Arkane Studios – Die Design-Herausforderungen der Immersive Sims

by Pandur

Im selben Jahr fühlte sich Raphael Colantonio nach Austin hingezogen. Seine frühere Liebe für Origin Systems, die Zusammenarbeit mit Valve und selbstverständlich die geringen Betriebskosten sowie das große Talent für Onlinespiele ließen Raphael im Juni 2006 ein zweites Studio in Austin eröffnen. So war Arkane in der Lage Talente von beiden Seiten des Ozeans an Land zu ziehen. Das größte dieser Talente wurde Harvey Smith. Raphael war nicht nach Austin gekommen, um konkret Harvey zu rekrutieren, aber die beiden waren seit ihrer ersten Begegnung in Kontakt geblieben. Nun trafen sie sich wieder und sponnen rum. Sie wollten gemeinsam ein Spiel machen, in der Tradition von Ultima Underworld, System Shock und Deus Ex, eben wie die Spiele, welche sie selbst in die Branche gebracht hatten. Raphael versüßte Harveys Job-Angebot, indem er ihm eine Teilhaberschaft an den Arkane Studios anbot.
Ihr Spiel, sollte grundlegend ein First-Person-Ninjaspiel mit magischen Kräften werden. Ihre abgefahrenen Ideen für den Austragungsort wandelten sich vom anfangs geplanten mittelalterlichen Japan, von dessen Kultur sie zu wenig wussten, um eine glaubhafte Welt zu erschaffen, zum London des Jahres 1666, wo die große Pest wütete. Ihr Projekt bekam den Titel Dishonored.
Arkanes künstlerischer Leiter Sebastian Mitton und Industriedesigner Viktor Antonov studierten vor Ort die einzigartige Jakobinische Architektur Londons, die sich im Spiel besonders gut an den Hausfassaden, Schornsteinen und Wachhäusern widerspiegelte. Für den Aufbau des Stadtbildes orientierten sie sich hingegen an Edinburgh. Edinburgh besitzt Passagen mit Häuserschluchten, in denen selbst tagsüber Laternen brennen, weil es dort derart düster ist. Diese realen Bauwerke verband das Design-Team mit dem Stil von Carl Spietzwegs Bildern wie „Der Kaktusfreund“ und Dagnan Bouveret „Ein Unfall, 1879“. Kombiniert mit dem andauernden Nebel-Look entstand so ein Nicht-Fotorealistischer-Stil für Dishonored. Während die kantigen Gesichter tatsächlich auf den realen Bewohnern Londons und Umgebung basierten, die Sebastian bei seiner Studie fotografierte, wurden die Kreaturen frei erfunden. Die Wolfshunde von Dishonored hatten in Puncto Optik keinerlei Hunde-Einfluss, sondern kombinierten Hyänen, Krokodile und einen kleinen Teil Giraffe. Auch für die Gegenstandpalette orientierte sich das Arkane Studios Team am wahren Leben. Sämtliche Gegenstände basierten auf Ausstellungsstücken der Londoner Museen. Beim Design der Gameplay Mechaniken, speziell Dingen wie Wachtürmen, trat dann jedoch das Problem des Antriebs auf. In dem Augenblick verlagerte sich Dishonored von 1666 in die Mitte des 19. Jahrhunderts, um Elektrizität und eine mechanische Basis für alle Geräte zu bekommen. Die Pferde vor den Kutschen fielen weg und allein das gab den Fahrzeugen bereits einen einzigartigen Look. Es entstand eine Art Pseudo-viktorianische alternative Realität Londons, die von Walöl angetrieben wurde. Von da an gedieh die Dishonored Welt quasi von selbst. So vermittelten die gigantischen Walfangschiffe dem Spieler beispielsweise automatisch den Eindruck einer großen Industrie mit abgelegenen Kolonien.
Diese einzigartige exotische Welt wollten Raf und Harvey den Spieler nach seinem Willen erleben lassen. Das Gameplay sollte den Action-Spieler gleichermaßen unterstützen, wie den langsamen Erkunder oder den Superschnellen. Er konnte jeden Gegner abschlachten oder im gesamten Spielverlauf niemanden töten. Statt den Spieler zu limitieren, erhielt der Hauptcharakter, Corvo, Fähigkeiten zum Teleportieren, Zeit anhalten und beschwören. Was manchmal zu Kombinationen führte, die sich selbst Raphael und Harvey nicht ausgemalt hätte. Fliehend vor einer Meute Wachen, konnte der Spieler die Zeit anhalten, währenddessen Besitz einer Wache ergreifen, als diese vom Balkon des 4. Stocks springen, kurz vorm Aufprall in eine andere nahegelegene Wache wechseln und als solche davon spazieren, als wäre nichts gewesen.
Zur Flucht veranlasste das Spiel den Hauptcharakter, Corvo Attano, weil dieser zu Beginn von Dishonored als kaiserlicher Leibwächter den Mord an Kaiserin Jessamine Kaldwin und die Entführung ihrer Tochter Emily nicht verhindern konnte. Da niemand anders das Attentat beobachtet hatte, wurde Corvo unrechtmäßig ins Gefängnis geworfen. Der Spieler musste als Corvo fliehen, herausfinden wer wirklich hinter dem Plot steckte und Emily retten.
Diese Geschichte des übernatürlichen Attentäters in einer Steampunk Welt, konnten die Arkane Studios nur realisieren, weil sie endlich einen Partner gefunden hatten, der ihre Spiele verstand. Bei einem weiteren Treffen mit Bethesda, stellte sich heraus, dass Todd Vaugh schon seit Arx Fatalis ein generelles Interesse gehabt hatte. Für Dark Messiah hatte er Raphael fünf Tage nach Ubisoft die Zusage erteilen wollen und nun wollte er sich die Firma nicht mehr entgehen lassen. Bethesda kaufte das französische Studio bereits zu Beginn der Dishonored Entwicklung, auch wenn sie es offiziell erst im August 2010 bekannt gaben. Das brachte den Arkane Studios viele Vorteile. Da Bethesda kurz zuvor ebenfalls id Software gekauft hatte, bekamen sie Zugriff auf deren id Tech 5 Engine, welche das Programmierer-Team zu Dishonoreds Void-Engine umbaute. Die ungewohnten finanziellen Mittel ließen sie obendrein bekannte Schauspieler für die Synchronisierung anheuern. Die Palette reichte von Chloë Grace Moretz, über Lena Headey und Michael Madsen bis hin zu Carrie Fisher und Susan Sarandon. Als Dishonored am 9. Oktober 2012 erschien, verkaufte es allein in dem Monat in Großbritannien 72.000 und in Nordamerika 460.000 Exemplare. Woraufhin Bethesdas Marketing Chef Pete Hines direkt von der erfolgreichen Erschaffung eines neuen IPs und einem höheren Absatz als erwartet sprach. Die Kritiker liebten es! Sie vergaben im Durchschnitt eine 91% Wertung und kürten es zum besten Action-Adventure, besten Action Game 2012 uvm.

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