Valve Corporation – Besser zu spät als beschissen

by Pandur

Einige Jahre zuvor hatten Michael Booth, Phil Robb und Chris Ashton bei Westwood’s Zweitniederlassung Westwood Pacific an Command & Conquer Red Alert mitgewirkt. Als Electronic Arts die Westwood Studios schloss, gründete das Trio eine kleine Garagenfirma namens Turtle Rock. Sie befassten sich zunächst mit Half-Life Mods und arbeiteten kostenlos an Counter-Strike mit. Was in kleineren Auftragsarbeiten für Valve resultierte, wie Counter-Strike: Condition Zero und der X-Box Version des Competitive-Shooters. Für ihr erstes eigenes Spiel, schwebte dem mittlerweile sechsköpfigen Turtle Rock Team ein mehr kooperatives Multiplayer-Game für Freunde oder die ganze Familie vor. So entstand aus Counter-Strike zunächst ein Terror-Strike Prototyp. Worin die Spieler gegen Bots kämpften, die lediglich mit Messern bewaffnet waren und sich nur rudimentär bewegten. Diese Bewegungen gepaart mit einem 28 Days Later Filmabend entwickelten sich zu einem Zombie-Spiel. Mit der finanziellen Unterstützung von Valve entwickelte es sich Mitte 2005 zu dem Survival-Horror-Game Left 4 Dead. Entgegen Valve’s bisherigen Source-Engine Spielen, erweiterten die Turtle Rock Studios die Game-Engine mit einem neuen Schatten-System, Nebel, der automatisch durch feuchte Oberflächen entstand und ein Farbkorrektursystem, das ebenfalls Kontrast und Schärfe korrigierte, um den Focus auf bestimmte Details zu lenken. Das Ergebnis war ein perfekter Horrorfilm-Look.

Left 4 Dead war während eines gigantischen Zombie-Ausbruchs angesiedelt und fing vier Protagonisten, die „Survivors“ im Kampf gegen die Horden Infizierter ein. Eine Besonderheit war, dass es immer vier Survivor waren. Selbst im Einzelspiel übernahmen Bots die Rollen der verbleibenden Charaktere und das Quartett kämpfte sich ebenso als Team durch die Untotenmasse. Was bedeutet, gefallene Gruppenmitglieder sollten wiederbelebt und mit First-Aid-Kits versorgt werden. Dem Outlaw-Biker Francis, Vietnam-Veteranen Bill, Univesitätsstudentin Zoey und Bankmanager Louis standen generell eine Pistole mit endlos Munition zur Verfügung. Weitere Waffen wie Schrotflinten, Scharfschützengewehre oder Sturmgewehre können mit begrenzter Munition gefunden werden. Die zweite Besonderheit der fünf Spielkampagnen war der Director. Eine künstliche Intelligenz, die dynamisch Spawn-Punkte für Munition und andere Ausrüstungsgegenstände sowie der Gegner kontrollierte. Daraus resultierte ein äußerst abwechslungsreiches Spiel, da der Director automatisch mehr Zombies spawnen ließ, wenn es dem Quartett gut ging und hingegen mehr Munition und weniger Gegner entstanden, wenn sie nur noch auf Notreserven liefen.

Ursprünglich hatte Left 4 Dead in einer gewaltigen Stadt mit haufenweise Straßen für die Surivors gespielt, um den Wiederspielwert zu steigern. Aber die Beta-Tester wurden davon zu sehr verwirrt und wählten letztlich immer die gleiche Route. Weshalb das Turtle Rock Team die Karten in die bekannten „No Mercy“ und „Dead Air“ Kampagnen zusammenschnitt. Ebenso flog durch die Beta-Tests der „Screamer“ raus. Ein Zombie ohne Angriffe, der beim Entdecken der Survivors wegrannte und einen lauten Schrei ausstieß, um weitere Untotenhorden anzulocken. Der Schrei mutierte während der Entwicklung zum Erbrochenen des Boomers.

Gut ein halbes Jahr vor der Fertigstellung von Left 4 Dead erwarb Valve die Turtle Rock Studios. Nach eigener Aussage ebenfalls, um die bislang verschmähte Konsolenspieleentwicklung zukünftig besser vorantreiben zu können. Die Turtle Rock Studios hießen dadurch vorübergehend Valve South und ein Teil der Angestellten wurde nach Bellevue verlegt. Valve spendierte Left 4 Dead eine 10 Millionen Dollar Promotion-Kampagne, was zu mehr als 11.000.000 Verkäufen allein auf dem PC führte und 3,5 Millionen auf der Xbox 360. Die Magazine lobten im November 2008 besonders den Hohen Wiederspielwert und das süchtig machende Gameplay. Left 4 Dead bekam ein 89 Punkte Metacritic Rating und wurde mehrfach als beste Multiplayer-Game 2008 ausgezeichnet.

