L.A. Noire – Team Bondi’s interessante Sackgasse

by Pandur

Der größte technische Aufhänger des Werks war jedoch erwähntes MotionScan Verfahren. Etwas, das Brendan McNamara immer wieder als revolutionär beschrieb und sich selbst Hideo Kojima während der Entstehung ansah. Das Problem, was Brendan und viele andere in herkömmlichen Motion-Capture-Aufnahmen sahen, war, dass diese Technik auf Basis von Rotationen die Knochenbewegungen im menschlichen Körper erfasste. Bedauerlicherweise bestand das menschliche Gesicht jedoch überwiegend aus Muskeln. Weshalb Motion Capture dort nicht wirklich funktionierte und die meiste Arbeit im Nachhinein von Grafikkünstlern in Handarbeit erledigt werden musste. MotionScan sollte genau das ändern und den Gesichtern im Spiel quasi Leben einhauchen. Besagtes Uni-Forschungsprojekt nutzte vier Kameras zum Erfassen der Bewegungen. Was zu stark zerfetzten Nachbildungen führte. Jedoch schon früh zeigte, an welchen Stellen Texturen funktionierten und wie lebensecht sie wirkten. Team Bondis Herausforderung war, dieses Verfahren kommerziell nutzbar zu machen. Ein Projekt, für welches Brendan zusammen mit Oliver Bao eine zweite Firma namens Depth Analysis gründete. Dort verbrachte Oliver, mit einem weiteren Team, von 2004 bis 2006 damit die Infrastruktur, Aufnahme-Ausrüstung, Produktions-Pipeline und Tools zu entwickeln. Erst 2007 würden sie zum Fine-Tuning und 2011 zu Ganzkörperaufnahmen übergehen.

Was sich heute vielleicht machbar anhört, stieß vor fasst 20 Jahren auf enorme Hardware-Hürden. Nach Tests mit zunächst acht Kameras, landete Oliver schlussendlich bei 32 Kameras, die 1080p Videos mit 30 FPS aufnahmen. Das erzeugte eine Datenmenge von 1 GB pro Sekunde. Allein diese Menge damalige Festplatten streamen zu lassen, ließ die meisten System-Ingenieure verzweifeln. Doch selbstverständlich mussten diese Daten ebenso dauerhaft sicher abgelegt und irgendwie der Playstation 3 beigebracht werden. Die finalen Aufnahmen sämtlicher Schauspieler würden später auf 75 Stunden Videomaterial und somit ungefähr 35 Terrabyte Daten hinauslaufen. Etwas das Oliver auf ca. 400 LTO Cartdriges speicherte.

Bevor das geschah, stieg Sony Computer Entertainment aber bereits wieder aus. Die Kosten des Projektes überstiegen bereits im zweiten Jahr Sonys kühnste Erwartungen. Es dauerte beinahe ein Jahr, bis Team Bondi in Rockstar Games einen neuen Geldgeber fand. Deren Gründer, Dan und Sam Houser, machten sich bis dahin vor allem durch Grand Theft Auto III, GTA Vice City und GTA San Andreas einen Namen. Spiele, die ähnlich L.A. Noires durch eine packende Handlung und vor allem eine Open-World dominierten. Womit Team Bondi in der passenden Gesellschaft zu sein schien. Tatsächlich warf diese Partnerschaft jedoch weitaus mehr Probleme auf, als zunächst erwartet.

