1993, zur Zeit des Fantasy Empire Erscheinens, steckte das Internet noch in den Kinderschuhen. Für Computerspiele hieß das, abseits von Hot-Seat-Games, Matches per Direktverbindung oder Modem. Die Nachfrage nach diesen stieg stetig. Weshalb die Silicon Knights als nächstes ein Spiel angingen, was direkt darauf zugeschnitten war. Denn bei ihren vorangegangenen Titeln ließen sich u.a. keine unsichtbaren Einheiten verwenden. Schließlich starrten alle Teilnehmer auf den gleichen Monitor. Das Phantom ihrer Dark Legions sollte hingegen nur für den steuernden Spieler sichtbar sein. Zudem sollte das Spiel leicht zu erlernen und komplex zu spielen sein, quasi wie Schach. Nur halt mit doppelt so vielen Figuren. Zeitgleich sollte es exzellente Grafik bieten, quasi wie Interplay’s Battle Chess. Obendrein hielten Denis und Rick an ihren Echtzeit-Kämpfen fest, weshalb Viele das Spiel im Nachhinein mit Free Fall Associates‘ Archon verglichen. Dark Legions erweiterte das Prinzip seines Urvaters jedoch deutlich. Neben verschiedenen Schwierigkeitsgraden, gab es benutzerdefinierte Partien, es durften nicht nur bis zu 50 Figuren auf dem Spielfeld platziert werden, sondern ebenso magische Ringe zur Steigerung der Charakter-Attribute sowie Fallen. Zusätzlich löste ein Tag-/Nachtzyklus weitere Effekte aus. Das Gegenstück des Königs wurde der frei definierbare Kugel-Träger. Bei dem die Meisten auf einen Dämonen zurückgriffen. Ihm zur Seite stellte der Spieler häufig eine Eskorte aus schnell manövrierenden Wraith oder den Überraschungsangriffen eines Wasser-Elementars. Wie diese Entscheidung bereits illustriert, gaben Denis und Rick jedem Charakter individuelle Vor- und Nachteile. Der Feuer-Elementar tanzte mit seinen tödlichen Feuerbällen einen feurigen Flamenco, war jedoch Machtlos gegen sein wässriges Ebenbild. Trolle trugen eine brutal wirkende Keule, die Feinde mit einem einzigen Schwung zermalmte, agierten jedoch deutlich zu langsam, um den Attacken eines Vampirs zu entgehen. Alle Kombattanten grunzten, keuchten oder zischten individuell und ließen beim Betreten des Schlachtfeldes sogar einen persönlichen Spruch vom Stapel, vom „Me crush you“ lechzen des Trolls bis zum „You shall burn!“ zischen des Feuer-Elementars.
Was das Charakter-Design an ging, leistete Silicon Knights bei Dark Legions ganze Arbeit. Zum besseren Verständnis der Figuren wollte SSIs Marketing Abteilung dem Spiel Charakter-Karten beilegen. Ähnlich den zu der Zeit aufkommenden Magic: The Gathering Sammelkarten. Ken und Denis verfassten für jede Karte eine individuelle Geschichte. Das machte ihnen nicht nur äußerst viel Spaß, sondern überzeugte Denis, Silicon Knights wäre bereit, eigene Welten und Handlungsbögen zu erschaffen.
So gut die Idee der Trading Cards gewesen war, so schlecht fand Denis SSIs Covers ihrer drei Spiele und das obwohl er in den Vertrag schreiben ließ, diese sollten von höchster Qualität sein. Ken kommentierte es mit, sie wären von höchster Qualität, der höchsten Qualität von „Beschissen“. Man könnte sagen, die Silicon Knights waren geneigt, sich einen neuen Publisher zu suchen.
Hinzu kam das Problem, dass ihre drei Spiele zwar von der Presse gepriesen wurden, sich aber nur mittelmäßig verkauften. Schon Cyber Empires kürte Computer Gaming World zum Multiplayer Game of the Year und auch Dark Legions würde den PC Gamer Editor’s Choice Award erhalten. Denis sah die Ursache des Problems im schwindenden PC Markt. Tatsächlich befanden sie sich zeitlich inmitten des großen Konsolen-Kriegs. Die 16-Bit Konsolen erreichten gerade ihren Höhepunkt und mit dem 3DO sollte im folgenden Oktober die erste 32-Bit Konsole samt CD-ROM Laufwerk erscheinen. Weshalb Denis drei Konzepte für Geschichten-basierende Action-Adventures schrieb und sie auf der bevorstehenden 3DO Developer Conference neuen Publishern schmackhaft machen wollte.
