Heart of Darkness – Amazing Studios Cinematic Platfomer

by Pandur

Eric Chahi war kein Fan von Nachfolgern. Weshalb er die Fortsetzung Another Worlds, dessen amerikanischen Publisher, Interplay, überließ und denen lediglich per Fax-Gerät ungefähre Richtlinien für Heart of the Alien diktierte. Er wollte aber sehr wohl einen neues Action-Adventure mit filmreifen Zwischensequenzen machen. Es sollte ein Abenteuerfilm wie Indiana Jones oder Star Wars werden, jedoch optisch den Stil von Disneys The Rescuers Down Under (Bernard und Bianca im Känguruland) verfolgen. Seine Idee war ein kleiner Junge mit Angst im Dunkeln, der in eine Welt kam, wo die Dunkelheit immer präsent war und er sich seinen Ängsten stellen musste. Diesen Pitch unterbreitete Eric, bereits vor dem Flashback Release, im April 1992, Virgins Produzent Jon Norledge auf der ECTS. Zuvor, im Sommer 1991, wünschte Virgin noch die Umwandlung seines Another Worlds in ein Point-and-Click Adventure. Doch mit den Verkaufsrekorden des cinematic Platformers, unterstützte Virgin Interactive Entertainment Erics neues Projekt mit 1.000.000 Pfund. Dank der dann folgenden Einstellung Flashback 2’s, wurden seine ehemaligen Kollegen für Alternativen empfänglich. So gründete Eric im September 1992 das Amazing Studio im Herzen Paris. An seiner Seite Daniel Morais, den er aus seinen Videospielanfängen bei Chip kannte und welcher Another World auf den PC portierte. Sowie Flashbacks Programmierer Frederic Savoir, dessen Grafiker Christian Robert und Sound-Designer Fabrice Visserot.

Mit dem Amiga sowie Atari ST am Ende ihrer Lebzeit und Erics fehlendem Glauben an den Konsolenmarkt, wurde der PC die angestrebte Plattform für Amazing Studio’s Heart of Darkness. Eric erwartete, der PC würde sich zukünftig zum Spielautomaten entwickeln. Er hatte die ersten sechs Monate erneut mit seiner Vektor-Grafik-Basis verbracht, dann jedoch entschieden, es gäbe dank der CD-ROM genügend Speicher für beeindruckendere Bitmap-Grafiken. Diese Systemwahl war zum Jahreswechsel 1992/93 die größte Herausforderung. Denn PCs boten dank CD-ROM Laufwerken und Real Magic Karten theoretisch die Möglichkeit MPEG Filme von CD abzuspielen. Auch wenn die Hardware selbst kaum verbreitet war. Ähnliches galt für Philips CD-i, was die Fünf ebenfalls als Zielplattform anstrebten. Aber weitere Konsolen auf CD-ROM Basis gab es noch nicht. Trip Hawkins 3DO sollte fasst ein Jahr später auf den Markt kommen und Sonys erste Playstation, sowie Segas Saturn waren mehrere Jahre weit entfernt. Deshalb widmete sich das Quintett zunächst den System-unabhängigen Cutscenes ihres Werkes.

Für diese wollten sie jedoch nicht dem allgemeinen High-Tech-Hype folgen, künstlich aussehende Objekte zu gestalten, wie Origin Systems es in Privateer oder Totally Games mit X-Wing machten. Was die Amazing Studio Crew anstrebte, waren natürliche Umgebungen mit Pflanzen und allerhand Lebewesen, die im Idealfall einen Zeichentrickstil vermittelten. Gewissermaßen ungefähr das, was Pixar’s Toy Story vollbrachte. Nur dass der Oskar-prämierte Film zu dem Zeitpunkt noch gut drei Jahre vom Kinostart entfernt war. Das generelle Vorgehen, derartige Grafiken zu erzeugen, lag zu der Zeit in Silicon Graphics Workstations. Rare nutzte sie parallel für ihr kommendes Donkey Kong Country, Sega für Ecco: The Tides of Time und Rocket Science Games für Loadstar. Christian, Eric und Co probierten die Workstations ebenfalls aus. Aber abgesehen vom unverschämt hohen Anschaffungspreis, waren deren Render-Programme 1993 aus ihrer Sicht zu Bug-lastig. Weshalb sich das Team für 486er mit 66 Mhz und Autodesks 3D Studio 4 entschied. So verbrachten die Fünf den Großteil des ersten Jahres damit, 3D Studio zu erlernen, darin Modelle zu erschaffen und Tools zu programmieren, um sie weiterverwenden sowie abspielen zu können. Daniel investierte z.B. acht Monate darin, ein Kompressionsverfahren zu schreiben, was ihre Videosequenzen von einem Double-Speed CD-ROM wiedergab.