Für den Moment stand die Expansion des Studios an. Bis zu dem Punkt, beschäftigte Team Bondi gerade Mal 16 Mitarbeiter. Für den Umfang ihres geplanten Spiels, würden sie aber auf ungefähr 120 anwachsen müssen. Womit Brendan auf ein Hindernis stieß, welches er bei seiner Australien Kurzschlussentscheidung nicht bedachte. Australien besaß keine Videospiel-Industrie. Zumindest nicht in dem Sinne. Selbst heute gibt es auf dem gesamten Kontinent gerade Mal halb so viele Spiel-Entwickler wie Blizzard Entertainment Mitarbeiter hat. Etwas das u.a. durch fehlende Förderung der Regierung entsteht. Auch über Jahrzehnte hinweg betrachtet, umfasste die Liste der australischen Firmen mit mehr als zweihundert Angestellten, gerade einmal drei Firmen: Krome Studios, Irrational Games und Pandemic Studios. Zweiteres war ein 2K Studio, was somit ebenso zur Take-Two Interactive Gruppe gehörte. Diesem Mitarbeiter abzuwerben, war schlichtweg keine Option und ähnlich kollegial verhielt sich Team Bondi gegenüber den anderen genannten. Was effektiv zu unzähligen Berufsanfängern in den Rängen Team Bondis führte. Das resultierte häufig in Frustration bei erfahrenen Kollegen und somit wiederum zur ständigen Fluktuation der Belegschaft. Diese zeichnete sich bereits innerhalb des folgenden Jahres ab. Weshalb Team Bondi im März 2007 zur Moralsteigerung Leading Teams engagierte. Eine australische Firma zum Team-Building.

Die nächste Anforderung war Open-World. L.A. Noire war kein Sandbox Game. Es war ein dreidimensionales Adventure mit einer linearen Handlung. Um den Eindruck zu vermitteln, es wäre eine Art Grand Theft Auto in der Vergangenheit, wie Rockstar es vermarkten wollte, musste es aber eine offene Welt bieten. Befand sich der Spieler auf dem Weg zu einem Tatort, sollte beispielsweise eine Meldung über einen Banküberfall herein kommen und er dahin abweichen können. Genauso sollte er, bei schlechter Aufklärungsquote seiner Fälle, zu einer Art Streifendienst degradiert werden und dort kleinere Delikte wie Überfälle behandeln. Ein Feature, was später gestrichen wurde, weil die damit verbundenen Fälle, die Kapazität der einen Playstation Blu-ray sprengte.

Die eigentliche Mammutaufgabe war jedoch in der Zeit zurück zu reisen und ein glaubhaftes Los Angeles von 1940 zu kreieren. Was bedeutete, ein Straßennetz mit Trolleys, Gebäuden samt Innenleben und Bewohnern zu erschaffen. Für Production Designer Simon Wood und sein Team gedieh es zu einer Schnitzeljagd. Sie begannen damit Stadtkarten von 1930 in der Huntington Library einzuscannen. Diese zusammengesetzten Teile, kombinierten sie dann mit topografischen Karten des US Geological Surveys und das Ergebnis verfeinerten sie mit der Spence Air Photos Collection der UCLA. Letztere entstand in den 40ern durch Robert Spence, der eine 46-Pfund schwere Kamera in ein Flugzeug lud und damit die Bauten L.A.s aus der Luft festhielt. Durch diese Bilder erkannten Simon und Co genau zu welcher Uhrzeit wie viele Leute wo auf den Straßen waren. Zusammen mit 180.000 Fotos von Dinern und anderen Geschäften, entstand so das historisch korrekte Los Angeles. Lediglich eine Kleinigkeit, machten Team Bondis Grafiker absichtlich falsch. Sie hoben die ikonischen Palmen L.A.s auf die gewohnte Größe an. Denn 1947 waren diese nicht Mal einen Meter hoch. Was Art Director Chee Kin Chan seltsam erschien.

Ähnlich komplex verhielt sich die Nachbildung der Kleidung. Zunächst kaufte Team Bondi über eBay alte Sears Kataloge – etwas vergleichbar mit den deutschen Otto Katalogen. Nur um festzustellen, dass die Fotos stets frontal aufgenommen wurden und so schlecht nachzubilden waren. Also flogen sie erneut nach Kalifornien und kontaktierten Western Costume Higher. Welche ein Repertoire aus 40er Kleidung führten, das aneinandergereiht zwölf Meilen lang war. Von diesen schossen sie Fotos aus sämtlichen benötigten Perspektiven.

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