Es läuft nicht alles rosig in der Videospiele-Industrie. Viele Träume des großen Durchbruchs zerplatzen. Manchmal sogar schon beim ersten Versuch. Den einen haut ein Publisher übers Ohr. Den nächsten zerreißen die Kritiken der Magazine. Oder das Erstlingswerk verkauft sich schlichtweg nicht wie erhofft. Videospiel-Entwicklung und Vermarktung hat viele Tücken. Dies sind ihre Geschichten. Erzählungen von einzelnen, Personen oder winzigen Studios deren Debütprojekte bereits floppten oder aus anderen Gründen zum Ausstieg der Entwickler führten. Kommt in dieser Geschichte mit auf eine Reise nach Paris und erlebt die Entstehung des Cinematic Platformers Heart of Darkness.
Die Frage seines Lehrers, was er später mal werden wolle, beantwortete Eric Chahi mit Elektrotechniker oder Programmierer. Denn Eric begeisterten Spielautomaten (wie Pac-Man, Defender oder Phoenix) von Klein auf. Als er dann, mit dem Aufstieg der Heimcomputer, realisierte, er könne sich den Platinen-Umweg sparen und schlicht Code in die Maschinen hacken, besorgte sich der 16-jährige in den folgenden Sommerferien einen Oric Atmos. Zwei Monate später war sein erstes eigenes Spiel fertig. Eine Art Frosch-Simulator, bei dem der Spieler mit der Zunge Insekten fing. Für den Verkauf seines Werkes bekam Eric einen Drucker und zwei Joysticks. Quasi genau das, was ihm zu seinem Glück noch fehlte. Von da an schrieb und bebilderte er acht weitere Spiele, die von Platformern wie Infernal Runner bis zum Horror-Adventure Le Pacte reichten. Aber der Umstieg, von seinem 8-Bit Oric Atmos und Amstrad CPC auf die ersten 16-Bit Computer von Commodore und Atari, stellte Eric vor Probleme. Für den Moment schien es ihm, als könne er weder gute Grafiken entwerfen, noch anständig programmieren. Weshalb er sich auf die Illustration von Computerspielen spezialisierte. Auf diese Weise gelang ihm ein Jahr später, als Grafiker für Delphine Software’s Future Wars, der erste kommerzielle Durchbruch. Auch wenn es ein gemeinschaftliches Werk war, erlangte das französische Point-and-Click Adventure dennoch internationale Anerkennung.
Delphine Software’s Future Wars Erscheinen, ging mit dem von Don Bluth’s Dragon’s Lair für den Amiga einher. Ein optisch beeindruckend gutes Zeichentrick-Abenteuer auf sechs Disketten. Es inspirierte Eric ein atmosphärisch ähnlich gutes Spiel auf Polygon-Basis zu erschaffen. Denn Polygone konnten den gesamten Bildschirm füllen, ohne viel Speicher zu verbrauchen. Obwohl Commodores Amiga nicht sonderlich viele Polygone gleichzeitig animieren konnte. Die Multimedia-Maschine bot außerdem die Möglichkeit, einen Genlock mit dem Computer zu koppeln. Auch wenn das nicht bedeutete, dass man direkt Videoaufnahmen auf der Festplatte einfangen konnte, wie es heute üblich ist, ermöglichte es die Videoaufnahme hinter die Amiga Oberfläche zu legen. Auf diesem Wege filmte Eric sich beim Öffnen einer Cola-Dose oder Aufheben einer Pistole und baute diese Sequenzen originalgetreu mit Polygonen nach. Das Ergebnis seiner Mühen wurde der Cinematic Platformer Another World. Ein Science-Fiction Abenteuer, bei dem der Spieler den Physiker Lester Knight durch eine außerirdische Welt steuerte, ohne dabei von den üblichen Trefferpunkteanzeigen belästigt zu werden oder drei Meter noch mit dem Kopf unter Blöcke springen zu müssen. Es übernahm viele Aspekte von Jordan Mechners Prince of Persia, das Eric liebte. Da der mittlerweile 22-jährige die Entwicklungsdauer gänzlich alleine bestritt und sich ständig einen Kollegen wünschte, gedieh die Freundschaft zu einem Außerirdischen zum Mittelpunkt der Another World Handlung. 28 Monate in ein einziges Spiel zu investieren, repräsentierte eine gewaltige Steigerung, gegenüber den sechs Wochen bis drei Monaten, seiner ersten acht Games. Besonders wenn man mit ein bezog, dass er die gesamte Entwicklungsspanne mit seinem Future Wars Lohn finazierte. Aber die Investition zahlte sich aus. Beim November 1991 Erscheinen, erhielt Another World, trotz seiner lediglich zweieinhalb-stündigen-Spielzeit, eine 84 Punkte Durchschnittswertung und verkaufte sich mehr als eine Millionen Mal. D.h. Einschließlich der Portierungen, mit denen Eric das folgende Jahr zubrachte.
