Ion Storm – Nur das Design zählt

by Pandur
Futuristische Waffenkammer mit grünem Ion Storm Logo

Schon seit GT-Interactives Versuch id Software aufzukaufen, hatten Mike Wilson und Jay Wilbur die Idee gehabt, eine eigene Vertriebsfirma zu gründen. Den Gedanken verfolgten sie bei Ion Storm weiter. Doch diesem Vorhaben stand der aktuelle Eidos Vertrag im Weg, da sie garantiert die ersten drei Spiele bekamen und die Möglichkeit hatten die Vermarktung der nächsten drei zu übernehmen. Ion Storm musste somit möglichst schnell sechs Spiele produzieren, damit Jay’s und Mike’s Traum Realität annahm. Da Vorschüsse in der Spieleindustrie nicht zurückgezahlt wurden, mussten diese Spiele keine Hits werden. Todd brachte in diesem Zusammenhang seinen früheren Auftraggeber 7th Level ins Spiel. Die arbeiteten gerade an dem Echtzeitstrategiespiel Dominion. Von welchem Todd schätzte, es in ca. sechs Wochen fertigstellen zu können. Da 7th Level ohnehin mit Pulse Entertainment verschmelzen und somit aus der Spieleentwicklung aussteigen wollte, sahen die Ion Storm Besitzer hier einen enormen Gewinn. Sie kauften 7th Level Dominion für 1,8 Millionen Dollar ab, womit es durch den Eidos Vertrag leicht verdiente 1,2 Millionen Dollar für Ion Storm bedeutete. Doch entgegen der Meinung der anderen Ion Stormler wollte Todd Dominion nicht einfach durch reichen. Er hielt das Spiel mit etwas Tuning für einen sicheren Top-10-Hit, heuerte Ex-7th-Level-Entwickler an und dehnte die sechs Wochen auf stolze zehn Monate Entwicklungszeit aus. Schon als es zwei Monate über den ursprünglichen Terminplan hinaus war, versuchte Ion Storms damaliger CEO Mike Wilson, deshalb Todd Porter abzusetzen und aus der Firma zu drängen. Doch John Romero wollte Todd die Chance geben, seinen Traum zu realisieren. Er sah hingegen wenig Sinn darin, Ion Storm zu einem Publisher zu machen. Statt Todd feuerte John Mike, weil dieser sich ohne die Zustimmung der anderen 30.000 $ für einen neuen BMW aus der Firmenkasse geliehen hatte. Ion Storm trug von da an vor Gericht ein Verfahren mit Mike aus und Todd Porter wurde zum neuen CEO. Mike Wilson gründete im Anschluss die Gathering of Developers, in einer Kirche gerade mal ein Meile von den Ion Storms Büros entfernt.

Todd überholte das Interface von Dominion Storm Over Gift 3 komplett und steckte volle drei Monate ins Balancing der vier Rassen des Spiels. Diese sollten spielerisch abwechslungsreich sein, aber gleichzeitig kein zu komplexes Gameplay beinhalten. Was darin resultierte, dass die Armeen der Darken am meisten aushielten, aber sich von allen am langsamsten bauen ließen. Scorp Truppen waren die billigsten, sowohl in Bezug auf die Herstellung als auch Kampfkraft. Die Mercs ließen sich besonders schlecht kontrollieren und die Menschen stellten einfach die Balance aus allem da. Zudem hatte jede Fraktion genau eine einzigartige Einheit. Die Darken hatten ein Tarnfahrzeug, die Mercs eine Konvertierungswaffe und die Menschen konnten Gegner einfrieren. Kein wirklich neues innovatives Spielprinzip, was nicht nur spielerisch sondern auch optisch dem drei Jahre älteren Command & Conquer extrem ähnlich war. Wo Echtzeitstrategiespiele der damaligen Zeit für gewöhnlich glänzten, war der Multiplayer-Modus. Aber auch da enttäuschte Dominion. Partien liefen lediglich darauf hinaus, wer als erster eine Resourcenquelle auf der Karte fand und dadurch am schnellsten eine Armee aufbauen konnte. Es half auch nicht gerade, dass Dominion zwei Monate nach Blizzard Entertainments StarCraft erschien. Todd Porter hatte im Vorfeld dermaßen großes Vertrauen in sein Produkt gehabt, dass er sogar einen Distrubitions-Deal mit Compaq abwies, die Ion Storm 1$ für jedes Dominion anboten, was mit einem Compaq Computer ausgeliefert wurde. Das hätte in mindestens 1,5 Millionen Dollar resultiert. Doch Tood wollte die Verkaufszahlen des Spiels nicht „kannibalisieren“. Statt den von Todd angepeilten 500.000 Exemplaren, verkaufte Ion Storm zum Release Anfang Juni 1998 in den USA gerade mal 14.000, was Einnahmen von 466.600 Dollar entsprach. Das alleine wäre nicht schlimm gewesen. Aber die Entwicklungskosten hatten Eidos 3 Millionen Dollar Vorschuss bereits nach sechs von zehn Monaten überschritten. Ion Storm zahlte bei Dominion also drauf.

