Das Master System – Sega’s 8-Bit Spielautomat für Zuhause

by Pandur
Space Harrier bekämpft außerirdische Kreaturen

Eines war das schlichtweg Asterix getaufte Jump’n’Run von Moonwalker Designer Tomozou Endo. Eine im Dezember 1991 beginnende Trilogie, die anfänglich ausschließlich fürs Master System entstand. Zugegebenermaßen führte Asterix keine bahnbrechenden neuen Mechaniken ein, sondern kombinierte lediglich Elemente aus Super Mario Bros. und Castlevania. Wie etwa das sich Geheimabschnitte in Brunnen statt Rohren versteckt hielten. Aber die Trilogie bestach durch exzellente Grafik auf der 8-Bit-Konsole. Wie in Super Mario Bros. USA entschied sich der Spieler vor betreten der nächsten Stage, ob er Asterix oder Obelix verkörpern wollte. Obelix verfügte offensichtlich über mehr Stärke und konnte mit bloßer Hand Wände zerschlagen, aber dafür war er auch weniger agil. Asterix bedurfte dafür eines Zaubertranks, den er wie Simon Belmont in Castlevania übers Mini-Inventar einsetzte. Asterix und Obelix nahmen gewissermaßen gänzlich verschiedene Routen durch die Level. Was den Spieler bis zum Finale in Rom neue Wege beschreiten ließ. Die Wiederspielbarkeit ging jedoch zu Lasten der Level-Länge. Dafür glänzten sie durch Abwechslung. Das Duo schlug sich durch Wälder, Eishöhlen, Pyramidenlabyrinthe und schwamm sogar durch die ungastlichen Abwasserkanäle Roms. Alles nur um Miraculix aus den Fängen Cäsars zu befreien.

Kurz darauf warf auch Tom Kalinske das Handtuch. Zumindest was das Master System betraf. Er stellte Anfang 1992 die Konsolen-Produktion für Nordamerika endgültig ein. Zu dem Zeitpunkt hatte Sega ca. zwei Millionen Master System 1 und 2 vor Ort an den Mann gebracht. Nur halb so viele wie es Virgin in deutlich kürzerer Zeit in Europa gelang und vor allem ein Zehntel der konkurrierenden NES Absätze. Das Master System lebte von da an nur noch in Australien, Brasilien und Europa.

Fünf Jahre nachdem Commando in Spielhallen für Furore sorgte, lieferte Capcom den offiziellen Nachfolger Mercs aus. Auch wen Super Joe Gibson erneut die Hauptrolle übernahm, erweckte es eher den Eindruck eines Sprösslings von SNK’s Ikari Warriors. Denn wie Ralf und Clark steckte das neue Shirt-freie-Muskel-Trio, aus Joe, Howard und Thomas, nun mehrere Treffer ein und war in der Lage mit verschiedenen Fahrzeugen durch das fiktive Zutula zu dübeln. Sie unterschieden sich sogar in Puncto Handhabung und anderen Attributen. Der mit Schnellfeuerkanone ausgestattete Jeep war schnell und wendig, der Panzer extrem langsam, gut geschützt und verschoss desaströse Geschosse. Ein Level bot sogar ein Waffenbestücktes Speedboot. Von der Landung am Flughafen, schlugen sich die Söldner durch eine nahegelegene Stadt, auf ein feindliches Schlachtschiff und drangen in eine Bergfestung ein. Ständig bewacht von überdimensionalen Bossen, die vom Harrier Jump Jet, über ein Kanonenboot bis hin zu Rakentenwerfern und Rail Guns reichten.
Es dauerte weitere zwei Jahre, bis Mercs dank Sega Europe im Januar 1992 fürs Master System erschien. Aber das Warten hatte sich gelohnt. Sega verlieh den auswählbaren Söldnern individuelle Waffen, wie Suchraketen oder ein Laser-Gewehr, spendierte eine komplett neue Kampagne und füllte sie zusätzlich mit Shops für Power-Ups. Mit durchschnittlich 80% Wertungen wurde Mercs einer der späten Hits von Segas 8-Bit Ära.

