BioWare – Aufstieg und Fall des Rollenspiel-Imperiums

by Pandur

Parallel zu Dragon Age Inquistion arbeitete das MMO Studio in Austin, Texas, an einem neuen IP: Shadow Realms. Es sollte im Stile der Harry Potter und Twilight Filme unsere reale Welt mit einer alternativen magiereichen Welt zu einem Action-RPG verweben. Gewöhnliche Teenager, deren Figuren BioWare in einer episodisch erscheinenden Filmreihe näherbringen wollte, sollten gegen die Gargoyles, Geister und Zombies von Embra antreten. Einer gothischen Fantasy-Welt, die seit Jahrtausenden mit der Erde verbunden war. Deren düstere Gestalten bisher jedoch nicht zu uns vordrangen, da die Erde zu Magiearm war. Der Shadow Realms Spieler durfte sich eine von sechs Klassen auswählen und zusammen mit drei Freunden kooperativ gegen den Shadow Lord vorgehen. Dieses, ebenfalls von einem Spieler gesteuerte, Wesen fungierte als eine Art Spielleiter, welcher in den linear aufeinander folgenden Räumen Fallen und Gegner auslegen, sowie Aufgaben festlegte und sogar Kontrolle der Monster ergreifen konnte. Unter der Leitung von Produzent Dallas Dickinson und leitendem Designer Gabe Amatangelo gedieh Shadow Realms bis 2015 zu BioWares zweitem Frostbite-RPG, dieses Mal jedoch Free-2-Play.
Aber die erste Ankündigung des Action-RPGs, auf der Comic-Con im März 2014, verlief nicht ganz wie geplant. Das Publikum reagierte verhalten auf BioWares neustes IP. Unabhängig davon, nahm sich BioWare Austin die Kritik der Fans zu Herzen und führte die Entwicklung fort. Als EAs Geschäftsführer John Riccitello zurück trat und der neue CEO Andrew Wilson 2015 eine andere Richtung, ohne reine Free-2-Play-Games einschlug, stellte er Shadow Realms zusammen mit Battlefield Heroes, FIFA World, Need for Speed World ein. Das BioWare Austin Team erfuhr davon aus der Presse und zeigte sich ebenso überrascht, wie der Rest der Welt. Das von Dallas Dickinson angeführte Team kündigte in Folge dessen und gründete gleich nebenan QC Games. Welche das Spiel mit einem eher an Overwatch angelehnten Comic-Stil, als Breach fortführten. Der Third-Person-Dungeon-Runner bietet heute Grundklassen wie Arcane Mender, Gunslinger oder Necromancer, die vom Spieler klassenübergreifend mit Fähigkeiten individualisiert werden können und in einem Vier-gegen-Einen Match, gegen den Veil Demon antreten. Ähnlich wie es SoulWorker, Kritika, MXM oder Elsword zuvor taten, nur eben auf der 4-zu-1 Basis von Left4Dead.

