id Software – John Carmack und John Romero – Leichen pflasterten ihren Weg

by Pandur

Parallel setzte id Software die Commander Keen Reihe mit einer zweiten Trilogie für Apogee fort, für die John Romero ähnlich zufällig wie bei Scott eine Art Betatester engagiert hatte. Der Kanadier Mark Rein hatte sich im Laufe der Zeit als derart großer Commander Keen Fan herausgestellt, dass Romero ihm einfach die erste Beta-Version zugeschickt hatte und daraufhin eine detaillierte Bug-Liste zurück bekam. Als Mark für einen Besuch bei id vorbei kam, stellte er sich nicht nur als Gamer heraus, sondern ebenso als Geschäftsmann. Er wollte id Softwares Spiele vertreiben. Carmack hatte keinerlei Interesse sich einer großen Firma zu unterwerfen, aber Romero überzeugte ihn die drei nächsten Spiele, Commander Keen eingeschlossen, parallel zum Shareware-Weg von Apogee ebenfalls als Vollversion über Marks Vertriebsfirma FormGen zu publizieren. Apogee Chef, Scott Miller, war selbstverständlich alles andere als erfreut über die Nachricht. Aber was sollte er schon groß machen?

John Carmack war nie wirklich ein Gamer gewesen. Schon bei den D&D Sessions hatte er immer die Rolle des Spielleiters angenommen, weil ihn die Erschaffung der Abenteurer begeisterte, nicht das Spielen. Genauso verhielt es sich mit den Computerspielen selbst. John Romero war das genaue Gegenteil, er verstand den Quellcode und gestaltete damit Spiele, weil er wusste was Spaß machte. Deshalb beschäftigte er sich auch viel mit Werken anderer Firmen. Die neuste Entwicklung, von der Romero gehört hatte, war „Texture Mapping“. Ein Prozess bei dem Texturen auf dreidimensionale Objekte gelegt wurden, statt einfach nur eintönige Flächen zu produzieren. Er rief bei Paul Neurath von Looking Glass Technologies an, um sich die Technik von den Veteranen auf dem Gebiet erklären zu lassen. Romero schilderte es wiederum Carmack und der begann seine Hovertank-Engine umzuschreiben. Das Ergebnis wurde Catacomb 3D, was farblich variierende Ziegelsteinwände bekam und in dem der Spieler Feuerballschleudernd durch ein Labyrinth hastete. Es erschien über Softdisk sechs Monate vor Looking Glass‘ Ultima Underworld. Catacomb 3D war technisch bei weitem nicht so ausgereift wie die Rollenspielkonkurrenz, aber ein erster Schritt im kommenden 3D Wettkampf der beiden Firmen.

Mit der aktuellen Softdisk Verpflichtung aus dem Weg, brainstormten das Team ihr nächstes Spiel für Apogee. Nach Diskussionen über Adaptionen wie John Carpenters The Thing und anderen Horrorstreifen, kam Romero die Idee seinen Kindheitsliebling Castle Wolfenstein in 3D zu realisieren. Etwas mit dem sich Carmack und Tom sofort identifizieren konnten, denn als Hardcore-Apple-2-Gamer hatten sie es damals ebenfalls mit Begeisterung gespielt und verstanden Romeros Vision augenblicklich. Ein Labyrinth-basierender-Shooter, in dem der Spieler Nazis bekämpfte und Hitler aus dem Weg räumte. Im Original Wolfenstein konnte der Spieler die Leichen der toten Soldaten durchsuchen, das wollten sie in ihrem Wolfenstein 3D auch!

Romero rief bei Silas Warner, dem Erfinder des eigentlichen Wolfenstein an und holte sich die Erlaubnis. Romero erinnerte sich an seine Comic zurück. All die verrückten Ideen, die er früher über seinen gewalttätigen Stiefvater gehabt und in seinen Comics verarbeitet hatte, flossen in Wolfenstein 3D. Adrian recherchierte einige Elemente aus dem zweiten Weltkrieg und kam dabei auf Wachhunde. Deutsche Schäferhunde, die sich dem Spieler ebenfalls in den Weg stellen sollten. Zusammen mit Romeros durchgeknallten Fantasien wurden daraus äußerst blutige Todesanimationen für sämtliche Feinde. Da der Spieler ständig Gesundheit verlieren und irgendwann etwas zum Regenerieren brauchen würde, kam Tom auf Gesundheitsgegenstände in Form von Stilechtem Hundefutter.
Apogee hatte id Software 100.000$ für Wolfenstein 3D garantiert, aber den Jungs reichte das nicht. Sie waren überzeugt da etwas ganz großes zu entwickeln, also wollten sie es auch den großen vorschlagen. So gingen sie mit ihrer ersten Demo von Wolfenstein 3D zu Sierra-Online, die mittlerweile 1 Milliarde Dollar mit Videospielen umsetzten. Ken und Roberta Williams sahen sich die Demo an und boten id 2,5 Millionen Dollar für das Spiel. Da dachten sich die id Jungs, wenn es so viel Wert wäre, könnten sie nach einem Vorschuss von 100.000$ fragen. Im den Moment lehnte Sierra-Online den Deal ab.
Zur gleichen Zeit kontaktierte Mark Rein von FormGen, Scott Miller von Apogee, die sich gewissermaßen die Vertriebsrechte von id’s Spielen teilen mussten. Mark äußerte Bedenken, dass das ganze Blut zusammen mit dem zweite Weltkriegsthema zu viele Käufer abschrecken würde. Scott fiel daraufhin die Aufgabe zu das Romero zu vermitteln. Doch bei Romero an Vernunft zu appellieren, war vergebene Liebesmüh. Die Argumentation resultierte im genauen Gegenteil. Wolfenstein 3D bekam zusätzliche Skelette an Ketten und Leichen die von den Zellendecken hingen. Zudem wurden Blut und Gedärme zufällig in den Leveln verteilt und sie implementierten eine Death-Cam, welche in bester Snuff-Film-Manier den Tod der Endgegner noch mal hervorhob. Romero wollte sogar eine Funktion einbauen, damit der Spieler auf Leichen urinieren konnte.
Am 5. Mai 1992 luden sie die Shareware Version von Wolfenstein 3D in die id BBS hoch. Die Entwicklung des Spiels hatte sie rund 26.000$ gekostet. Schon im ersten Monat erhielten sie 100.000$. Wolfenstein 3D wurde zu einer Untergrund-Sensation, bevor die Presse überhaupt davon Wind bekam. Spieler riefen an, weil sie es so grandios fanden, andere weil sie davon kotzen mussten.

Der Erfolg von Wolfenstein hatte bei id zahlreiche Folgen. Abgesehen von Gehaltserhöhungen für alle zogen die vier nach Dallas Texas in den Town East Tower mit echten Büroräume um. Zuvor hatten sie lediglich in einer Holzhütte und einem Apartment in Shrevport und Madison gehaust. Dort stellten sie ebenfalls neue Mitarbeiter ein, die sie erneut Softdisk abwarben. Kevin Cloud wurde Designer und Jay Wilbur Geschäftsführer von id, ein Aufgabenzweige dem sich keiner der Programmierer gerne widmen wollte. Zusätzlich ließ Scott Apogee Programmierer zukünftig die Spiele programmieren, zu denen sie Softdisk gegenüber verpflichtet waren. Das erste von Apogee erstellte Gamer’s Edge Spiel wurde somit Scuba Venture.

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