In den Nachwehen von Westwood’s Command & Conquer erblickte Bungie’s Myth: The Fallen Lords das Licht der Welt. Nachdem ihre erste PC Portierung, Marathon, von vielen Gamern, die mit deren Macintosh Laufbahn nicht vertraut waren, als Doom Rip-Off abgetan wurde, freuten sich die Chicagoer Entwickler über das durchweg positive Feedback. Das Echtzeit-Strategiespiel, was den Spieler näher ans blutige Gemetzel als üblich brachte, überzeugte Magazine und RTS-Fans gleichermaßen. Ob es der Plot, um den Kampf einer einzigen Legion gegen Balors Untoten-Armeen war, die exzellente Grafik, das Level-Design oder die Einheitenvielfalt, die Lobeshymnen schienen kein Ende zu nehmen. Mit über 350.000 Verkäufen wurde Myth: The Fallen Lords für Bungie zum Auszeichnungen-Sammler und Verkaufsschlager 1998.
Es war dieses Spiel, mit dem Marcus Lehto seinen Einstieg in die Videospiel-Industrie fand. Als Sohn eines Predigers fehlte Marcus in seiner Kindheit das Geld für einen eigenen Heimcomputer. Doch eines Tages schenkte ihm sein Onkel einen C64. Von dem Augenblick an erkundete der Junge die Welten von Tron, Lode Runner, Summer Games uvm. Mit den Predigten seines Vaters im Hinterkopf, schlug er dennoch eine eher traditionelle Laufbahn ein. Marcus studierte Grafik Design und verschrieb sich beinah zehn Jahre lang der Typografie. D.h. bis er für seinen Arbeitgeber in Downtown Cleveland ein 3D Modell der gesamten Stadt konstruierte. Es war eigentlich nur dafür gedacht gewesen, deren Waterfront Projekt zu visualisieren. Aber plötzlich erhielt der Designer Anfragen von unzähligen Agenturen, die ihn und das Modell haben wollten. Da realisierte er, dass er fortan ganze Welten konstruieren wollte. Ein Brief an Bungie, deren Adresse er hinten auf der Marathon Packung fand, brachte ihm einen Job als UI Designer von Myth ein.
Von dem Moment an arbeitete Marcus Hand-in-Hand mit Jason Jones, einem der beiden Bungie Gründer. Sein nächstes Projekt sollte „Armor“ werden. Was seine Existenz als Science-Fiction Re-Skin von Myth begann. Aus diesem Spiel sollte ein Supersoldat herausstechen. Marcus versuchte einen Sinn für das gerade Mal 400-Polygone-starke Charakter-Modell zu finden. Dabei war seine einzige andere Prämisse, der Panzer des Supersoldaten. Während Marcus über den Hintergrund des Charakters grübelte, schrieb Charlie Gough ein Physiksystem für das Spiel und verwandelte den Panzer in einen Jeep. Schlicht weil die Fahrphysik damit ausgeprägter war. Erneut auf der Suche nach einem neuen Ansatz für ihr Echtzeit-Strategiespiel, experimentierten die Bungie Entwickler mit verschiedenen Perspektiven und bewegten die Kamera immer näher ans Geschehen. Bis sie schließlich bei einer 3rd Person Perspective landeten und mit dem Warthog getauften Jeep durch ihre futuristische Welt heizten. Das war der Moment, an dem Marcus Lehto den Master Chief erfand und sich ihr RTS zum FPS Halo verwandelte. Dem Zugpferd von Microsoft’s erster Spielkonsole, der Xbox.
Halo gedieh zu einem der weltweit größten Shooter-Franchises. Selbstverständlich stieg Marcus Lehto mit der Zeit von „einem der Künstler“, zum Art Director und mit Halo Reach schließlich zum Creative Director der Spiele auf. Die Zeit verflog wie im Flug und ehe er sich versah, arbeitete er bereits 15 Jahre am Halo Franchise. Aus zwei Handvoll Entwicklern waren gut 250, unter seiner Leitung geworden und die verkörperten lediglich ein Drittel von Bungies gesamter Belegschaft. Doch an dem Punkt hatte Marcus das Gefühl, mit Halo alles gemacht zu haben, was ihm einfiel. Er wollte etwas neues versuchen. Während Jason mit seinem Team an den Anfängen von Destiny schraubte, konzipierte Marcus mit sieben Kollegen ein gänzlich neues IP. Doch der Traum hielt nur kurz bestand. Denn ein halbes Jahr später geriet die Destiny Entwicklung in Schwierigkeiten und alle Bungie Mitarbeiter mussten dort mit anpacken. Marcus und sein Team empfanden es als äußerst schwierig, ihren Platz in diesem überdimensionalen Projekt zu finden, das bereits lange in voller Produktion steckte. Also beschloss er stattdessen zu kündigen und ein eigenes Videospiel-Studio zu gründen: V1 Interactive.
Genauer gesagt verstrichen mehrere Jahre, bis Marcus wusste, was genau er eigentlich machen wollte. Ihm war bewusst, dass es nicht wieder auf ein 700-Mann-Team hinauslaufen sollte. Sein Ziel lag vielmehr darin, ein familiäres und dennoch effizientes Studio auszubauen, in dem jeder verschiedene Jobs erfüllte und die Spiel-Entwicklung dadurch interessant blieb. So verstrichen zwei Jahre, in denen er unzählige Konzepte schrieb. Von Mobile Games für Teenager bis hin zu AAA-Games für PCs und die gängigen Spielkonsolen. Parallel zu den unterschiedlichen Mechaniken der Spiel-Konzepte, schrieb er außerdem Ideen für ein neues Science-Fiction Universum zusammen und skizzierte deren Wesen. Bis zum Covid-19 Ausbruch, war es zu dem Zeitpunkt noch ein paar Jahre hin, aber Marcus war überzeugt, Pandemien, Klimaveränderungen und Überbevölkerung würden die Menschheit an den Rand der Auslöschung treiben. Weshalb die Wissenschaftler seines Science-Fiction Universums, menschliche Gehirne in roboterartige Panzer transferierten. Auf dass sie Unverwundbar gegenüber Krankheiten wurden. Sie nannten diesen Transfer „Intergration“. Eigentlich ein temporärer Zustand, bis die Menschheit wieder normal leben könne. Aber dann erhoben sich die Rayonnes. Eine Gruppierung, die ihre stärkeren und schnelleren Roboterhüllen als Evolution betrachteten. Ihre Ansichten stürzten die Menschheit in einen Bürgerkrieg. Roboter kämpften dafür und gegen die „Disintegration“, also in ihre alten Formen zurückkehren zu dürfen. Denn einige von ihnen vermissten den Geruch von frisch gebrühtem Kaffee, Geschmack von Bier und die Möglichkeit Kinder zu bekommen.