Interplay Entertainment – Aus Wasteland entstanden und mit Fallout untergegangen

by Pandur

Trotz oder besonders wegen all dieser Problemen beschloss Interplay an die Börse zu gehen. Im Juni 1998 bot die Interplay Entertainment Corp. Anteile jedem an, der zu Kaufen bereit war. Sie hofften damit das dringend benötigtes Kapital zu bekommen. Doch ähnlich ihrer Spiele, verkauften sich die Aktien nicht so gut wie erhofft. Statt den angepeilten 8-10 Dollar, schloss der Markt mit 6 Dollar pro Anteil. Alles andere als das, was das Unternehmen brauchte.

Trotz diesem Fehlschlag folgten einige Lichtblicke und ebenso der größte Durchbruch der Firmengeschichte. Im September lieferte Interplay Fallout 2 von Black Isle Studios aus. Das Studio sollte nach dem Chaos der letzten Spiele mehr Ordnung in die interne Entwicklung bringen sollte. Black Isle würde später eine Reihe von erfolgreichen Rollenspielen raus bringen, die auf dem D&D Regelwerk basierten. Was das momentane Fallout 2 an ging, so war es ähnlich wie sein Vorgänger, nur deutlich umfangreicher, bösartiger und übersät mit Bugs. Mit 100.000 Exemplaren verkaufte es gerade mal 20.000 mehr als sein Vorgänger. Nicht genug, um Interplays Probleme zu lösen. Doch die Erlösung nahte …

BioWares erstes Spiel, Shattered Steel, war kein durchschlagender Erfolg, aber die Kanadier hatten aus ihren Fehlern gelernt und ein komplett anderes Spiel im Forgotten Realms Universum des D&D Regelwerks kreiert. Somit hoffte Interplay darauf, dass es sich besser verkaufen würde. Wie sich im November 1998 zeigte, wurde Baldur’s Gate zum gigantischen Franchise, den Interplay jemals hatte. Baldur’s Gate bestach durch interessanten Charakteren und einer fesselnden Geschichte, in einer frei zu erkundenden Welt. Die pausierbaren Echtzeitkämpfe sprachen sowohl die D&D Fans als auch ein vollkommen unbedarftes Publikum an. Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die beiden Doktoren aus Kanada hatten ein Meisterwerk geschaffen.
So merkwürdig es erscheinen mag, schmälerte es nicht Interplays Problem. Denn die komplexe Steuerung des Spiels ließ sich wieder nicht auf Spielekonsolen wie die Playstation übertragen. Zudem musste Interplay Linzenzgebühren an TSR abtreten und der größte Umsatzanteil ging selbstverständlich an die externen Entwickler von BioWare. So verzeichnete Interplay in dem Quartal erneut einen Verlust. Und von da aus war es eine einzige Talfahrt.

1999 wurde ein einziges Fiasko. Es begann mit schlechten Verkäufen von Descent 3 und Freespace 2. Höchstwahrscheinlich weil es ähnliche Spiele vom ehemals gleichen Studio waren, die ungünstigerweise im gleichen Zeitfenster veröffentlicht wurden. Zu allem Überfluss brachte Interplay auch noch den 3D Ego Shooter Kingpin: Life of Crime, sechs Wochen nach dem Amoklauf an der Columbine High School, heraus. Was dafür sorgte, dass die meisten Händler es gar nicht erst in die Regale stellten. Ferner hatte Interplay einige Projekte eingestellt und strukturierte Teile der Firma um, wodurch sie 1999 einen noch größeren Verlust als im Vorjahr vermeldeten.