Nach der Eingliederung der meisten Turtle Rock Studios Mitarbeiter in die Firmenzentrale, schloss Valve das südlich gelegene Studio, da sich der Erhalt der externen Räume ihrer Meinung nach nicht lohnte. Während Valve somit den Franchise und viele Mitarbeiter von Turtle Rock besaß, eröffneten die ursprünglichen Gründer, Phil Robb und Chris Ashton, das Studio erneut. Sie entwickelten später weitere Shooter wie Evolve für THQ.

Im Licht der Öffentlichkeit war Valve an dem Punkt für zwei Dinge bekannt. Selbstverständlich abgesehen von qualitativ sehr hochwertigen Spielen. Zum Ersten überraschten sie die Spieler ständig mit neuen Spielprinzipien die niemand erwartete. Zum Zweiten Valves Terminierung. Fans und Kritiker hatten mittlerweile sogar den Begriff Valve Time geprägt, weil die Zeit bei Valve scheinbar anders verlief und sie sich nie an ihre eigenen Termine hielten. Als Gabe nach der Fertigstellung von Left 4 Dead seine Entwickler fragte, welches ihrer aktuellen Projekte am schnellsten fertig werden könnte, lautete die Antwort Left 4 Dead 2. Also konzentrierten sie sich darauf und Gabe kündigte es bereits ein halbes Jahr später für einen Release-Termin genau ein Jahr nach Left 4 Dead 1 an. Die Fans kamen zu dem Schluss, dass Valve demnach den Francise ausschlachten und nur möglichst schnell einen günstig produzierten Nachfolger zum Vollpreis raus hauen wollte. Weshalb Left 4 Dead Spieler auf Steam eine L4D2 Boycott Gruppe gründeten, die bereits am ersten Wochenende mehr als 10.000 Mitglieder hatte und einen Monat später 40.000.

Währenddessen war Valve bereits tief in der Entwicklung von Left 4 Dead 2. Im ersten Teil durchquerten die Survivor Pennsylvania, auf dem Weg nach Florida. Für Left 4 Dead 2 entstanden vier neue Survivor: Der Highschool Football Coach, die Mechanikerin Ellis, der pessimistische Spieler Nick und die lokale Reporterin Rochelle. Zusammen reisten sie, eine Woche nach den ersten Ereignissen, von Savannah Georgia nach New Orleans in Louisiana. Left 4 Dead 1 war mehr Survival Horror als Shooter gewesen. Das krempelte der Nachfolger genau um. Er wandelte sich von einem Arcade Titel zu einem Spiel für die Multiplayer Community. Während Left 4 Dead gänzlich bei Nacht spielte und dadurch deutlich mehr Stimmung aufbaute, fand nun der Tag Einzug. Ähnliches galt für die gute Charakterinteraktion des ersten Spiels, die deutlich Stimmung aufbaute. Wohingegen das Left 4 Dead 2 Quartett eine Hintergrundgeschichte bekam, die der Spieler hinterfragte. Aber wie bei Ego-Shootern üblich, glänzte Left 4 Dead 2 selbstverständlich mit mehr Waffen. Nahkampfwaffen wie Baseballschläger, Bratpfannen bis hin zur Kettensäge fanden Einzug und als neues Topping gab es einen Granatwerfer. Ebenso kamen zu den erneut fünf Kampagnen neue Spielmodi wie „Realism“ und die „Mutation“ Option hinzu. Die Variation wollte das Team ebenfalls auf das Gegnerspektrum ausweiten, doch sie waren bereits ans Speichermaximum der Xbox 360 gestoßen. Deshalb ließ sich Valve ein neues Verfahren für die Texturierung der Hauttypen, des Blutes und der Dreckspritzer einfallen, gepaart mit Kleidungsvariationen. So gelang es ihnen aus einem einzigen Zombietyp 24.000 unterschiedliche Varianten herauszukitzeln und gleichzeitig den Speicherverbrauch um 50% zu verringern. Das gab ihnen wiederum Gelegenheit ein verbessertes Schadensmodell zu erzeugen, was mehr Wunden an den Untoten widerspiegelte.

Gabe Newell versuchte den Boykott ihres neuen Spiels aggressiv zu bekämpfen. Er zeigte der Community, dass sie weiterhin Left 4 Dead 1 unterstützten, in dem sie DLCs dafür herausbrachten. U.a. eine Crossover-Kampagne mit dem Titel „The Passing“, in der sich die beiden Survivor Gruppen in Rayford trafen und gemeinsam eine Brücke wieder in Gang bringen mussten. Außerdem lud Gabe die beiden prominentesten Boykott-Rädelsführer zwei Monate vor dem Release zum Valve Hauptquartier ein und ließ sie sich eine eigene Meinung von Left 4 Dead 2 bilden. Der Trip zahlte sich aus. Das Duo stellte den Boykott ein und Left 4 Dead verkaufte bereits in den ersten zwei November Wochen 2009 mehr als zwei Millionen Exemplare. In den Folgejahren verdoppelten sich die Verkäufe beinahe gegenüber dem Vorgänger. Left 4 Dead 2 verkaufte über 19.000.000 Exemplare auf dem PC und mehr als 4.000.000 auf der Xbox 360.

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