Zum Ende des zweite Weltkriegs, bei der Dreimächtekonferenz von Berlin, verkündete US Präsident Harry Truman stolz, sie hätten eine neue Waffe unvorstellbarer Zerstörungskraft. Woraufhin Generalissimus Josef Stalin erwiderte, dann solle die USA sie doch auf die Japaner anwenden. Sowohl die damals zugegenen Briten als auch Amerikaner glaubten, Stalin hätte keinerlei Ahnung, was der US Präsident meinte. Sie fanden erst viel später heraus, dass die UdSSR längst die Blaupausen ihrer Kernwaffenforschung gestohlen hatten und ein eigenes Atomwaffenprogramm ins Leben rief. Als die UdSSR dann, unter dem Schutzmantel des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts, langsam die Ostblockstaaten zusammenschlossen, begann der Kalte Krieg. Ein Wettrüsten zwischen den USA und UdSSR, das bis 1983 anhielt. Allein die USA testen in dieser Zeitspanne 1054 nukleare Explosionen.
Zunächst blieben beide Forschungsprogramme streng geheim. Aber dann rief Ted Turner CNN ins Leben. Von dem Moment an, mussten die Amerikaner nicht länger bis 11 Uhr Abends auf die Nachrichten warten, oder die Ereignisse des vergangenen Tages am nächsten Morgen in der Zeitung lesen. Sie brauchten nur CNN einschalten. Doch der 24-Stunden Nachrichtensender berichtete effektiv lediglich von mehr Ereignissen als zuvor. Die Zuschauer bekamen seltenst Details über diese. Wodurch der Gedanke eines bevorstehenden Atomkrieges noch realer schien. Selbst als sich die amerikanische Wirtschaft Mitte der 80er wieder erholte, traute sich kaum einer Geld für Urlaub auszugeben. Denn im Falle eines Kriegsausbruchs würden sie es für wichtigeres brauchen.
In dieser ungewissen Zeit bot kaum eine Firma dermaßen viel finanzielle und emotionale Stabilität wie Atari. In den späten 70ern und frühen 80ern kontrollierten sie 75% das Gaming Marktes und boten jedem fähigen Programmierer ein Einkommen von 25.000 Dollar pro Jahr. Das kreative Zentrum des Silicon Valley Konzerns war deren Coin-Op Abteilung. Welche schneller neue Spielautomaten auf den Markt warf, als die Konkurrenz sie kopieren konnte. Entgegen der Consumer Division, mit ihren Schlipsträgern und dem Ataris VCS, zählte in der Coin-Op Abteilung nur eins: die Deadline. Jeder Programmierer bekam eine gestellt und wenn er sie nicht einhielt, flog er raus. Denn an Bewerbern mangelte es Atari nicht. Aber diese Deadline schien besonders in den ersten Monaten des Spiels weit entfernt. Weshalb Ataris Mitarbeiter sich untereinander Streiche spielten und während der Arbeit Bier tranken sowie Joints rauchten. Es war ein ausgelassenes Arbeitsklima, bei dem die Mitarbeiter freiwillig ihr Privatleben in der Firma verbrachten. Etwas das heute noch viele große Tech-Riesen wie z.B. Google anstreben. Also abgesehen vom Marihuana.
In dieser Zeit, Ende 1979, fand Dave Theurer seinen Weg von Chicago nach Kalifornien. Die komplexen Analysen seines Psychologie Studiums, trieben ihn zur Programmierung. Als er dann, für eine Stelle bei National Semiconductor, nach Kalifornien zog, fixten ihn seine Freunde mit Pong an. In dem Augenblick glaubte Dave, seine Bestimmung gefunden zu haben und bewarb sich bei Atari. Gänzlich ohne Vorstellungsgespräch stellte Steve Calfee ihn ein und setzte den Jungen an ein Fußballspiel. Es half nicht, dass Dave beteuerte, er würde Fußball hassen, Fußball war das Ziel. Und vier Monate darauf erblickte Atari Soccer das Licht der Spielhallen.
Gerade als Dave den vier Spieler Fußballtisch vollendet hatte, rief Gene Lipkin, der Leiter von Ataris Coin-Op Abteilung, Steve Calfee, zu sich ins Büro. Er hielt eine Zeitschrift in den Händen, deren Cover-Story sich um Satelliten drehte und zeigte auf das Foto eines Radarschirms. „Steve, mach mit so ein Spiel“, sagte Gene. Das war der Ball des Anstoßes für Dave Theurers großes Spiel. Eigentlich arbeiteten Junior Programmierer wie er zunächst mit alteingesessenen Kollegen zusammen. Aber zu der Zeit konnte Atari kaum die Nachfrage nach ihren Spielautomaten decken. Weshalb Dave quasi zum Senior Programmierer wurde und mit Rich Adams sogar einen Junior Programmierer zur Unterstützung bekam. Zusammen mit ihrem Chef, Steve, brainstormten die beiden über ein Konzept für das Radar-Spiel.
Die meisten Spiele drehten sich damals darum etwas zu töten. Aber Dave schien das übertrieben. Besonders wenn es um Raketen gehen sollte. Er wollte nichts programmieren, was auf Rache hinauslief oder einen direkten Angriff widerspiegelte. Ihm schwebte vielmehr etwas mit Patriotismus vor. Wo der Spieler sein Vaterland verteidigen durfte. So einigte sich das Trio auf ein Konzept, bei dem der Arm eines Radar-Schirms eingehende Interkontinentalraketen aufdeckte, der Spieler sie mit ABMs also Anti-Ballistic-Missiles vernichten und auf diese Weise seine Basen beschützen musste. Glücklicherweise wusste der durchschnittliche Amerikaner nicht, wie ein echter Raketenangriff aussah.
Von diesem groben Konzept an, überlegten Rich und Dave wie genau sich der Spieler verteidigte und seine defensiven Raketen abschoss. Nach ersten Tests legten sie sich auf drei Basen fest, zwei am jeweiligen Bildschirmrand, sowie eine dritte in der Mitte. Auf die Frage, was er verteidigte, fanden sie keine bessere Antwort als Städte. Woraufhin sie sechs Städte zwischen den Basen aufreihten. Jede konnte ein paar Treffer vertragen, bevor sie komplett ausradiert war. Aber das Ergebnis ihrer Überlegungen wirkte wie eine amorphe Masse. Weshalb Dave Lyle Rains um Rat fragte. Der schlug vor, die Raketenabschussbasen schlicht auf Bergen zu platzieren und die Städte somit in die Täler zu verlagern.
An dem Punkt der Entwicklung hatte alles im Spiel Namen. Die eingehenden Interkontinentalraketen kamen aus der UdSSR und die sechs Städte waren Eureka, Los Angeles, San Diego, San Francisco, San Luis Obispo und Santa Barbara. Alles große kalifornische Städte. Denn das war Ataris Firmensitz und außerdem der Landstrich der USA, wo Raketen von der anderen Seite des Pazifiks als erstes einschlagen würden. Dave fürchtete jedoch, in dem instabilen Klima, könnte es Atari schlecht dastehen lassen, wenn er den Feind klar als UdSSR labeln würde. Weshalb er die Namen strich. Das galt ebenso für die Städtenamen. Denn auf diese Weise konnten sich die Spieler vorstellen, es wären ihre Städte.