Die Jahre vergingen mit ein paar erfolgreicheren Titeln wie Baldur’s Gate 2 und MDK2 von BioWare sowie Icewind Dale ihres In-House-Studios. Doch sie produzierten immer noch mehr Verlust-Titel als rentable. Damals war Messiah der Spitzenreiter dieser Kategorie. Ein Stealth-Shooter, in dem der Spieler das kleine waffenlose Engel-Baby Bob steuerte, das Besitz von über 40 Charakteren ergreifen konnte, von Polizisten bis hin zu Prostituierten. Was sich für manch einen vielleicht noch interessant anhörte, besiegelte für Interplay bereits Shinys bevorstehendes Schicksal.

1999 hatte die französische Firma Titus einen beträchtlichen Anteil an Interplay Aktien erworben. Was 2001 zu einem kontrollierenden Anteil anwuchs. Nun da Titus alle Entscheidungen traf und Geld in die Interplay Kasse pumpte, keimte die Hoffnung auf, es könnte sich bessern. Stattdessen war es der Anfang vom Ende.
Titus Gründer und CEO war Hervé Caen und als Titus in Kontrolle war, wurde er zum neuen Präsidenten von Interplay. Seine erste Tat bestand darin Interplays Vertrieb zu schließen. Von dem Punkt an waren sie nur noch ein Entwickler, mit Vivendi Universal als ihrem Vertrieb. Unglücklicherweise stieß das nicht auf viel Zuneigung bei Brian Fargo. Der im Januar 2002, nur wenige Monate nach der Übernahme, Interplay verließ. Er war von Entscheidungen ausgeschlossen worden und hatte kein Interesse daran, alles nur mit an zu sehen. Ins Exil verdrängt, gründete Brian Fargo ein neues Videospiele-Studio, was er treffenderweise inXile taufte.

Weiterhin entriss Herve Black Isle den Fallout Franchise und gab diesen an Micro Forte weiter. Obwohl sie zu dem Zeitpunkt kaum Erfahrung in der Industrie vorweisen konnten, gab Herve ihnen einen der größten Franchises Interplays. Doch das Ergebnis, Fallout Tactics, stand in keinem Vergleich zu seinen Vorgängern. Tatsächlich beschränkte es sich auf den Teil, der bei den Fans zuvor nicht ganz so gut angekommen war. Ein reines Strategiespiel, ohne den typischen Fallout Humor. Statt als Vault-Bewohner in Kalifornien, wurde der Spieler nun zu einem neuen Stählerne Bruderschaft Rekruten einschließlich Squad im mittlerer Westen der USA. Die zerbombten aber dennoch bewohnten Städte, wurden von Brotherhod of Steel Bunkern abgelöst, in denen der Spieler neue Ausrüstung kaufen konnte. Spieler erhielten Missionen aus den Bunkern, konnten sich dann ein Team zusammenstellen und dann von einer Ecke der Karte in die andere vorarbeiten. Es drängte die Geschichte aus dem Fenster und beschränkte sich nur aufs Kämpfen. Obwohl die Magazine es akzeptabel bewerteten, war es für die Käuferschicht uninteressant.

Interplay hatte die dicksten Stränge ihrer Vergangenheit durchtrennt, da war es wenig verblüffend, dass der Rest folgen sollte. Da die Firma immer noch dringend Geld brauchte, begann Herve damit Interplays IPs zu verkaufen. Als erstes war MDK Entwickler Shiny Entertainment dran, was für 47 Millionen Dollar an Infogrames ging. Zusammen mit den Rechten Spiele auf den Matrix Filmen entwickeln zu dürfen. Finanziell lohnte es sich, aber mit dem Verlust eines Studios.
Es folgte eine Klage ihrer Goldlegenden Wollmilchsau BioWare. Nun da Interplay kein Publisher mehr war, hatte Herve begonnen den Vertrieb anderen Unternehmen zu übergeben. Ohne BioWare gefragt zu haben. BioWare klagte deshalb und zusätzlich zusammen mit Parallax wegen nicht gezahlter Abgaben. Sie einigten sich außergerichtlich, doch Interplay gab damit die Rechte an BioWares nächstem Hit Neverwinter Nights ab.

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