Während sich die Spiele im folgenden Jahr auf zehn verschiedenen Plattformen verbreiteten und Kawasaki den ersten Prototypen seines Multi Video Systems entwarf, produzierte der SNK Home Entertainment Arm mit Baseball Stars eines der erfolgreichsten NES Spiele überhaupt. Baseball wurde 1989 in Japan zu einer Art Volkssport. Weshalb SNK es in beiden Länder wie geschnitten Brot verkaufte und in den Folgejahren stolze fünf Nachfolger produzierte. Das zweite Spiel Crystalis (God Slayer in Japan) verärgerte Nintendo so richtig. Denn es war wie deren kurz zuvor erschienenes The Legend of Zelda nur mit größerer Oberwelt, atemberaubenden Zwischensequenzen und einem düsteren Theme fürs erwachsene Publikum. Nintendo startete nach dem Crystalis Release eine zweite Werbekampagne für Zelda, um SNKs Rollenspiel von ihrer Konsole zu verdrängen.
Dem folgte 1989 endlich der Release von SNKs Neo Geo Multi Video System für die Spielhallen. Neo Geo bedeutete „neue Grenzen“ auf Latein. Es war ein Spielautomat mit einem Fach unten, wo bis zu sechs verschiedene Module eingesteckt werden konnten. Auf diese Weise waren die Spielhallenbetreiber innerhalb von ca. zehn Minuten in der Lage, den Automaten neu zu bekleben und das Spiel auszutauschen, ohne ständig gänzlich neue Automaten kaufen zu müssen. Dank unangefochtener Prozessorleistung im Automaten und dedizierten Chips für Sprite-Skalierung sowie Soundeffekte war das MVS ein unschlagbares System. Gleichzeitig halbierte es die Anschaffungskosten. Was dazu führte, dass nicht nur die Spielhallenbetreiber es liebten, sondern die Neo Geo Automaten auch Einzug in Supermärkte und andere kleine Läden fanden. Die ersten vier Spiele waren Baseball Stars Professional, Magician Lord, Nam 75 und Top Players Golf.
Im selben Jahr brachte Sega ihre 16-Bit Konsole, das Mega Drive, heraus. Von der sie behaupteten, sie würde die Spielhallenerfahrung ins Wohnzimmer bringen. Kawasaki nahm diesen Werbespruch anders auf, als die Meisten. Er begann die Entwicklung einer Neo Geo Spielkonsole, dem Neo Geo Advanced Entertainment System. Es sollte die gleiche Leistung wie die Spielautomaten bieten und ebenso die Module verarbeiten. Ohne jegliche Abstriche. Die 2kg Konsole erhielt zwei massive Controller von 30×20 cm Umfang. Ihre Prozessorleistung sollte erst viele Jahre später von Sonys Playstation geschlagen werden. Zudem bot das Neo Geo als erste Konsole ein Speicherkartensystem auf PCMCIA Basis, worauf Spielstände und Highscores abgelegt werden konnten. Der Spieler konnte auf diese Weise sogar seine High-Score aus der Spielhalle mit nach Hause nehmen. Kawasakis Geschäftsidee dahinter war, dass Hotels und Videotheken es zum Verleih bei ihm kaufen sollten. Doch schon kurz nach der Ankündigung riefen unzählige begeisterte japanische Gamer bei SNK an, die die Konsole bestellen wollten. Das wohlgemerkt bei einem extrem hohen Preis von damals 599 Dollar für die Konsole inklusive zwei Spielen. Als das Neo Geo AES letztlich 1991 erschien, kostete es 399 US Dollar, doppelt so viel wie die üblichen Spielkonsolen und jedes Spiel zwischen 200 und 300 Dollar. Was bis zu zehn Mal so viel wie bei einem Mega Drive Modul war. Der utopisch hohe Preis lag in der großen Speicherkapazität der Module begründet. Während die Mega Drive Module maximal 32 Mbit und das ebenfalls 1991 erschiene Super Nintendo ein Maximum von 72 Mbit boten, kamen Neo Geo Module auf bis zu 716 Mbit! Wobei die tatsächlich zunächst ausgelieferten Module von Nintendo sowie Sega bei 16 Megabits lagen und die des Neo Geo bei 72. Weshalb SNK es mit dem Werbeslogan „Bigger, Badder, Better” vertrieb. Das Neo Geo AES wurde der Cadillac unter den Spielkonsolen, den sich nur das wohlhabende erwachsene Publikum leisten konnte.
