Wie schlecht sich die Absatzzahlen von X-COM Interceptor entwickelten, war noch nicht vollständig absehbar, als Hasbro Interactive knapp zwei Monate später Microprose für 70 Millionen Dollar kaufte. David Ellis war zwischenzeitlich zum „X-COM Guru“ der Firma geworden. Nicht nur weil er seit Anfang an die Strategy Guides der Spiele schrieb, sondern mittlerweile ebenso die gesamte Hintergrundgeschichte des X-COM Universums festlegte. Woraufhin Chapel Hills Studioleiter ihn zum offiziellen Lore-Master des Franchises machte. Sämtlich Entscheidungen bzgl. X-COM Titeln wanderten fortan über Davids Schreibtisch.
Für David erschien die X-COM Zukunft mit Hasbro Interactive’s Akquirierung glamourös. Als Tochterfirma des Spielzeugriesen Hasbro entbrannten Diskussionen über X-COM Spielzeug, Comic-Bücher, Romane und Zeichentrickserien.
Tom Dusenberry, Hasbro Interactives Gründer, war ein Pionier des Internets. Er erwarb bereits 1995 die Domain games.com, um darüber Online-Games zu vermarkten. Vergleichsweise dachten andere Videospielentwickler erst ein oder zwei Jahre später darüber nach, ob sie auf den Internet-Hype aufspringen und eine „Homepage“ eröffnen sollten. In diesen noch relativ jungen Jahren des Internets feierte Hasbro Interactive Erfolge mit ihrer Em@il Games Reihe. Gewissermaßen einem Rundenbasierendem Spiel, bei dem jeder Zug per E-Mail übermittelt wurde. Sie erlangten erste Erfolge mit Em@il Games: Scrabble und legten dann Schach, NFL Football, Schiffe-versenken uvm. nach. Diese äußerst günstigen Spiele mit hunderttausenden Käufern, machten selbstverständlich auch vor einem ohnehin schon rundenbasierenden Spiel wie X-COM nicht halt.
X-COM: First Alien Invasion lässt sich am besten als eine „Lite“ Version der taktischen Begegnungen beschreiben. Ein Spieler übernahm die Rolle der Außerirdischen und der zweite die von X-COMs Soldaten auf dem selben Schlachtfeld. Jede Seite begann mit bis zu sechs Einheiten, wobei zwischendurch neue Einheiten auf dem Schlachtfeld erscheinen konnten. Der Spieler, der die Partie begann, durfte seine Seite wählen, seinen Nickname und die E-Mail-Adresse des Gegners festlegen. Letzterer bekam dann tatsächlich eine Benachrichtigung per E-Mail. Diese enthielt ebenfalls einen Download-Link des Clients, sollte er selbst kein X-COM: E-Mail Game besitzen. Damit machte er anschließend seinen Zug, der dann per Mail an den ersten Spieler zurückgeschickt wurde. Wie der Name bereits vermuten lässt, siedelte Microprose X-COM: First Alien Invasion geschichtlich kurz vor UFO: Enemy Unknown an. Quasi im Auftakt des ersten Alien Wars. First Alien Invasion lief für zwei Jahre erfolgreich auf Hasbro Interactives Servern. Bis schließlich Infogrames Microprose übernahm. Aber dazu später mehr.
Im Anschluss an X-COM: Interceptor stellte das Chapell Hil Studio zunächst Civilization II Multiplayer Gold fertig und blätterte dann, mit der Hasbro Interactive Übernahme, durch deren IP-Katalog. Wodurch vorübergehend Prototypen für eine Monopoly Neuauflage und ein The Simpsons Game entstanden. Weitere vier Monate später, begann David Ellis dann das Design für X-COM: Genesis zu verfassen. Gewissermaßen eine Neuauflage der ersten beiden Spiele, mit allem was sie großartig machte. Jedoch mit dem feinen Unterschied, dass die taktischen Kämpfe von Epic Megagames‘ Unreal Engine angetrieben wurden und ähnlich wie in Baldur’s Gate in Echtzeit mit Pause-Funktion abliefen. Dabei versuchte David sich weiterhin von dem X-COM Apocalypse Geschichtsstrang und dessen 50er Jahre Look zu distanzieren. Gleichzeitig wollte er aber auf dem Stand von UFO und Terror From The Deep aufbauen. Weshalb er X-COM Genesis nach Apocalypse ansiedelte. Die Einleitungssequenz des Spiels sollte die totale Zerstörung von Mega-Primus zeigen.
Julian Gollop erklärte die Errichtung von Mega-Primus damals, mit der Verschmutzung der Erde und dass der Menschheit quasi kein anderer Lebensraum mehr blieb, als diese selbsterhaltenden Megapolen zu konstruieren. David wandelte Julians Apocalypse Handlung in ein Ablenkungsmanöver der Aliens um, welches darum ging X-COM zu beschäftigen, während sie die eigentliche Invasion der Erde vorbereiteten. Im Verlauf der Genesis Handlung hätte der Spieler aufgedeckt, dass die Außerirdischen die Erde für ihre Bedürfnisse terraformten. Wäre er siegreich aus dem Spiel hervorgegangen, hätte er den Terraforming Prozess umgekehrt und dadurch eine makellose Erde wiederhergestellt. Was der Hauptgrund für den „Genesis“ Titel war.
Das Spiel hätte sämtliche Mechaniken der ersten beiden Titel aufgegriffen, von der Geoscape, über den Basenbau bis hin zu den taktischen Einsätzen. Wobei der Spieler von der Sternenfähre Tranquility im Orbit der Erde aus agiert hätte und im Verlauf der Story drei weitere Sternenfähren aus dem vorangegangenen Krieg hätte restaurieren können. Von dort aus wäre X-COM zu Land und Wasser Missionen aufgebrochen. Wofür David sowohl UFO Aliens wie Ethereals, Sectoids oder Mutons als auf TFTD Kreaturen wie Aquatoids, Tasoths und Hallucinoids vorgesehen hatte. Aufgrund der neuen Klassen, die X-COM Alliance parallel einführte, hätten sich unzählige Feinde ebenfalls in Grunts, Elites und Leader unterteilt. Ebenso hätte Genesis die verrückten außerirdischen Pflanzen der ersten drei Spiele als Feinde eingebunden. Zu ihrer Bekämpfung hätte das Spiel tragbare Versionen der Interceptor Waffen und unzählige neue umfasst. Zum Schutz der Soldaten hätten ebenso sechs neue Rüstungstypen zur Verfügung gestanden. Unter anderem eine Stealth Armor, die auf den neuen unsichtbaren Stalker Attentätern basierten und Rüstungen, die ihre Träger gegen psionische Angriffe immunisierten.
Bedauerlicherweise kam es nie dazu. Denn am 7. Dezember 1999, sechs Monate nach Projektbeginn, verkündete Tony Parks, Hasbro Interactives Vizepräsident, der Chapel Hill Belegschaft die Schließung des Studios. An dem Tag verloren 2.200 Hasbro Interactive Angestellte ihre Jobs. Neben Chapel Hill schloss Hasbro ebenso das ursprüngliche Spectrum HoloByte Studio in Alameda, Kalifornien. Der Konzern tat das, um Verluste abzuschreiben. Was bedeutete, damit die Abschreibung gelang, durfte der Game Code, die Artworks und alles andere von X-COM Genesis nicht weiterverwendet werden.