen. Virgin Eigentümer Richard Branson kaufte den Rest der britischen Firma und machte daraus Virgin Mastertronic. Auf diese Weise erhielt Sega nicht nur einen starken Vertriebspartner für Deutschland, Frankreich, Großbritannien und später ebenfalls Spanien, sondern genauso einen erfahrenen Entwickler für ihr Master System sowie Mega Drive. Virgin Games auf der anderen Seite durfte durch den Deal Spiele wie Golden Axe oder Shinobi für Amiga, Atari ST, C64 usw. portieren.

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