Im April des selben Jahres brachte Capcom einen Spielautomat heraus, der ihre Firma für immer absichern sollte und gleichzeitig ein unvergleichliches Kräftemessen zwischen SNK und Capcom auslöste. Street Fighter II: The World Warrior erreichte einen ähnlichen Ruhm wie Space Invaders 13 Jahre zuvor. Begeisterte Spieler auf der ganzen Welt ließen ihr SNES und Mega Drive in der Ecke liegen und stürmten wieder in die Spielhallen.
Das erste Street Fighter Spiel war bereits 1987 durch Takashi Nishiyama und Hiroshi Matsumoto entstanden. Takashi hatte Special-Moves wie Ryus „Hadouken“ Energiegeschoss kreiert. Nach dem Erfolg von Street Fighter hatte Kawasaki ihn von Capcom abgeworben und so einen Großteil des ursprünglichen Street Fighter Entwicklerteams bekommen. Takashis nächstes Beat’em’up Fatal Fury: King of Fighters war somit der eigentliche Street Fighter Nachfolger und entstand bei SNK. Takashis Idee für Street Fighter I war es gewesen, die Prügelei mit einer Film ähnlichen Geschichte zu verbinden. Was er in Fatal Fury weiter verfolgte und die Hintergrundgeschichten der Charaktere besser polierte. Die Fatal Fury Story drehte sich um den Crime Boss Geese Howard, der, zehn Jahre vor den Ereignissen des Spiels, seinen Rivalen Jeff Bogard umgebracht hatte. Jeffs adoptierte Söhne Terry und Andy traten zusammen mit ihrem Freund Joe Higashi im „King of Fighters“ Turnier an, um sich an ihm zu rächen. Takashi legte bei Fatal Fury zudem einen größeren Wert auf Special Moves, etwas das er in Street Fighter 1 bereits realisierte, indem der Automat sechs Buttons bekam. Capcom’s Street Fighter II konzentrierte sich hingegen hauptsächlich auf Combos. Ein weiterer großer Unterschied zwischen den beiden Beat’em’ups war, dass Fatal Furys Arenen zwei Ebenen boten, zwischen denen die Spieler hin und herwechseln konnten. Zudem gab es nach zwei gewonnen Matches des Einzelspieler-Turniers ein Armdrücken Minispiel.
Während der Street Fighter II Automat bereits im April 1991 erschien und Fatal Fury erst im November, war SNK Capcom auf den Spielkonsolen einen Schritt voraus. Denn Capcom würde 18 Monate brauchen, um ihr Spiel auf Nintendos SNES zu portieren, während SNK die Neo Geo Module für das AES bereits im Dezember 1991 auslieferte. So wurde Fatal Fury mit einem Preis von 250$ pro Exemplar der erste Hit der Neo Geo Spielkonsole. SNK verkaufte allein in den USA innerhalb des ersten Jahres 50.000 Module. Fatal Fury machte das Neo Geo AES zu DER Konsole für 2D Kampfsportspiele. Was den Massenmarkt anging, überschattete Capcoms Street Fighter II Release es mit mehreren Millionen Verkäufen allein auf dem Super Nintendo jedoch bei weitem.
SNK konterte mit einer zweiten Beat’em’up Reihe: Art of Fighting. Es bot deutlich größere Charaktere und setzte Neo Geos Bitmap-Skalierungstechnik ein, um erstmalig in einem Prügelspiel näher an die Charaktere zu zoomen, wenn sie aufeinander zu kamen und bei Abstand wieder raus zu fahren. Art of Fighting steuerte dem Genre außerdem die „Spirit Gauge“ unter dem Trefferpunkte-Balken bei. Wann immer der Charakter einen Spezialangriff einsetzte, verbrauchte das Spirit und dadurch wurden folgende Special-Attacks schwächer. Die Spieler konnten sich zudem gegenseitig durch Verspotten Spirit absaugen. Damit endete die Art-of-Fightings-Feature-Liste jedoch noch nicht. Ging die Gesundheit des Spielers dem Ende entgegen, sodass der Balken anfing zu blinken, konnte er besonders starke Verzweiflungsangriffe ausüben. Ebenso neu waren die Super Special Attacks oder auch Death Blows, welche der Spielercharakter im Verlauf der Geschichte gesondert erlernte. Art of Fighting wurde das erste Neo Geo Modul, das die 100 Mbit Grenze überschritt und damit als neues Werbemittel das „100-Mega-Shock“ Logo erhielt.