Ein paar Monate nach dem Mass Effect 3 Release 2012, braintstormten bei BioWare Montreal, Gears of War Produzent Chris Wynn, Mass Effect Schreiber Chris Schlerf und Mass Effect Erfinder Casey Hudson über einen möglichen Nachfolger. Die ursprüngliche Trilogie war abgeschlossen und die Reaper besiegt. Somit beschlossen sie, dort anzusetzen, wo Mass Effect 1 die Spieler enttäuscht hatte. In einer ganz neuen Galaxie, abseits der Milchstraße, mit einem Fokus auf die Erkundung von hunderten prozedural generierten Welten. Ganz wie es No Man’s Sky und Star Citizen später tun sollten. Im Verlauf der folgenden beiden Jahre, entwickelte BioWare Montreal Prototypen, in denen der Spieler durchs Weltall fliegen, auf Planeten landen, dort mit dem Nomad Space Rover nach bewohnbarem Gebiet suchen konnte und weiter zum nächsten Planeten flog. Sie stießen jedoch auf drei große Probleme: Ihre WorldMachine generierte keine realistisch wirkenden Welten, die Frostbite-Engine konnte die Kartengröße eines ganzen Planeten nicht handhaben, bot ohnehin nicht die erforderliche Open-World-Streaming-Technologie und die Schreiber hatten keinen Schimmer, wie sie das Planeten-Hoping geschichtlich sinnvoll verbinden sollten. Was dazu führte, dass ein Dutzend Mitarbeiter Ende 2014 das Handtuch warf und zu anderen Firmen wechselten, einschließlich des Mass Effect Erfinders, Casey Hudson. Ein weiteres Jahr später, funktionierte die automatische Generierung von Planeten weiterhin nicht. Das Team reduzierte die Planetenanzahl deshalb zunächst auf 30 und dann auf sieben, die nun per Hand designt werden sollten und strich die unterhaltungsarmen Weltraumschlachten. Zum Jahreswechsel 2015/2016 kündigten Projektleiter Chris Wynn und der leitende Schreiber, Chris Schlerf. Woraufhin Mass Effect Andromeda komplett umgekrempelt wurde. Was blieb war der Hauptcharakter Ryder, welcher mit der künstlichen Intelligenz SAM verschmelzen sollte, sowie die Endschlacht auf dem künstlichen Planeten Meridian.
Mass Effect Andromeda erzählte von da an die Geschichte des Geschwisterpaares Ryder, die unter der Führung ihres Vaters Alec eine der vier Archen in die Andromeda Galaxie steuerten, um den Heleus Cluster zu bevölkern. Aber während des 634-jährigen Fluges, hatte sich ein seltsames Dunkle-Energie-Geflecht in der neuen Galaxie ausgebreitet, das den zukünftigen menschlichen Heimatplaneten unbewohnbar machte und die anderen Archen lahmlegte. Als Vater Alec bei der Erkundung eines uralten Alien-Monolithen auf dem ersten Planeten verstarb, übernahm der Spieler als Pathfinder die Führung der Andromeda Initiative. Er begab sich auf die Suche nach den verschollenen Archen der anderen Völker, traf dabei auf die dominanten Kett, welche die ursprünglichen Galaxie-Bewohner, die Angara, versklavten und half letzteren am Ende die Kett zu besiegen sowie den Planeten-Transformer auf Meridian wieder in Gang zu bringen.

Die direkte Steuerung des Raumschiffes entfiel. Stattdessen manövrierte der Spieler die Tempest fortan über eine Galaxie-Karte, wie in den ersten Spielen, erkundete die Planetenoberfläche mit dem Nomad Rover, um den Eingang einer uralten Ruine zu finden, in welcher er das Terraforming in Gang setzte und so für jedes Milchstraßen Volk einen Heimatplaneten schuf. Selbstverständlich bereichert durch das BioWare typische Filmreife Story-Telling und Romanzen mit unvergesslichen Charakteren. Um das Gameplay actionreicher zu gestalten, enthielt Mass Effect Andromeda als erstes Spiel der Reihe keine Pause-Funktion für taktische Entscheidungen. Das Andromeda Team übernahm außerdem die Star Siege Tribes typischen Jetpacks ins Spiel und hob das Leveldesign und Kampfgeschehen somit auf eine neue Stufe. Der streng genommen gerade Mal anderthalbjährige Entwicklungszyklus wurde dem Spiel beim März 2017 Release jedoch zum Verhängnis. Nur wenige Stunden nach Erscheinen, entbrannte Kritik an merkwürdigen Gesichtern, die durch Frostbites Inkompatibilität zur geplanten Gesichtsanimations- und Lippensynchronisierungssoftware ausgelöst wurden. Ein Umstand, der die Verkäufe umgehend einbrechen ließ. Mass Effect Andromedas Absatz blieb stark hinter den prognostizierten 9 Millionen und sogar hinter Mass Effect 2 zurück. Bereits anderthalb Monate später legte Electronic Arts, den Mass Effect Francise offiziell auf Eis und schloss BioWare Montreal. Die Montreal Entwickler wurden teilweise auf andere EA Studios verteilt und der Rest entlassen.

