id Software – John Carmack und John Romero – Leichen pflasterten ihren Weg

by Pandur

Softdisk war ein Unternehmen, was heute etwas schwerer vorstellbar ist. In der Pre-Internet-Ära, als die ersten Bulletin Board Systeme aufkamen, hatte Softdisk eine kostengünstige Alternative dazu geboten. Durch eine monatliche Gebühr von 9,95$, erhielten Abonnenten von Softdisk jeden Monat eine Diskette mit Geschäftssoftware. Bis 1987 war dieses System auf 100.000 Abonnenten angewachsen. Ihr Geschäftsführer Al Vekovius, ein ehemaliger Mathematik Professor, führte dadurch zwischenzeitlich ein 12 Millionen Dollar Geschäft mit 120 Angestellten. John Romero wurde einer von ihnen. Er stach jedoch schon nach relativ kurzer Zeit durch seine exzellente Programmierung und schnelle Auffassungsgabe heraus, verbrachte dadurch viel Arbeitszeit damit die Probleme seiner Kollegen zu lösen und war vom Job angeödet. So drohte John Romero eines Tages seinem Chef Al, die Firma für LucasArts zu verlassen, wenn er nicht Spiele entwickeln dürfte. Die Drohung führte zur Gründung von Gamer’s Edge. Einer Softdisk Spiele-Abteilung, die alle zwei Monate ein Spiel veröffentlichen sollte, für das sich John Romero ein kleines Team zusammensuchen durfte. Romeros Wahl fiel auf Tom Hall, der schon ein Jahr länger bei Softdisk war und in seiner Freizeit „Legend of the Star Axe“ programmiert hatte, eine Mischung aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ und Star Wars. Bei seiner Suche in der Firma erzählte ihm Jay, mit dem Romero zu Softdisk gekommen war, von einem Spiele-Wunderkind, das zufällig für ein Vorstellungsgespräch auf dem Weg zu Softdisk sei. Geschäftsführer Al gefiel die Einstellung des 19-jährigen Carmacks gar nicht, aber Romero und er konnten gar nicht mehr aufhören über die gleichen Erfahrungen bei der Spieleprogrammierung zu reden, die sie unabhängig voneinander gemacht hatten. Al spendierte ihnen die neusten und schnellsten 386er PCs und die beiden überraschten ihn bereits nach wenigen Tagen, weil sie zwei Spiele im ersten Monat und nicht eins alle zwei Monate herausbringen wollten. Carmack war mit seinem dritten Spiel der RPG-Trilogie, The Catacomb, fertig und Romero hatte Dangerous Dave programmiert. Es war ein simples Jump’n’Run, bei dem der Spieler durch Räume springen und Schätze einsammeln musste, ohne dabei zu sterben.

Obwohl John Romero ebenfalls gut zeichnen konnte, brauchte das Team einen richtigen Künstler. Sie fanden ihn in Form von Adrian Carmack. Trotz des gleichen Nachnamens hatte Adrian keinerlei familiäre Beziehung zu John. Er war in Shreveport aufgewachsen, hatte das örtliche Art College besucht und war anschließend im Art Department von Softdisk gelandet. Dieses vierköpfige Team, bestehend aus den beiden Johns, Adrian und Tom, sollte in den nächsten Jahren die PC-Spiele-Industrie revolutionieren. Der Anfang davon begann genau an dem Punkt. Für die zweite Ausgabe von Gamer’s Edge experimentierte John Carmack zur Zeit von CGA und EGA Grafikkarten mit Scrolling. In den Spielhallen war es etwas vollkommen normales. Genauso auf Commodores C64 und Amiga Heim-Computern. Aber auf den PCs, die überhaupt nicht für Spiele konstruiert gewesen waren, hatte es noch keiner flüssig reproduziert. John Carmack gelang diese eines Nachts im September 1990. Er hatte eine Methode gefunden tausende animierte Pixel seitlich über den Bildschirm scrollen zu lassen, ohne das der PC alles komplett neu zeichnen musste und dadurch in die Knie ging. Zusammen mit Tom hatte er daraus einen kleinen Dangerous Dave 2 Demo-Level gemacht und Romero auf den Schreibtisch gelegt. Als dieser am nächsten Morgen ins Büro kam, haute ihn das Ergebnis um. Dem Quartett war direkt klar, dass sie auf Gold gestoßen waren und sie sahen überhaupt nicht ein, es mit Softdisk zu teilen. Sie heckten einen perfiden Plan aus, der sie reich machen sollte. Statt Überstunden für Softdisk zu schieben, nahmen die vier eines Freitagsabend die komplette Hardware des Büros mit und bauten bis zum Montag Morgen damit eine PC Version von Super Mario Brothers 3 nach, von dem Nintendo gerade 17 Millionen Exemplare verkauft hatte. Sie erwarteten Millionen, als sie die Demo Nintendo zuschickten, doch sie erhielten lediglich eine Absage. Nintendo hatte kein Interesse auf den PC Markt vorzudringen. Sie waren mit ihrem Konsolen-Erfolg zufrieden und hatten somit keinerlei Verwendung für die vier.

