Obsidian Entertainment – Die Ritter von New Vegas

by Pandur

Inmitten des Finanzproblems (Sommer 2012) erreichte Obsidian Entertainment die Anfrage von My.com ein Free-to-Play MMO mit Panzern zu entwickeln. Das krasse Gegenteil der üblichen Anfragen, bei denen sich nach langen Verhandlungen raus stellte, dass der Auftraggeber gar nicht über das Budget verfügte. Denn der russische Internetmonopolist Dimitri Grischin, wollte seine Produktpalette von E-Mail sowie Facebook auf Browser-Games ausweiten und ein Konkurrenzprodukt zu World of Tanks schaffen. Feargus sah die Chance, aus der finanziellen Krise herauszukommen und stimmte der Entwicklung, des für Obsidian Entertainment Verhältnisse ungewöhnlichen Spiels, zu. Im Laufe der kommenden vier Jahre wuchs in Irvine ein Team von mehr als 100 Programmierern, Designern und Systemadministratoren nur für Armored Warfare an. Ein extreme risikolastiges Projekt für das Unternehmen, denn das Team machte ¾ der Firma aus und sie mussten ständig das nächste Etappenziel erreichen, um die Finanzierung nicht zu verlieren. Im Gegensatz zu World of Tanks bekriegen sich in Armored Warfare keine zweite Weltkriegsarmeen, sondern fiktive private Rüstungskonzerne im Jahre 2030. Millionen von Spieler kontrollieren gleichzeitig hauptsächlich Panzer aber auch andere Arten von Artillerie wahlweise in PvP-Schlachten oder kooperativen PvE Kampagnen. Ein Jahr nachdem Armored Warfare erfolgreich in der Beta-Phase lief, gab Obsidian bekannt, die Entwicklung an My.com zu übergeben, die zwischenzeitlich ebenfalls eine Niederlassung in Kalifornien errichtet hatten. Das führte zwar zu Entlassungen des Armored Warfare Teams bei Obsidian Entertainment, jedoch gleichermaßen der Stabilisierung der Firma.

Gemächlich aber sicher hatte sich die Spieleindustrie verändert. Publisher beauftragten in den vorangegangenen Jahren nur noch sehr selten externe Studios mit größeren Projekten. Kleinere Spiele für mobile Geräte waren an der Tagesordnung. Ein Fortschritt, der auch an Obsidian Entertainment nicht spurlos vorbei ging. So beschloss Feargus das Fury Konzept, was sie nun schon seit 2006 pitchten und zuletzt als Stormlands für Microsoft anfingen, selbst zu realisieren. Angetrieben durch den Erfolg von Pillars of Eternity wurde Fury zu einem klassischen Rollenspiel namens Tyranny.
In der Welt Terratus hatte die teuflische Herrscherin Kyros bereits fasst alles erobert und das Böse regierte somit über den Planeten. Lediglich die kleine Halbinsel Tiers war noch nicht von Kyros eingenommen. Diesen letzten Verteidigungspunkt sollte der Spieler als Handlanger von Kyros erobern. Tyranny krempelte das typisch gute Spielkonzept gänzlich um und konzentrierte sich ausschließlich auf eine böse Spielweise. Natürlich mit den üblichen schwerwiegenden Entscheidungen und Konsequenzen. So konnte es passieren, dass der Spieler glaubte etwas gutes zu tun und später feststellen musste, dass er damit jemand anderem stark geschadet hatte. Tyranny arbeitete ständig gegen den Spieler, besonders wenn er weich wurde. Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war böse zu sein.
Technisch setzt Tyranny auf die von Pillars of Eternity bewährten Features. Die Unity 3D Engine mit pausierbaren Kämpfen, zum richtigen Positionieren und Fähigkeiteneinsatz, erweitert durch ein Companion Combo System. KI für Gruppenmitglieder, damit sich der Spieler auf den eigenen Charakter konzentrieren konnte. Begleiter die aus den unterschiedlichen Fraktionen des Spiels stammten und als deren Sprachrohre dienten. Abgerundet durch einen Zauberbaukasten, zur Erschaffung eigener Zauber anhand von Art, Form und Stärke.
Tyranny war von Anfang bis Ende ein kühner Versuch seitens Obsidians. Erneut mit Paradox als Publisher an ihrer Seite und keinerlei Werbe- oder vorangegangener Kickstarter Kampagne, ging es im November 2016 beinahe im Weihnachtsgeschäft unter. Trotz Anerkennung einiger Tester und Wertungen von 80% oder höher verkaufte es vor Weihnachten gerade mal 100.000 Exemplare und ebenso viele im Verlauf den nächsten halben Jahres.

Tyranny wurde Chris Avellones letztes Projekt bei Obsidian. Er verließ die Firma im Juni 2015 und gründete zwei Monate später in Zusammenarbeit mit Obsidian, Brian Fargo’s inXile Entertainment und Double Fine Productions die Crowdfunding Seite Fig, welche sich im Gegensatz zu Kickstarter lediglich auf Videospieleprojekte konzentriert. Ein Konzept was sich bis heute nicht wirklich durchgesetzt hat. Chris ist seitdem freiberuflich an Spielen anderer Studios wie Prey von den Arkane Studios, Divinity Original Sin 2 von den Larian Studios oder Owlcat Games Pathfinder: Kingmaker tätig.

Das Obsidian Team setzte ihren Crowdfunding-Feldzug im Januar 2017 fort. Per Fig baten sie erneut um 1,1 Milllionen Dollar für den Pillars of Eternity Nachfolger Deadfire und wie zuvor war ihnen die Summe innerhalb eines Tages sicher. Mit zwischenzeitlich 4,4 Millionen arbeitet nun ein vierzigköpfiges Team an Pillars of Eternity 2: Deadfire. In dem der Spieler erneut in die Rolle des Wächters schlüpft. Jahre nach den ersten Ereignissen, hat der Gott Eothas Besitz vom Steinkoloss ergriffen, der unter Caed Nua schlummerte und beim Aufstieg die Festung des Spielers zerstört und diesen an die Schwelle des Todes gebracht. Mit einem ausbaubaren Schiff als Festungsersatz folgt der Spieler Eothas Schritten über die Meere.
Technisch verspricht Deadfire ein weites Spektrum an Erneuerungen wie ein Wettersystem, Regenstürmen o.ä. welche durch die Gebiete ziehen. Das neue Streaming System soll die langen Ladezeiten des Vorgängers wegfallen lassen und mit dem Beyond gibt es nun eine Art Parallelwelt, zwei übereinanderliegende Gebiete, die mit Portalen verbunden sind. Zudem kann der Charakter des ersten Spiels importiert werden und Multiclassing erlaubt Hybridklassen wie Schamanen (Barbar + Zauberer) oder Liberator (Druide + Paladin).

Pillars of Eternity 2 soll bereits 2018 fertig sein. Was die Zukunft danach, für eines der letzten unabhängigen Studios, bereithält hält, bleibt abzuwarten.

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