Das Überleben von BioWare hängt nun zweifellos von Anthem ab, dessen Entwicklung mit dem Mass Effect 3 Release 2012 im ursprünglich von Ray und Greg gegründeten Edmonton Studio begann. Der Shared World Shooter mit Rollenspielelementen lässt sich am besten als eine Mischung aus Monster Hunter: World, Destiny und Warframe beschreiben, bei dem der Spieler nur ein Mal, die für Einzelspieler ausgelegte, Story-Kampagne durchspielen muss und seine Klasse samt Attributen jederzeit durch den Javelin-Anzug wechseln kann. Die Kampagne soll den Spieler in den Ranger Javelin-Suit einführen und die verbleibenden drei Colossus, Storm und Interceptor Klassen-Anzüge freischalten, während er die Vorgeschichte der Freelancer und des Dominions durch eine epische Geschichte kennen lernt. BioWare verspricht dedizierte Server, auf denen der Spieler zusammen mit Freunden, abseits der Kampagne, wie in Diablo oder Borderlands auf Jagd nach Zufallsbeute gehen können. Zweifellos wird der Fortbestand dieser Welt, ähnlich wie bei The Old Republic, von der dauerhaften Spieleranzahl abhängig sein. Anthem könnte BioWare schon kurz nach Release, also 2019 ruinieren, oder gleichermaßen zum größten Durchbruch der Firmengeschichte werden. Trotz des relativ geringen Rollenspielaspektes, deuten die Zeichen auf letzteres hin. Denn Electronic Arts hat nach dem Mass Effect Andromeda Debakel aus ihren Fehlern gelernt, Anthem vergangenes Jahr einen Aufschub des Releases gegeben und mit Casey Hudson einen der ehemaligen Veteranen als BioWares Chef zurückgeholt.

Wenn Anthem ein Erfolg wird, werden wir von BioWare als nächstes Dragon Age 4 erwarten können. Bei dem jedoch unklar ist, ob es eine Mischung aus Einzel- und Mehrspieler, wie bei Anthem wird, oder ein reines Multiplayer-Game. Mit Electronic Arts Bedürfnis, keine „Play it once“ Spiele mehr zu produzieren, ist eine bloße geschichtsreiche Einzelspielerfahrung wie bisher jedoch auszuschließen. Es entsteht aber definitiv ohne Dragon Ages bisherigem Creative Director Mike Laidlaw, denn der verließ BioWare, als sich das Spiel in der Pre-Production befand. Er kreiert nun bei den Gato Salvaje Studios The Waylanders. Ein klassisches Rollenspiel, das Dragon Age: Origins erstaunlich ähnlich ist.

Gleiches gilt für über zwei Drittel der ursprünglichen BioWarians. Sie wechselten im Verlauf der EA Jahre hauptsächlich zu Beamdog, Blizzard Entertainment, CD Projekt RED und Capcom Vancouver oder gründeten eigene Studios. Zugegebenermaßen nicht alle mit Erfolg, wie die Kickstarter Kampagne des ehemaligen, Baldur’s Gate und Dragon Age Designers Rob Bartel zeigte. Sein geplantes Steampunk-RPG, Gyre: Nova State, fand im Frühjahr 2018 nicht ausreichend Unterstützer.

Die beiden BioWare Gründer, Greg und Ray, wurden Ende Dezember 2018 vom Governeur General Kanadas für ihre Videospiele mit der Order of Canada ausgezeichnet. Der höchsten Ehrung des Landes. Greg Zeschuk genießt seinen Lebensabend als Besitzer der Blind Enthusiasm Brewing Company und eines angeschlossenen Pubs. Während sich Ray Muzyka wieder der Medizin zuwandte und mit seinem Threshold Impact Unternehmen medizinischen Innovationen voran treibt.

Einzelnachweise:

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