Angesichts der 3D Revolution, die Virtua Fighter eines Tages auslöste, ist es verwunderlich, dass Sega in den späten 80ern nicht das Beat’em’up Genre dominierte. Capcoms und SNKs Automaten, ob nun Final Fight, Street Fighter 2 oder Fatal Fury zogen die Massen in Spielhallen und ebenso zu konkurrierende Konsolen. Aber Ende 1991 änderte sich das, bzw. für Master System Besitzer im März 1993. Streets of Rage war Segas Antwort auf Double Dragon und Final Fight. Gang Boss Mr. X kaufte die Polizisten New Yorks und sorgte für die Entlassung unbestechlicher Gesetzeshüter. Als Adam Hunter, Blaze Fielding und Axel Stone ihre Marken abgeben mussten, beschlossen sie das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen und Mr. X auf den Pelz zu rücken. Wie in Final Fight entlud das Trio durch wiederholtes Drücken des Schlag-Buttons ihre Basis-Combo oder hielt ihre Gegenspieler im Schwitzkasten, wenn sie zu nah kamen. Aber in Streets of Rage war es obendrein möglich einen Satz über den gepackten Gegner zu machen und dann von hinten einen deutlich heftigeren Angriff zu landen. Packte ein Feind hingegen den auserwählten Helden, war das die Vorlage, um frontale Kickwellen auf andere Feinde zu entladen oder den hinten stehenden Angreifer über den Kopf zu schleudern. Dazu bot jeder Charakter des Trios selbstverständlich individuelle Eigenschaften. Adam Hunter war der schlagkräftige langsame Bulle, der Hackfleisch aus Menschenmassen machte. Blaze steckte deutlich weniger ein, als ihre männlichen Kameraden, war dafür jedoch die Schnellste. Und Axel verfügte über die üblichen All-Round-Talente mit einem schwächeren Sprung. Allein oder im Duett prügelten sie sich durch raue Stadtbezirke, die vom Industriegebiet und den Straßen Downtowns bis hin zu Mr. X Penthouse reichten. Ob mit Final Fight oder Double Dragon vergleichen, bot Streets of Rage wenig Originalität. Aber Segas Brawler verfügte dennoch über das interessanteste Level Design und herausfordernden Bosse. Welche vom Freddy Krüger Ableger, über Ultimate Warriors vergessenem Bruder bis hin zu den Mona und Lisa Zwillingen reichten.
Segas Scrolling Beat’em’up kam bei den Fans dermaßen gut an, dass direkt zwei Nachfolger gewann. Wobei lediglich Streets of Rage II im Februar 1994 noch für das Master System erschien. Erneut der Verdienst von Sega Europe. Sie überholten dafür die Grafiken und das Gameplay komplett, was zumindest auf Automat und Mega Drive zu massiverer Sprite-Größe führte. Zusätzlich begeisterte Streets of Rage II durch einen von Street Fighter 2 inspirierten 2-Spieler Head-to-Head Mode. Der schaffte es aus Performance-Gründen bedauerlicherweise nicht in die Master System Fassung. Dafür spendierte Sega ihr einen exklusiven Endgegner. Streets of Rage II könnte als Segas letzter Hit für das 8-Bit Wunder angesehen werden. Auch wenn bis 1996 noch der ein oder andere Titel folgten.

Das zuletzt entwickelte Master System Spiel dürfte The Smurfs Travel The World gewesen sein. Ein ziemliches blaues Jump’n’Run in dem Schlumpf oder Schlumpfine fröhlich durch die Welt hüpfend und an Lianen schwingend zehn Kristalle finden mussten. Infogrames plante die Veröffentlichung für 1996. Das Jahr in dem Sega das Master System selbst in Europa einstellte, um ihren Fokus auf das Saturn zu lenken. Das Virtual Studio überhaupt eine Master System Fassung des Schlumpf-Abenteuers entwickelt hatte, kam tatsächlich erst zum Jahrtausendwechsel ans Licht, als ein Tourist bei seinem Tschechien Aufenthalt eine Handvoll der Spiele auf dem Flohmarkt fand.

In der elfjährigen Lebzeit gingen ca. 19 Millionen Master System Konsolen über die Ladentheke. Nur drei Millionen davon verkaufte Sega in Japan und den USA zusammen. Australien lag mit 650.000 Exemplaren auch nicht viel höher. Aber mit sieben Millionen Konsolen in Europa und 8 Millionen in Brasilien hängte Sega zumindest in ein paar Ländern das Nintendo Entertainment System ab.

Einzelnachweise:

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