Als John Romero Ion Storm am 3. Dezember 1996 gründete, verkündete er, sein Daikatana würde bis März 1997 fertig sein. Tatsächlich begannen die Arbeiten an dem First Person Shooter jedoch erst im April 97 und so wurde der offizielle Termin auf Weihnachten 97 verschoben. Trotz dieser relativ kurzen Zeitspanne, sollte sein Meisterwerk eine gewaltige Menge Content bieten: 24 Level, aufgeteilt in vier optisch unterschiedliche Epochen, 25 Waffen und 64 verschiedene Monsterarten. In John’s Vision sollte jedes Polygon von Hand erstellt werden, um eine nicht-statische interaktive Welt mit grandiosen Landschaften, Charakteren und einer Menge Action zu erschaffen. Das fertige Spiel sollte im Jahre 2455 spielen, wo der japanische Schwertkämpfer Hiro Miyamoto die Welt vor dem bösartigen Wissenschaftler Kage Mishima retten musste. Welcher wiederum die magische Daikatana Klinge gestohlen hatte, mit ihren Kräften in der Zeit zurück reiste und die Geschichte manipulierte. Die Schnitzeljagd erstreckte sich von Kyoto, über das antike Griechenland und Norwegen des Mittelalters, bis hin zum post-apokalyptischen San Francisco. Da John bei id die Spielwelten im Alleingang erschaffen hatte, sah er mit seinem jetzt riesigen Team keinerlei Probleme seine Ziele fristgerecht zu erreichen. Die E3 im Juni 97 hatte tatsächlich drei große Highlights: eine erste Demo von Daikatana, Tomb Raider 2 und Quake 2. Ion Storm warb sogar mit einem extrem aggressiven Slogan für Daikatana: „John Romero’s about to make you his bitch“. Für den FPS hatte Ion Storm schon wie üblich id’s aktuelle Engine, die Quake Engine, lizenziert. Doch als Romero auf der E3 die farbigen Lichtquellen von Carmacks neuer Engine und 3D-Beschleuniger-Karten-Unterstützung sah, wurde im klar, dass Daikatana das auch brauchen würde. Das Problem war nur, dass id Software erst eine Lizenzierung erlaubte, sobald ihr eigenes Spiel mit der neuen Engine fertig war. Was bedeutete, John Romero konnte erst zum Quake 2 Release im Dezember 97 mit der eigentlichen Realisierung beginnen. Mal ganz davon abgesehen, dass Ion Storm monatlich 900.000 $ verbrannte, war Geldgeber Eidos alles andere als erfreut zu hören, dass Daikatana das aktuelle Weihnachtsgeschäft verpassen würde. Doch sie gaben sich mit John Romeros Versprechen zufrieden, Diakatana würde bis März 98 fertig sein. Als Ion Storm im Dezember die id Tech 2 Engine in die Finger bekam, musste Romero feststellen, dass Carmack, entgegen seiner früheren Projekte, alles komplett neu programmiert hatte. Somit war Ion Storms Entwicklungsfortschritt mit der Quake 1 Engine nutzlos und die Umstellung bedurfte erheblich mehr Zeit als geplant. In den folgenden Monaten, erlangte Eidos immer mehr Firmenanteile von Ion Storm, damit das Dallas Studio überhaupt genug Kapital hatte, um die Personalkosten decken zu können. Ein Problem was sich mit der Zeit quasi von selbst regulierte. Denn zunächst feuerte John Romero den leitenden Diakatana Programmierer, Kee Kimbrell. Dann gingen im November 1998 die so genannten Ion Eight zusammen mit COO Bob Wright. Die eigentlich wichtigsten Mitarbeiter des Daikatana Teams. Sie gründeten ebenfalls eine eigene Firma namens Third Law Interactive, welche wiederum für Mike Wilsons Gathering of Developers den Egoshooter KISS : Psycho Circus machten. Zu guter Letzt kündigten die restlichen Mitglieder des Daikatana Teams, als sie auf dem Firmen-eMail-Server eine versehentlich nicht gelöschte Mail fanden, in welcher der Firmenvorstand gegenüber Eidos über die Ion Eight her zog und von weiteren bevorstehenden Kündigungen sprach. Obwohl die Personalkosten dadurch mittlerweile leicht schwanden, hatte Eidos zwischenzeitlich 51% von Ion Storm erlangt und stolze 44 Millionen Dollar in die Firma investiert. John Romero gelang es letztlich zusammen mit seiner Lebensgefährten, Stevie Case, ein paar alten Freunden und Leuten vom Anachronox Team Daikatana bis Mai 2000 fertig zu stellen. Volle drei Jahre nach der ursprünglich geplanten halbjährigen Entwicklungsphase. Die Öffentlichkeit hatte sich zwischenzeitlich umfassend über John Romero lustig gemacht und zeitweise grassierten sogar Gerüchte durch Internet, er wäre gestorben. Daikatana hätte 2,5 Millionen Exemplare verkaufen müssen, um rentabel zu werden. Zum Vergleich, sei erwähnt, dass das Original Doom gerade mal 3 Millionen Exemplare verkauft hatte und Ion Storm bei Vertragsabschluss mit Eidos auf 175.000 spekuliert hatte. Doch nach der E3 Präsentation 1999, bei der das Spiel lediglich mit 12 FPS lief und Konkurrenzprodukten wie Quake 3 oder Half-Life ein Jahr zuvor, war das Interesse verschwindend gering geworden. Ion Storm verkaufte lediglich 41.000 Exemplare von Daikatana. Der zweite und wohl größte Flop der Firmengeschichte.

Es dürfte klar sein, dass Romeros Pläne für Daikatana 2 an diesem Punkt nicht weiter verfolgt wurden. Geschäftsführer Todd Porter und sein früherer Geschäftspartner Jerry O’Flaherty hatten Ion Storm kurz nach Eidos Übernahme verlassen, womit ihr zweites Spiel Doppelgänger von „vorübergehend auf Eis gelegt“ zu „eingestellt“ wechselte. Jerry wurde von den Westwood Studios angeheuert, wo er u.a. Command & Conquer Renegade programmierte. Todd ging hingegen zu Turbine Entertainment und wirkte an Asheron’s Call 2 mit.

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