Flight of the Amazon Queen – Das Australische Dschungelabenteuer

by Pandur

John und Steve analysierten The Secret of Monkey Island bis ins kleinste Detail. Sie bauten in ihrem Amazonas Abenteuer eine erweiterte Version vom letzten Akt, also Monkey Island, nach. Inklusive eines Eingeborenen Stammes, Brauen eines Zaubertranks und einem mumifiziertem Kopf mit blauem Bart. Das Duo reverse engineerte quasi das Spiel. Zusammen zeichneten sie Karten, der geplanten Locations, dann verteilte John darauf Rechtecke für den begehbaren Bereich und Steve fing an die Hintergründe zu gestalten. Die Rechtecke halfen John dabei ein Pathfinding zu programmieren. Wann immer der Spieler in den Bildschirm klickte, suchte sich das Spiel das nächstgelegene Rechteck und manövrierte die Spielfigur dort hin. Im letzten Schritt entwarf Steve ein oder zwei zusätzliche Ebenen, welche die Spielfiguren überlagerten. Wie z.B. das Fass und die Theke in Trader Bobs Laden. Trader Bob war im Übrigen eine Zeichentrick-Repräsentation ihres Freundes und Comic-Shop-Besitzers John Barry. Viele Charaktere des Spiels entstanden auf diese Art. Häufig zeichnete Steve einfach ein Lineup an Figuren und sie überlegten sich anschließend, wie sie diese einsetzen konnten. Für Protagonist Joe King orientierte sich Steve damals an Charlie Sheen und der Gorilla, welcher sich auflöste, wenn man ihm sagte, dass es im Amazonas keine Gorilla gab, stammte aus der britischen Show Mr. Blobby. Eine ähnliche Referenz war der Film The Boys from Brazil. In dem Nazis einen Klon von Adolf Hitler heranzüchteten. Dieser Gedanke füllte die gesamte Bösewichtpalette des Spiels. Für das Interface von Flight of the Amazon Queen übernahmen die beiden größtenteils Lucasfilms Vorgaben. Der untere Bildschirmrand teilte sich in ein grafisches Inventar rechts und die typischen Verben links auf. Nur das sie „Drücke“ und „Ziehe“ zu „Bewege“ vereinten und jede Tätigkeit als antike Steinplatte symbolisierten. Auch wenn Johns Programmierung kein ausgefeiltes Plattform-übergreifendes-Scripting-System wie SCUMM zur Verfügung stand, dachte er sich zumindest ein ähnliches Synonym für sein Werk aus: John And Steve’s Programmable Adventure Resource, kurz JASPAR.

Halloween Harry näherte sich 1993 der Fertigstellung. Die Lage der australischen Videospiel-Publisher hatte sich trotz der zehn vergangenen Jahre kaum gebessert. Selbst der amerikanische Branchenriese Electronic Arts unterhielt Anfang der 90er lediglich ein kleines Büro auf dem Kontinent. Interactive Binary Illusions einzige Vertriebsmöglichkeit schien in Manaccom zu liegen. Einem lokalen Wiederverkäufer, der hauptsächlich Shareware anbot und von 1993 an als ersten großes Studio, Spiele von Epic Megagames anbot. Dank ihrem Fokus auf Shareware verkaufte Mannacom auch sehr viele Apogee Produkte an. Wodurch Manaccoms Ian Mackay John mit Scott Miller bekannt machte und dieser einwilligte Halloween Harry in den USA zu vertreiben. Auch wenn Scott den Namen als zu Saisonelle ansah und sie diesen in Alien Carnage ändern mussten, spülte der Vertrag zumindest etwas Geld in die Kasse. Außerdem befreite es Tony Ball von seiner Programmieraufgabe und gab ihm Zeit parallel eine PC Version von Flight of the Amazon Queen in C zu schreiben.

Für den Vertrieb ihres Point-and-Click Adventures strebte die Truppe aber einen Vertrag mit einem echten Publisher an. Denn sie brauchten dringend einen Entwicklungsvorschuss, den ihnen Scott Miller nicht geben konnte. Deshalb wendeten sie sich an Electronic Arts lokales Büro. Wie Publisher nun mal sind, oder damals zumindest waren, sagten sie nicht nein. Sie versuchen Interessenten stets hinzuhalten. Naiv wie John damals war, reichte ihm diese quasi Nicht-Absage ein halbes Jahr lang aus. Zumindest bis er einen Anruf vom EA Büro bekam, dass einer von deren US Chefs einfliegen würde. An dem Tag bauten John und Steve in EAs Büro einen PC mit Halloween Harry und einen Amiga mit ihrem Flight of the Amazon Queen Prototypen auf. In einer 10-Minuten-Aktion kam besagter Senior Vice President herein, warf einen Blick auf ihr Platform-Spiel und schnaubte: „Das ist das falsche Spiel für einen PC. Arcade Games verkaufen sich da nicht“. Dann fuhr er mit seiner Inspektion von Flight of the Amazon Queen fort und äußerte ähnliche Bedenken: „Das ist das falsche System. Das Spiel sollte auf einem PC laufen.“ Anschließend fuhr er mit einer Tirade darüber fort, dass jedes Adventure, was nicht von Lucasfilm kam, 100 mal besser sein müsste. Für John und Steve brach eine Welt zusammen. Aber da sie gerne alles parodierten, verewigten sie besagtes Electronic Arts Oberhaupt als fetten Hotelpagen in ihrem Spiel.

John durchforstete in Folge der Präsentation sämtliche Spielemagazine nach Publishern auf der ganzen Welt, kopierte ihren Prototypen auf Diskette und versah diese mit einem kurzen Begleitschreiben. Es vergingen wenige Wochen, dann meldeten sich tatsächlich ein paar per Mail oder Fax zurück und bekundeten ähnliches Interesse wie anfänglich EA. Das eigentliche Wunder kam jedoch durch einen Anruf von Eric Matthews, einem der Bitmap Brothers. Die Bitmaps hatten kurz zuvor Renegade Software gegründet, um ihr eigenes Gods sowie Magic Pockets und Sensible Softwares Fußballspiele zu vertreiben. Für John waren die Bitmap Brothers die Rockstars der Videospiele und von ihnen gepublished zu werden ein Traum. Steve und er flogen kurz darauf zur Sommer CES 93 in Chicago, trafen sich dort mit Eric und unterzeichneten den Vertrag.

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