Sandfall Interactive Historie – Malerische Expeditionen aus Montpelier

by Pandur

Von Investoren, für die erste Demonstration der Vision, zu einem Vertical Slice – also einem komplett spielbaren Level mit den voraussichtlichen Features – war es jedoch noch ein langer Weg. Nicht nur in Puncto Beweislast ihres Könnens, sondern ebenso durch den fortan angepeilten AA Sektor. Denn dieser schrumpfte die vorangegangenen Konsolen-Generationen drastisch. Viele hielten ihn zwischenzeitlich sogar für verflucht. 15 Jahre zuvor fluteten Titel wie Vanquish, Mirror’s Edge oder Kane & Lynch noch den Markt. Zwischenzeitlich gehörten derartige gewagte Ideen von „kleinen“ 50-Mann-Teams wie A Plague Tale, Mortal Shell oder Hellblade jedoch eher zu den Ausnahmen. Das gestaltete die Publisher-Suche von Anfang an eher schwierig. Tatsächlich zählte Alexis Garavaryan mit seinen Kowloon Nights zu Sandfalls ersten Anlaufstellen. Doch was dieser von We Lost sah, überzeugte ihn nicht direkt. Es bot Potential, war jedoch weit von dem entfernt, was Kowloon Nights üblicherweise unterstütze. Zumindest erhielt Sandfall auf diese Weise eine Anforderungsliste für ihr Vertical Slice.

Parallel dazu eroberte die Covid-19 Pandemie in atemberaubender Geschwindigkeit die Welt. Während vor allem große Publisher samt ihren internen Studios extrem mit neuen Herausforderungen kämpften, half dieser Aspekt Sandfall Interactive sogar. Denn bereits das anfängliche sechsköpfige Team, verteilte sich zufällig über den gesamten Erdball. Von Australien, Belgien, Frankreich oder China aus, kommunizierten sie ohnehin größtenteils per Zoom oder Discord. Ausgangssperren und Quarantänen erleichterten es ihnen eher, für die Arbeit von Daheim, zusätzliche Leute wie Charakter-Designer Alan Reynaud oder VFX Artist Leo Paris anzuwerben. Erneut Kollegen, die gerade erst mit ihrer Karriere begannen und Däumchen drehend daheim saßen.

Ähnliche Glücksgriffe galten ebenso für Entwicklungswerkzeuge wie Unreal-Engine. Ihre geringe Team-Größe ermöglichte es Sandfall, ständig die neusten Technologien auszutesten und bereits am folgenden Tag integriert einzusetzen. So gewannen sie beispielsweise durch Reallusion’s Pitch & Produce Programm Werkzeuge, welche die Erstellung von Gesichtsanimationen und das Bestimmen von Kleidung vereinfachten. Arbeiten, die sich zuvor nur mit sehr hohen Budgets realisieren ließen. Der Umstieg von Unreal Engine 4 zu 5, spielte ihnen obendrein in die Hände, da Epic’s Release beinahe zeitgleich mit dem Start der geplanten Motion-Capture Aufnahmen einher ging. Dennoch verlief auch in dieser Phase nicht alles reibungslos. So schwebte Guillaume beispielsweise sehr genau vor, wie die Kampfszenen seines Reactive Turn-based Systems aussehen sollten. Er fand jedoch in ganz Europa keinen Animationskünstler, der so etwas anfertigte. Weshalb er unzählige Animation-Reels auf YouTube durchstöberte und beinahe 200 Koreaner mit Anfragen bombardierte. Lediglich einer, Seung-yun Kim, antwortete tatsächlich. Obwohl dieser hauptberuflich für eine größere Animationsfirma arbeitete, stellte er mit der Zeit ein acht-köpfiges Animationsteam aus Freunden und Bekannten zusammen, die im Laufe der Jahre unzählige Gameplay-Animationen fürs Spiel lieferten. Darüber hinaus erlernte Guillaume zwar durch Ubisoft ersten Umgang mit kleinen Teams. Dennoch stellte ihn das Wachstum, auf mehr als zwei handvoll Leute, vor hohe Management-Hürden. Wieder und wieder verlor er den Überblick, Dinge gerieten aus dem Ruder und ein Meilenstein wurde schlechter als der zuvor. Es dauerte, bis er gänzlich in die Rolle des Koordinators wuchs und alle in die gleiche Richtung steuerte.

Im März 2022, also ziemlich genau drei Jahre nach Guillaumes ersten Unreal Engine Experimenten, bot ihr We Lost, oder Expedition 33 wie es die meisten Teammitglieder mittlerweile nannten, anderthalb Stunden Gameplay in der „Yellow Harvest“ Umgebung. Mit diesem Vertical Slice flog das Team zur Game Developers Conference nach San Francisco. Denn da wollten sie ihr Werk Publishern für die eigentliche Produktionsphase schmackhaft machen. Durch den enormen finanziellen Aufschwung, welchen die Videospiel-Industrie in der Covid-Pandemie erlebte, genoss Sandfall Interactive ausnahmsweise den Luxus, sich einen Publisher aussuchen zu dürfen. Eine Entscheidung, die auf Kepler Interactive fiel. Dem neuen Third-Party-Publishing Label von Alexis Garavaryan. Denn Keplers Zusammenschluss aus Indie-Studios, vertrat eine ähnliche Denkweise wie das Sandfall Team selbst. Kepler war quasi das Gegenstück zu A24 oder Warp Records im Film- und Musik-Sektor. Sie produzierten parallel Titel wie Sifu, Scorn, Pacific Drive, oder Bionic Bay. Im Rahmen ihrer Publisher-Funktionen boten sie den Studios Hilfe bei Personal-, IT- und Rechtsangelegenheiten. Hielten sich zeitgleich jedoch komplett aus den kreativen Entscheidungen der Studios heraus. Was den Sandfall Gründern Guillaume, Tom und Francois ideal schien.

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