Die Grundidee der Heart of Darkness Handlung und somit vieler Render-Sequenzen, wurde, Dinge mit einem Freund zu teilen. Einem Freund, dem der Spieler half und der sich dafür wiederum revanchierte. Kinder bildeten sich viel ein. Beispielsweise das ein Stock eine Pistole sei. Also begannen die Fünf mit einem Jungen namens Andy, der sich Dinge vorstellte. Nicht jeder Junge seines Alter hatte viele Freunde. Wodurch der beste Freund häufig ein Tier wurde. So entstand Andy’s Hund Whisky. Der nach Andys traumatischen Erlebnis im Schrank seines Klassenzimmer, bei einer Sonnenfinsternis vom Meister der Dunkelheit entführt wurde. Selbstverständlich stürmte Andy direkt zu seinem Baumhaus, schnappte sich sein Plasmagewehr und jagte in seinem gelben Flieger Whiskey hinterher. Ein Abenteuer in einer exotischen Welt, das eigentlich nur in Andys Kopf stattfand.

Diese Einleitungssequenz sowie sämtliche folgenden Szenen und Bildschirme des Spiels zeichnete Christian Robert auf Papier vor. Anschließend renderten sie die Sequenzen in vereinfachter Form, um nicht von der Rechenzeit bestraft zu werden und gefiel ihnen das Ergebnis, bauten sie das Set mit allen Details aus. Im nächsten Schritt folgte Erics Hauptaufgabe der Texturierung in „Fractal Painter“ und der richtigen Beleuchtung. Teilweise malten sie zur Finalisierung zusätzlich mit einem hauseigenen Tool direkt auf den Objekten Details nach.

Für das perfekte Filmerlebnis fehlte an dem Punkt lediglich die passende Musik. Wie in Erics Bernard und Bianca Vorbild, engagierte das Amazing Studio dafür Disney-Komponisten Bruce Broughton. Die Hollywood-Größe komponierte zuvor, neben dem Hawaii-Five-O und Dallas Theme, Musik zu Filmen wie Das Wunder von Manhattan (Miracle on 34th Street), Juniors freier Tag (Baby’s Day Out) oder Tombstone. Ein ebenfalls sehr ungewöhnlicher Schritt für die damalige Zeit, bei dem das Quintett übersah, dass Bruce nicht auf Synthesizer zurückgriff. So entstand der gesamte Heart of Darkness Soundtrack durch die 55 Musiker des London Symphonia Orchestra. Obwohl das Quintett erneut ein eigenes Audio-Tool programmierte, was die Sprachausgabe mit den Videosequenzen synchronisierte, überließen sie die Implementierung sämtlicher Sound-Effekte einem dreiköpfigen externen Team. Die generierten Dinge wie Andys Atemgeräusche, das Abfeuern des Plasmagewehrs oder Dschungelleben. Ein Punkt bei dem Heart of Darkness ebenso in die Fußstapfen Another Worlds trat. Denn Musik untermalte lediglich die Zwischensequenzen. Das eigentliche Spielgeschehen setzte, für die richtige Atmosphäre, lediglich auf Umgebungsgeräusche. Es verzichtete wegen der Immersion auch auf jegliches Interface.

Mit den 27 Minuten Filmsequenzen, aber kaum vorhandenen Gameplay, demonstrierte das Amazing Studio ihr Werk nach zweieinhalb Jahren, am 11. Mai 1995, erstmalig der Öffentlichkeit. Es war eines der Highlights der ersten E3, von dem jeder redete. Dank der atemberaubenden Grafikpracht wollte es jeder sofort spielen. Das galt sowohl für die gerade gegründeten Oddworld Inhabitants, Lorne Lanning und Sherry McKenna, als auch Hollywood Größen wie Steven Spielberg und George Lucas. Steven zeigte sich dermaßen überwältigt von den CGI Videos, dass er mit Virgin Amerikas Präsident, Martin Harper, aushandelte, einen Film auf Basis Heart of Darkness zu machen. Ein Auftrag den natürlich die fünfköpfige Amazing Studio Crew ausführen sollte, die aber noch nicht mal halb durch ihr Spiel war. Trotz dieses eindeutigen Mankos, datierte Virgin Interactive Entertainment das Erscheinen des Spiels aufs vierte Quartal selbigen Jahres. Ein unmöglich einzuhaltendes Zeitfenster!

Ebenso wie Steven Spielberg erlangte Heart of Darkness die Aufmerksamkeit von Sega. Welche die Möglichkeit einer Saturn Version anfragten. Frederic & Co verbrachten daraufhin drei Wochen damit, eine Saturn Demo zu kreieren. Die Cinematic Engine dieser, begeisterte Sega so stark, dass sie diese Amazing Studio versuchten abzukaufen. Doch das Quintett weigerte sie herauszugeben, bevor ihr eigenes Spiel damit ausgeliefert sei. Dafür stimmten sie jedoch einem zeitlich begrenztem exklusiven Saturn Release zu.

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