Silicon Knights Historie – Die Tücken der Videospiel-Entwicklung

by Pandur

Die Silicon Knights erschufen nicht simple Spiele. Von Eternal Darkness an, kreierten Denis, Ken und Co Universen, innerhalb denen sie Geschichten erzählten. Bei Eternal Darkness war es ein Universum mit eingekerkerten Ältesten, die wieder in unsere Welt vorzudringen versuchten. Darin baute die Spielhandlung Pious Augustus als einen mächtigen, untoten Lich auf. Der ironischerweise jedoch lediglich eine unsterbliche Marionette war.
Too Human konzipierten sie, bei der 2005 begonnenen Überarbeitung, als Trilogie. Es sollte einen alles umspannenden Handlungsbogen, sowie drei in sich geschlossene Geschichtsabschnitte geben, die von Ereignissen berichteten wie dem Aufstand der Riesen, die Erschaffung von bewussten Waffen oder den Mysterien des Weltenbaums. Dabei legte Denis viel Wert auf ein vollständiges Erlebnis innerhalb jedes Spiels. Teil eins sollte den Fokus der Erkundung verkörpern, Too Human 2 sollte sich um Rache drehen und Too Human 3 die Aufklärung von Allem bringen. Aber so weit kam es nie.
Um die geplante Entwicklungsspanne und Microsofts Budget-Vorstellungen einhalten zu können, lizenzierte Silicon Knights die Unreal Engine 3, welche laut Epic Games Lizenzvereinbarung sechs Monate nach der Auslieferung des jeweiligen Konsolen-Dev-Kits zur Verfügung stehen sollte. Im Falle der im September 2005 ausgelieferten Xbox 360 also spätestens im März 2006. Doch das geschah nicht. Epic Games lieferte die Unreal Engine 3 erst 15 Monate danach, im November 2006 aus. Was zufälligerweise das Erscheinungsdatum deren ersten Gears of War war. Als der angekündigte UE3 Release bereits zwei Monate verstrich, gingen die Silicon Knights erneut den Resourcen-fressenden Schritt, eine eigene Engine zu schreiben. Denn andernfalls hätten sie wiederum ihren Vertrag mit Microsoft gebrochen.

Abseits dieser vertraglichen Probleme, kritisierte die Öffentlichkeit genau deswegen Too Human. Denn während Gears of War auf der E3 2006 die „Best Game in Show“ Auszeichnung einheimste, glänzte Too Human auf selbiger Messe durch technische Probleme und wenig beeindruckendes Gameplay. Das obwohl beide zu der Zeit die gleiche Engine nutzten. Nur eben nicht den identischen Entwicklungsstand dieser. Silicon Knights Unreal Engine fehlten Key-Features wie der multi-threaded renderer, streaming support und die dynamische Beleuchtung war vergleichsweise schleppend langsam. Deswegen und weil Epic Games obendrein keine Hilfestellung bei der Implementierung des Engine Codes leistete, forderte Denis von Epic, ihren Lizenzvertrag für Nichtig zu erklären und sie von der Verpflichtung zur Verwendung der Unreal Engine zu erlösen. Nach zahllosen gescheiterten Verhandlungen schritt Denis dann zu der seiner Meinung nach letzten Option: Epic Games wegen dieser Punkte zu verklagen und obendrein Schadensersatz zu fordern. Denn im Gegensatz zu anderen Videospiel-Studios sah Denis seine Firma als rechtschaffene Gilde. Das was sie machten, war richtig und Handlungen wie die Epic Games böse. So etwas musste gerügt werden. Andere Entwickler plagten selbstverständlich ähnliche Probleme, denn die Unreal Engine war neben der id Tech Engine eine der meist genutzten. Aber Gearbox Software oder Santa Monica Studio erweiterten Epics Engine schlicht selbst um ein Beleuchtungsmodell etc. Und Postal Enwickler Running With Scissors lizenzierte sie deswegen erst gar nicht. Keiner von ihnen wagte es, deswegen gerichtlich gegen Epic Games vorzugehen oder überhaupt offizielle Statements diesbezüglich abzugeben. Ganz anders als Silicon Knights eben.