Kurze Zeit später machte John Romero eine erschreckende Entdeckung. Er hatte im Verlauf der letzten Monate Fanpost erhalten. Die Fans bewunderten ihn offenbar und stellten alle möglichen Fragen, die Romero jedoch unbeantwortet ließ. Dann lass Romero in der aktuellen Ausgabe von PC Games zufällig einen Artikel über den 29-jährigen Scott Miller, der seine eigenen Spiele vermarktete. Was Romero an dem Artikel aufstieß, war die Adresse: 4206 Mayflower Drive, Garland, Texas. Es war die gleiche Adresse wie auf seiner gesamten Fanpost! Ständig wechselnde Namen, aber immer die gleiche Absenderadresse. Extrem aufgebracht rief Romero bei diesem Scott an, um ihn zu fragen, was für ein krankes Schwein er sei! Im folgenden Telefonat stellte sich heraus, dass Scott Miller einen Weg gesucht hatte, unauffällig mit Romero in Kontakt zu treten, um seine Spiele zu vermarkten. Scott hatte durch den Vertrieb von Shareware bereit 150.000$ verdient und wollte das Konzept ausweiten. Da der normale Shareware-Ansatz bei Spielen jedoch nicht fruchtete, war Scotts Idee nur einen Drittel des Spiels als Shareware-Demo heraus zu geben und die anderen zwei Drittel zu verkaufen. Da auf diesem Wege außerdem teure Verpackungen und Handbücher wegfielen, war jedes verkaufte Spiel nahezu Reingewinn. So geschah es, dass John Romero Scott Miller ihre Super Mario Bros 3 Demo schickte und der es mit einer Vorauszahlung von 2.000$ beantwortet. Dafür sollten das Team bis zum zwei Monate entfernten Weihnachtsgeschäft ein ähnliches fertiges Spiel programmieren. So entwarf Die Gamer’s Edge Gruppe tagsüber normale Spiele für Softdisk und Nachts ihr eigenes fortschrittlicheres Spiel: Commander Keen. Carmack und Romero waren die Programmierer und Tom der leitenden Designer, der sich Spielelemente, Geschichte, Charaktere und Waffen ausdachte. Am 14. Dezember 1990 war es fertig und Scott stellte es pünktlich zum Weihnachtsgeschäft für 30$ zum Verkauf bereit. Vor dem Spiel setzte Scotts Firma, Apogee, ca. 7.000$ mit Shareware um, zu diesem Weihnachtsgeschäft wurden es 30.000$ und der erste Scheck für das Gamer’s Edge Team belief sich auf 10.500$. Im Verlauf der kommenden Monate würden diese Schecks ihnen weitere 15-20.000$ monatlich einbringen.

Ihr Chef Al Vekovius und sein Softdisk Imperium hatten von all dem keine Ahnung. Die neusten Spiele Catacomb II und Shadow Knights generierten genügend Umsatz. Es zahlten bereits 3.000 Abonnenten 69.96$ pro Jahr für die Gamer’s Edge Spiele. So kam es für Al sehr überraschend, als seine komplette Spiele-Abteilung im Januar 1991 kündigen wollte. Aber Al war ein gewiefter Geschäftsmann. Er machte ihnen direkt den Vorschlag zusammen eine Firma zu gründen, bei der sie den Gewinn teilten und Al den Vertrieb sowie rechtliche Belange übernahm. Besser konnte es gar nicht laufen, also stimmte die Gamer’s Edge Gruppe zu. Doch überheblich wie die John’s waren, posaunten sie ihren Special-Deal unter der gesamten Belegschaft herum, was zu einer Meuterei bei Softdisk führte und in einem Rechtsstreit mit dem Gamer’s Edge Team resultierte. So begab es sich, dass der 20-jähre John Carmack und der 23-jährige John Romero zusammen mit Adrian Carmack und Tom Hall im Februar 1991 in demand Software gründeten, aber verpflichtet waren weiterhin monatlich Spiele für Softdisk zu programmieren. Dabei kamen Titel wie Rescue Rover oder Dangerous Dave in the Haunted Mansion zu Stande.

Während die anderen Carmacks Scrolling Routinen für weitere Spiele nutzten, hatte Engine-John ein neues Ziel. Einige Monate zuvor hatte Origin Wing Commander herausgebracht. Ein Weltraum-Kampfsimulator, den das gesamte Team mit Begeisterung gespielt hatte. John Carmack wollte diese schnelle 3D Action auf eines ihrer zahlreichen Labyrinth-Spiele anwenden. So begann Carmack seine erste 3D-Engine zu programmieren. Obwohl der PC dafür die beste Wahl zu sein schien, waren die damaligen PCs noch immer zu langsam für schnelle Action. Es mussten einfach zu viele Oberflächen berechnet werden. Deshalb konzentrierte er sich nur auf die Berechnung von Wänden und ließ Decken einfach weg. Nachdem die Engine flüssig lief, fehlten nur noch Charaktere in der 3D-Welt. Dafür bedient er sich wie bei Wing Commander an simplen Sprites, die auf Basis der Entfernung skaliert wurden. Nach sechs Wochen Programmierung präsentierte Engine-John seine Kreation dem restlichen Team, was vom Ergebnis erneut umgehauen wurde. Sie dachten sich eine futuristische Welt aus, in welcher der Spieler mit einem Schwebe-Panzer durch die Gegend fuhr und Menschen vor der nuklearen Apokalypse rettete. Im April 1991 wurde Softdisks Hovertank der Grundstein für das neue First-Person-Shooter-Genre.

You may also like

Cookies sind für die korrekte Funktionsweise einer Website wichtig. Wir verwenden diese zur Personalisierung von Inhalten und Anzeigen, zur Einbindung von sozialen Medien sowie für Zugriffsanalysen auf unsere Website. Mit der Nutzung unserer Dienste erklärt ihr euch damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Klickt auf "Ich stimme zu" um dies zu akzeptieren oder lest "Datenschutzeinstellungen" zu den von uns verwendeten Arten von Cookies. Ich stimme zu Datenschutzeinstellungen