Trilobyte Games – Unmöglich dauert etwas länger

by Pandur

Die frühen 90er markierten außerdem den Beginn der CD-ROM Ära. Die Niederländer brachten ihr CD-i auf den Markt und Japaner CD-Erweiterungen fürs Turbografx und Mega Drive. Aber die USA hielten sich bedeckt. Auf jeder Multimedia-Veranstaltung rund um die CD-ROM philosophierten die Sprecher und Hunderte Teilnehmer nur über die unglaubliche Menge Text, welche auf eine CD passen würde. Graeme und Rob schienen die Einzigen zu sein, die sich um die tatsächliche Multimedia-Nutzung kümmern wollten, also Video und Audiowiedergabe für ein Spiel. Auf der Rückreise von der InterMedia Conference 1990, umrissen sie am Flughafen ihr Projekt auf einer Servierte. Sie strebten ein Videospiel nach dem Vorbild der Kultserie „Twin Peaks“ an. Da das Martin aber höchstwahrscheinlich nicht absegnen würde, nutzten sie Cluedo als Einstieg. Denn dazu besaß Virgin Games die Lizenz. Das Resultat wurde ein Horror Abenteuer, in dem die eingeladenen Gäste ihren Tod fanden. Fotos realer Orte und Logik-Puzzles sollten als Basis des Spiels dienen. Das einzige bereits auf die Servierte gedruckte Wort, wurde dabei zum Titel ihres Werks: Guest.

Weil die CD-ROM Technologie zu der Zeit noch in den Kinderschuhen steckte, war es um so preis-intensiver sie herzustellen. Ein Faktor, der Graeme und Rob für ihr Projekt ein Budget von 600.000 US Dollar veranschlagen ließ. Das war wohl gemerkt das Dreifache von Virgins damaligen Konsolenspielen, die bereits immens kostenintensiv waren. Eines Vormittags gegen Ende 1990 schickten sie ihr Konzept an Martin. Eine halbe Stunde später fuhr dieser das Duo in seinem Rolls Royce zum gemeinsamen Mittagessen. Er eröffnete das Gespräch mit den Worten: „Ihr Jungs arbeitet nicht länger für Virgin. Ihr seid gefeuert!“ Rob und Graeme waren derart schockiert, dass sie kein Wort heraus bekamen. Martin fuhr seinerseits mit den Ausführungen fort: „Wenn ich euch das Spiel machen ließe, würde keiner bei Virgin mehr an den alltäglichen Spielen arbeiten wollen.“. Ungeachtet der Aussage, glaubte Martin an die beiden. Rob konnte unglaublich gutaussehende Grafiken zeichnen und Graeme war der ideale Problemlöser. Niemand wäre besser geeignet ein solches Werk Realität werden zu lassen. Deswegen feuerte er sie nicht nur, sondern gab ihnen ein Startkapital, um ihr eigenes Studio zu gründen und einen Vertrag für den Vertrieb ihres ersten Spiels über Virgin Games. Aber so sehr er an das Können seiner Jungs glaubte, galt das nicht für die CD-ROM. Für Martin waren Steckmodule für Zukunft oder zumindest eine Diskette. Weshalb die beiden ebenfalls eine Diskettenversion des Spiels anfertigen sollten.

Im Dezember 1990 fuhren Graeme und Rob vom Virgin Hauptquartier in Irvine die Kalifornische Küste hinauf, auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ihr Entwicklerstudio. Sie fand ihn in Jacksonville, am südlichen Ende von Oregon. Ihre Trilobyte getaufte Firma bezog den Sitz direkt über der J.Ville Taverne mit Kellnerin Diane Moses als Büromanagerin. Direkt neben dem alten Backsteingebäude erhob sich das Noonan Anwesen. Ein im Queen-Anne-Stil errichtetes Gebäude mit Ziegelsteinkamin und Holzpavillon im Vorgarten. Es bot 5 Schlafzimmer, 3 Badezimmer und viele prunkhafte Räumlichkeiten mehr. Aber die schiere Anzahl machte die Räume selbst klein. Zu klein um sie mit 360° Kameras fotografieren und in brauchbare Fotos für ihr Spiel verwandeln zu können. Weshalb ein Nachbau der Noonan Mansion letzten Endes lediglich das Cover ihres fertigen Spiels zieren würde. Einer ihrer ehemaligen Arbeitskollegen, Robert Stein III, war jedoch zufälligerweise gerade Beta-Tester einer Software geworden, die sich Autodesk 3D Studio nannte. Robert fertigte den beiden damit eine sehr niedrigauflösende Drahtgitter-Animation an, in welcher die Kamera eine Treppe hoch fuhr. Beide waren davon hellauf begeistert. Rob Landeros hielt es jedoch für unmöglich so etwas in Farbe von CD abspielen zu können. Wie üblich sah Graeme das als Herausforderung.

In der Zeit wo Graeme die Videokomprimierung anging, engagierte Rob den New Yorker Horror-Buch-Autor Matthew Costello. Matthew füllte das Anwesen mit dem Leben Henry Staufs. Einem Erfinder, der vom Reichtum seiner Spielzeuge ein mit Rätseln und Fallen gespicktes Gebäude erschuf. Während die Kinder an seinen Spielzeugen langsam zu Grunde gingen verschwand Stauf selbst in dem Anwesen. Einige Zeit nach dem Tod des letzten Kindes wurden sechs Berühmtheiten ins Stauf Anwesen eingeladen. Sie trafen zusammen mit dem finalen siebten ein, dem Spieler, welcher dem Spiel seinen Titel verlieh: The 7th Guest.

Was ihrem Werk in dem Moment noch fehlte, waren Videosequenzen passender Schauspieler. Für gerade einmal 15.000$ warben sie Darsteller der Southern Oregon Theater Association an und filmten das gesamte Material vor einem Blue Screen in ihrem Büro. Oder genauer gesagt war es ein Purple Screen, weil der Tapetenladen um die Ecke nichts besseres zu bieten hatte. Bewaffnet mit einer Videokamera und ein paar Cola-Dosen, ahnte keiner der Theater-Schauspieler, dass er für ein Millionen-Dollar-Projekt tätig war.

Die beiden Gründer, Robert Stein und Diane Moses, unterstützt von Musiker Fatman in Texas werkelten ganz 1991 an ihrem 7th Guest und ließen sich erst auf der CES Anfang 1992 in Chicago wieder blicken. Als Martin Alper sie fragte, wie sich seine Investition mache, funktionierte Graeme kurzerhand einen der Messerechner um, auf dem bislang Scrabble lief und demonstrierte ihr Spiel. Die eigentliche Privatvorführung verwandelte sich in sekundenschnelle in das Event der Messe. Sierra Gründerin Roberta Williams holte ihre Techniker heran und sagte zu ihnen: „Ich habe euch doch gesagt, dass sowas möglich ist!“ Bill Gates bezeichnete es als den „neuen Standard in Interactive Entertainment“. Und Chris Crawford, Initiator der Game Developers Conference, beschuldigte die Trilobytes sogar ihre Demo gefaked zu haben, weil er so etwas für technisch unmöglich hielt. Praktisch hatte Chris Recht, denn zu Demozwecken hatten Graeme ihr Spiel auf der Festplatte installiert und spielte parallel eine Dany Elfman Musik-CD ab. Aber bis zur nächsten CES 1993 würde Graeme an dem Beweis arbeiten, dass es möglich sei.

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