Natürlich versuchten Epic Games Anwälte umgehend, die Klage abzuweisen. Mit dem Scheitern dieses Antrags, reichten sie dann Gegenklage wegen Urheberrechtsverletzung, Vertragsbruchs und widerrechtlicher Aneignung von Geschäftsgeheimnissen ein. Eine Gerichtsverhandlung, welche sich beinahe fünf Jahre, bis zum Mai 2012 hinzog. Wie zeitraubend sich dieses Verfahren entwickelte, unterschätzte Denis am meisten. Deswegen übernahm er bei X-Men Destiny Entstehung erstmalig nicht selbst die kreative Kontrolle.

Das nächste daraus resultierende Problem wurde, dass kein Publisher mehr mit Silicon Knights arbeiten wollte. Der mögliche negative Ausgang des Gerichtsverfahrens und Silicon Knights schwindender Ruf, machten die Kanadier in deren Augen quasi radioaktiv. Selbst Microsoft trat aus ihren Vertrag über Too Human Nachfolger zurück. Weshalb Denis Unterstützung bei der kanadischen Regierung suchte und fand. Denn Silicon Knights förderte da bereits mehr als anderthalb Jahrzehnte die Wirtschaft Ontarios. Während andere Firmen wie Electronic Arts, Microsoft oder Ubisoft Absolventen der örtlichen Universitäten zu sich nach Redmond o.ä. lockten, förderte Silicon Knights sie bereits mit Programmen während des Studiums und übernahmen sie für lokale Jobs. So kam es, dass die Ontario Media Development Corporation sowie Telefilm Canada, in Siren in the Maelstrom investierten und auf diese Weise ein neuer psychologischer Thriller aus der 3rd Person für Playstation 3 und Xbox 360 in Produktion ging.

Parallel dazu klammerten sich die Silicon Knights an den einzigen Publisher, der noch zu ihnen hielt: Nintendo. Denn der japanische Videospiel-Riese war weiterhin Teilhaber Silicon Knights. Mit dem ohnehin eingestellten The Box schien Eternal Darkness 2 somit die beste Option zur Rehabilitierung der Firma.

Zur Auslieferung Siren in the Maelstroms und zukünftigen Spielen, ging Denis im Sommer 2011, also kurz vor dem X-Men Destiny Release, den Weg des Self-Publishings. Wofür er eine Zweigstelle im 50 Kilometer entfernten Hamilton eröffnete. Erneut unterstützt durch eine drei Millionen Finanzspritze der kanadischen Regierung. Oder sagen wir fasst. Denn die Genehmigung dieser Mittel geschah mitten im lokalen Wahlkampf. Auch wenn die lokale MPP Silicon Knights die Summe zusagte und die Wahlen gewannen, torpedierte eine andere Kandidatin mit ihrer Kampagne das Vorhaben. Mit Silicon Knights Entlassungen, infolge der schlechten X-Men Wertungen und ausbleibenden Folgeverträge, warf NDP Anführerin Andrea Horwath Denis Firma Missmanagement vor und drängte sie darauf, das Geld zurückzugeben, was sich noch gar nicht erhalten hatten. Natürlich floss es nach dieser Negativ-Kampagne auch nicht mehr.

Ein halbes Jahr darauf, im Mai 2012 entschied Richter James Dever dann zu Gunsten von Epic Games. Denn obwohl Silicon Knights Programmierer tatsächlich den Großteil ihrer Too Human und X-Men Engine selbst schrieben, blieb ungefähr ein Prozent des ausgelieferten Game Code der Epic Games. Was zwar in Ordnung gewesen wäre, wenn Silicon Knights die Lizenzgebühren gezahlt hätte, aber genau deshalb leiteten sie das Verfahren ein. Infolgedessen forderte Richter Dever das kanadische Studio auf, Epic Games 4,45 Millionen Dollar Schadensersatz zu zahlen und sämtliche Exemplare Too Humans sowie X-Men Destinys zu zerstören. Nintendo stoppe anschließend die Eternal Darkness 2 Produktion und Silicon Knights schloss offiziell die Pforten.

Denis Dyack und einige seiner Silicon Knights gründeten kurze Zeit später Precursor Games, womit sie die Eternal Darkness 2 Entwicklung erneut ankurbelten. Zwischenzeitlich hat Denis mit Deadhaus Sonata sogar einen spirituellen Legacy of Kain Nachfolger herausgebracht. Aber wie es zu all dem kam, ist eine andere Geschichte.

Einzelnachweise:

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