Der Franzose arbeitete sich bei der Entstehung Schrittweise durch sein Werk. Er fing mit der Konzeption des Intros an, überlegte sich dann unter Wasser zu landen und gestaltete anschließend die erste außerirdische Begegnung. Die Rotoskopie-Technik und das früh vollendete Intro, zeigte er bereits im Herbst 1989 seinen Delphine Kollegen. Womit sein alter Arbeitgeber ihm bereits da den Vertrieb des Spiels zusicherte. Das Delphine Software Team näherte sich zu dem Zeitpunkt der Vollendung ihres James Bond Adventures Operation Stealth und schritt dann mit ihrer „Tod auf dem Nil“ Interpretation Cruise for a Corpse fort. Über Frankreich hinaus vertrieb diese Spiele U.S. Gold im europäischen Raum. Deren britischer Gründer, Geoff Brown, erwarb parallel die The Godfather (Der Pate) Lizenz und bot dem Team an, sie für ein Mega Drive Spiel zu adaptieren. Delphine Softwares leitender Entwickler, Paul Cuisset, strebte an, daraus „The Godfather in Space“ zu machen. Obwohl das Geoffs Ansicht nach eine Lizenz-Verschwendung war, zeigte er sich von der ersten Demo sehr begeistert. Weshalb sich das resultierende Flashback, um Holocubes und Hover-Bikes in einer Welt mit intergalaktischen Reisen, außerirdischer Unterwanderung und hochtechnologische Städte drehte. Delphine Software übernahm Erics Rotoscoping-Verfahren für die Zwischensequenzen Flashbacks, setzte jedoch fürs gesamte Werk auf herkömmliche Sprite-Animationen statt Polygonen. Das Ergebnis wirkte ebenso realistisch, doch optisch opulenter. Die über 1.000 Animations-Frames des Protagonisten Conrad Hart und seiner Widersacher, sprengten jedoch, trotz Echtzeit-Dekompimierung, die 16 MBit der damals üblichen Mega Drive Module. Weshalb das Team eigenständig ein 24 MBit Modul entwickelte. Dessen Produktion verzögerte den Mega Drive Release Flashbacks auf 1993, während die Amiga Version schon 1992 in den Regalen stand. Nichts desto trotz, verkaufte Flashback sich mehr als 1,25 Millionen Mal und kam damals als meistverkauftes französisches Spiel aller Zeiten ins Guinessbuch der Rekorde.
Mit dieser Höchstleistung ist es kaum verwunderlich, dass Pauls Team augenblicklich zur Entwicklung von Morphs: Flashback 2 überging. Mit den vorangegangenen Speicherproblemen der Mega-Drive Module und Conrad Harts, nun mehr als doppelt so zahlreichen Animations-Frames, wegen seinem zusätzlichen Mech-Suit, konzipierte Delphine Software den Nachfolger für Segas Mega-CD. Die, im Jahr von Flashback auf den Markt gekommene Mega-Drive Erweiterung, verkaufte sich mit jeweils 200.000 Exemplaren in Japan und den USA jedoch eher schleppend. Was Delphine Softwares Aussichten auf hohe Verkaufszahlen des Spiels torpedierte. Als dann Publisher Electronic Arts wegen einem Streetfighter II Konkurrenten mit Basketballspieler Shaquille O’Neal (Shaq Fu) auf sie zukam, stellte Paul die Flashback 2 Entwicklung ein.