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Columns – Segas Tetris Ersatz

by Pandur

1988 eroberte Segas Tetris Automat die japanischen Spielhallen im Sturm. Das vier Jahre zuvor von Alexey Pajitnov erfundene Puzzlespiel, verhalf ihnen und unzähligen weiteren internationalen Firmen zu Ruhm und vor allem Reichtum. Aber als Nintendo sich die Tetris Rechte, für die Markteinführung ihres Game Boys sichern wollte und dafür die sowjetische Zentralorganisation für den Export von Computer Software kontaktierte, stachen sie in ein Wespennest. Die Russen pochten auf eine 80%ige Gewinnbeteiligung und feuerten so die Verhandlungen drastisch an. Letzten Endes gingen die Tetris Rechte tatsächlich an Nintendo. Ähnlich wie sie, spekulierte auch Rivale Sega, Tetris zur Einführung neuer Hardware zu nutzen. Doch mit Nintendos typischen aggressivem Lizenzkampf, ging Segas Mega Drive Launch Plan im April 1989 baden. Sega brauchte dringend ein neues Puzzlespiel zur Promotion ihres 16-Bit Zugpferds.

Zur ungefähr selben Zeit fertigte Hewlett-Packard, in ihrer 2.700 Mann starken Colorado Springs Anlage, die HP 9000 Computer-Serie. Ein Rechnersystem mit Motorola 68000 Herzstück und HPs eigener Unix Distribution als Betriebssystem. Sie adaptierte damals das am MIT entstandene Starbase Grafik-Interface, um eine Fenster-basierende Benutzeroberfläche zu implementieren. Unzählige HP-Entwickler schrieben im Laufe der Jahre Anwendungen für dieses HP-UX Betriebssystem. Jay Geertsen war hingegen nicht mit der Materie vertraut. Als ihm die Aufgabe zufiel, eine HP Anwendung auf das HP-UX X11 System zu portieren, suchte er deshalb online nach einem Tutorial. Was er relativ zügig fand. Die Aufgabenstellungen des Tutorials selbst, gestalteten sich aber extrem langweilig. Jay strebte nach etwas mit höherem Unterhaltungswert. Weshalb er sich stattdessen entschied ein Spiel auf X11 Basis zu schreiben. Es sollte simpel werden, wie Tic-Tac-Toc. Bei dem zwei Spieler abwechselnd versuchten eine dreier Reihe aus Kreuzen und Kreisen zu konstruieren. Jay plante jedoch Farben einzusetzen. Gewissermaßen eine umgekehrte Version vom 1985er Klassiker „The Same Game“. Was zufälligerweise auch unter Unix entstand und in manchen Ländern als „Shapes and Columns“ bekannt wurde. Jays treffenderweise Columns getaufte Adaption, fing im Kontrast dazu nicht mit einem vollem Spielfeld an. Sondern ließ die dreiteiligen Bausteine langsam, wie bei Tetris ins Spielfeld fallen.

Jay war sich der Existenz des russischen Spiels sehr wohl bewusst. Doch wollte er es keineswegs kopieren. Ihm widerstrebte die Geschwindigkeitssteigerung des Puzzle-Klassikers. Da sie dem Spieler unter die Nase rieb, dass er bereits besiegt war, ohne es zu wissen. In Jays Augen sollte der Spieler endlos Columns spielen können. Weshalb er sich entschied, statt der Geschwindigkeit, die Farbanzahl zu erhöhen. Jeder Baustein oder besser gesagt jede Säule setzte sich aus drei Feldern zusammen. Zu Beginn waren alle Bestandteile identisch, also z.B. rot-rot-rot, dann kam eine Farbe hinzu, wie rot-gelb-rot und in der nächsten Stufe eine Dritte, beispielsweise rot-gelb-blau. Das Prinzip steigerte Jay bis zu sechs verschiedenen Farben auf dem gesamten Spielfeld. Den Fortschritt an sich bestimmte dabei die Anzahl der schon gefallenen Säulen. Gegenüber dem Tetris Prinzip, wo ein Baustein in der Regel nur eine Reihe auslöschte bzw. maximal drei, sorgte die Auflösung benachbarter Steine einer Farbe bei Columns möglichlicherweise sogar dafür, dass sämtliche Bausteine vom Bildschirm verschwanden.

Abseits dieses Spielprinzips bestand Jays Übungsansatz darin, ein Programm zu schreiben, welches in Echtzeit ablief und dafür zwei unterschiedliche Prozesse nutzte. Einen fürs Timing der zu fallenden Säulen und einen zweiten Prozess für die Tastaturabfragen. In der Trennung beider Prozesse lag seine Herausforderung. Als das bewältigt war, lag es ihm fern, das Spiel kommerziell zu vermarkten. Er gab es zunächst seinen direkten Bürokollegen und als diese es mit Begeisterung spielten, kontaktierte Jay einen Kollegen in HP’s kalifornischem Hauptfirmensitz. Dieser Arbeitskollege betrieb einen HP-internen Server mit einer gigantischen Sammlung von X11 Anwendungen und Spielen. Auf diesem Wege spielten Wochen später ebenfalls Nathan Meyers und Chris Christensen Columns. Nachdem sie das Columns-Fieber packte, riefen sie Jay an und fragten ihn, ob es in Ordnung wäre, wenn sie sein Spiel auf MS-DOS und Mac OS portierten? Diese beiden Versionen erblickten als Shareware das Licht der Öffentlichkeit und verwiesen weiterhin auf Jay Geertsen als Urheber. Sie waren größtenteils identisch mit dem X11 Original. Nur dass die Mac Version Muster statt Farben einsetzte und die andere den typischen Tetris Speed-Up einschloss.

Es dauerte nicht lange, bis dieses Shareware Columns die Aufmerksamkeit eines opportunistischen Anwalts erregte, der das Potential des Spiels erkannte. Auch er kontaktierte Jay. Jedoch um die Rechte des Spiels zu erwerben. Jay stellte diese Anfrage vor ein juristisches Problem. Da er Columns während seiner Arbeitszeit für HP programmierte. Weshalb er das Anliegen an seinen Chef weiterleitete und der es wiederum weiter die Leiter empor kickte. Effektiv brauchte die Hewlett-Packard Führung sechs Monate, um zu einer Antwort der Anfrage zu gelangen. Sie verkauften besagtem Anwalt schließlich die Columns Vertriebsrechte für sämtliche Plattformen, außer ihrem X11 System, und spendeten den Erlös an die Non-Profit-Organisation „Mile High United Way“, welche Kindern hilfsbedürftiger Familien eine gute Bildung ermöglichte.

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