Einer dieser drei Pitches war „Pillars of Nosgoth“. Eine Fantasy Welt, in welcher neun übernatürliche Säulen das Wohlergehen der Welt bestimmten. Ein zynischer junger Adeliger namens Kain, fiel in dieser Welt dem Angriff einiger Straßenräuber zum Opfer und verstarb. Doch ein Necromancer bot dem jungen Kain an, ihm neues Leben zu schenken, um sich an seinen Mördern zu rächen. Nur um kurz darauf festzustellen, dass Wiederauferstehung Vampirismus bedeutete und hinter seinen Mördern etwas uraltes Böses steckte. Woraufhin der Anti-Held auszog, die Wächter der Säulen von Nosgoth zu jagen und den auf ihm lastenden Vampir-Fluch zu lüften.
Es sollte ein Spiel für Erwachsene werden. Hauptcharakter Kain modellierte Denis nach Clint Eastwoods „Unforgiven“ Vorbild. Eigentlich hasste Denis Western, aber der Film war für ihn die ultimative Definition von „grau“. Er enthielt weder „gute“ oder „böse“ Personen. Es war mehr eine Frage der Perspektive. In diese Position beabsichtigte Denis den Spieler versetzen. Das kombinierte er mit einem verwobenen Plot nach dem Vorbild von Robert Jordan’s Wheel of Time Buchreihe. Auf die namensgebenden „Pillars of Nosgoth“ kam er hingegen durch das Cover von Ken Follett’s „Pillars of Earth“. Eine Romanreihe, die Denis nie las. Ken McCulloch arbeitete später Denis Vampir-Ansatz, anhand von Brian Lumley’s wissenschaftlich basierender Vampirreihe (Necroscope) in die Mythologie von Nosgoth aus.
Der folgende 3DO Conference Coup ging voll auf. Neben anderen Produzenten, stieß Denis dort auf Lyle Hall. Der ehemalige Virgin Mastertronic Mitarbeiter war gerade zu Crystal Dynamics gewechselt und erzählte Denis von deren Plan, Spiele mit großen Budgets und noch größeren Erwartungen produzieren zu wollen. Pillars of Nosgoth’s Fantasy-Konzept hielt Lyle für rentabler als die Science-Fiction Too Humans. Er identifizierte es als ein Legend of Zelda artiges Rollenspiel mit westlicher Storyline. Ein Genre, was zu der Zeit ausschließlich japanische Firmen dominierten und somit ein Konsolen-Seller werden konnte. Entsprechend stimmte Crystal Dynamics noch im Oktober 1993 der Produktion zu. Jedoch hielt deren Marketing Abteilung die Namen einiger zentraler Figuren für unaussprechlich. Weshalb Ken sie komplett überarbeiten musste. In diesem Zuge erhielt das Spiel seinen finalen Titel: Blood Omen: Legacy of Kain.
Für gut ein halbes Jahr wusste Silicon Knights nicht, für welche Plattform Legacy of Kain erscheinen sollte. Sie schrieben den Game-Code schlichtweg in C auf ihren 486ern, renderten Gebäude sowie Hintergründe mit Autodesks 3D Studio und zeichneten Tile-Sets in Adobes Photoshop. Crystal Dynamics war eine ursprünglich zum 3DO Support gegründete Firma. Doch die Konsole floppte direkt zum Release durch den hohen Preis. Weshalb Crystal Dynamics ihre Spielpalette auf Segas Saturn verlagerte. D.h. Bis im März 1994 Sonys Playstation Ankündigung folgte. Denis hielt sie, sowohl auf dem 3D als auch 2D Sektor, für die leistungsfähigere 32-Bit Konsole und konnte Lyle überzeugen, die Produktion darauf zu verlagern. Einer der vermutlich wichtigsten Punkte für den späteren Erfolg des Spiels.
Der zweite Faktor war Denis Liebe zu den alten JRPGs auf Nintendos und Segas Konsolen. So sehr er diese mochte, hasste er ihre Text-Flut auf dem Fernseher lesen zu müssen. Weshalb er auf eine Idee kam, die konkurrierende Entwickler erst deutlich später aufgriffen. Er verbannte sämtliche Story-Texte vom Bildschirm und nutzte stattdessen die massive Speicherkapazität der CD, um sie vorlesen zu lassen und den Spieler zeitgleich stärker zu vereinnahmen. Als Silicon Knights dieses Werk 1995 auf der E3 zum ersten Mal demonstrierte, befragte Denis beinahe eine Stunde lang ein Japaner zum ungewöhnlichen Anti-Helden und weiteren Aspekten seines Spiels. Denis bemerkte zwar, dass seine Kollegen in der Ferne tuschelten und auf ihn zeigten, wusste die Situation jedoch nicht zu deuten. Erst als besagter Japaner gegangen war, erfuhr Denis, dass er sich mit Minoru Arakawa, dem Chef von Nintendo Amerika, unterhielt. An dem Punkt stand für ihn fest, dass sie einen Kassenschlager in den Händen hielten.