Anthem – BioWares Online-Looter-Shooter

by Pandur

Die Wenigen, die geblieben waren, wünschten sich Ende 2018 sie bekämen noch ein paar Monate, um Anthem mit Leben zu füllen. Aber das Spiel musste bis Ende Februar 2019 ausgeliefert sein, damit dessen Verkaufszahlen Electronic Arts 2018 Finanzjahr bereicherten. Um die Handvoll Missionen, der knapp 13 Stündigen Kampagne und den Endgame-Content des Spiels künstlich zu strecken, erfand das Anthem Team Herausforderungen und sechs Schwierigkeitsgrade für die drei Festungen des Spiels. So kam die Handlung des Spiels für viele Spieler durch die „Herausforderungen der Legionäre“ zum Erliegen. Einer Mission, welche sich in vier „Prüfungen“ untergliederte, die wiederum fünf Ziele hatten. Anders ausgedrückt Aufgaben, welche andere Spiele als Achivements realisierten. Also Grind Missionen, die in der frei erkundbaren Online-Welt von Anthem mit anderen Spielern erledigt werden mussten, wie 5 Weltereignisse, 30 Waffeneliminierungen, 15 Schwachpunkteliminierungen und 9 Eliteeliminierungen abzuschließen. Die Idee von Electronic Arts wurde es, das Spiel als „Games as a Service“ zu veröffentlichen. Anthem bekam somit zur Veröffentlichung am 22. Februar 2019 eine Roadmap, die grundlegend aufzeigte, was dem Spiel an Features fehlte und wann sie „nachgeliefert“ werden würden. Dinge wie neue Weltereignisse, wiederholbare Aufträge mit Belohnungen für Stufe 30 Charaktere, eine vierte Raid-Instanz, das Leaderboard-System oder Gilden. Der erste Akt oder anders ausgedrückt, die erste Season, denn von Geschichte konnte in dem Zusammenhang nicht gesprochen werden, war somit in drei Patches unterteilt, die im März, April und Mai folgen sollten.

Aber diese Planung wurde vom äußerst holprigen Start des Spiels unterbrochen. Die Login-Server ließen über Stunden kaum Spieler in Anthems Welt und die Wenigen, die es schafften, wurden im nächsten Ladebildschirm wieder raus geworfen. Als das Problem am Folgetag behoben war, erkundeten Käufer Anthems Welt und stellten schnell fest, dass es kaum der E3 Darbietung von anderthalb Jahren zuvor entsprach. Fort Tarsis Straßen wirkten wie leer gefegt, wo sich zuvor Menschenmengen befanden. Auch die atemberaubende Grafikpracht wurde schnell trist, da es nur das eine gezeigte Außenwelt-Grafikset gab. BioWare Fans waren von früheren Spielen unterschiedliche Tilesets nach jedem Ladebildschirm gewohnt und ein wechselndes Wettersystem, das die gesamte Welt plötzlich mit Stürmen plagte oder in Schnee und Eis verwandelte gab es nicht.
Abgesehen von einer soliden Kern-Mechanik fürs Kampfgeschehen spielte Anthem sich schlechter als der Beta-Test von Star Wars: The Old Republic. Das gesamte Missionsdesign war monoton, da sich alles wiederholte. Ladebildschirme schienen endlos anzuhalten und das Spiel war übersät mit Bugs. Diese Bugs gingen sogar soweit, dass Anthem Playstations brickte. Die PS4 stürzte also ab und ließ sich fortan nicht mehr neustarten, weil ein derart großer Systemfehler ausgelöst wurde. Im Laufe der Zeit kristallisierten sich außerdem zahlreiche Fehler in der Beute- und Charakterwerte Berechnung heraus. So erzeugte Anthem z.B. Diminishing Returns, es senkte also zu erbeutenden Gegenstände, wenn man es wie vorgesehen spielte. Die Startwaffe des Spiels erwieß sich als die Stärkste im Spiel und ähnlich verhielt es sich mit Ausrüstung. Entfernte der Spieler sämtliche Ausrüstungsteile war er am Stärksten! Die Durchschnittswertungen der Presse pendelten sich bei einer Metascore von 55 ein und die Spielerbewertungen bei 4.0. Das waren die bisher schlechtesten Bewertungen eines BioWare Spiels überhaupt! Selbst Mass Effect Andromeda hatte mit 70 Punkten deutlich besser abgeschnitten.

BioWare begann eiligst die Probleme auszubessern, brachte mit jedem Patch jedoch ebenso neue Bugs ins Spiel. Bis zum Erscheinen des ersten Content-Patches am 26. März hatten sämtliche Spieler die Akt 0 Kampagne samt Endgame-Content längst mehrfach durch und warteten begierig auf mehr. Doch die Elysian Caches des „Evolving World“ Patches brachten keine neuen Javalin-Ausrüstungsteile, sondern lediglich optische Verbesserungen wie neue Emotes, Ankunfts-Animationen oder Verzierungen für Ausrüstung.

In ihren Prognosen des Anthem Launches hatte Electronic Arts von fünf bis sechs Millionen verkauften Exemplaren bis Ende März gesprochen. Tatsächlich wurden es 3,7 Millionen innerhalb der ersten drei Monate. EAs Geschäftsführer Andrew Wilson verkündete bereits, dass Anthems Verkaufszahlen nicht seinen Erwartungen entsprochen hatten, der Konzern aber an der auf sieben Jahre ausgelegten Roadmap festhalten würde. Wilson sprach in diesem Zusammenhang von 40 – 80 Stunden „offline Play“, plus 100 bis 300 Stunden „Elder Play“. Anthems Realität sah jedoch gänzlich anders aus. Offline Play gab es generell nicht und die als Akt 0 gekennzeichnete „Herz des Zorns“ Kampagne war zwölfeinhalb Stunden lang. Mit sämtlichen Nebenmissionen erstreckte sie sich auf maximal 25 Stunden und selbst wenn man die Freeplay Events miteinbezog war nach 44 Stunden Schluss. Die Presse zerriss Anthem und die sozialen Medien kochten vor Hass-Kommentaren über.

BioWare beschloss, sich mit öffentlichen Aussagen zurückzuhalten, um die Negativmeldungen in den Sozialen Netzwerken auf ein Minimum zu reduzieren. Ihre Taktik ging auf, zumindest für den Moment. Denn ohne offizielle Mitteilungen, fragten sich die Käufer Mitte April, was denn aus dem versprochenen zweiten Content Patch werden würde. Der „Stronger Together“ Patch manifestierte sich zumindest teilweise am 23. April. Er brachte den versprochenen The Sunken Stronghold, die vierte quasi Raid-Instanz des Spiels. Jedoch gefolgt von der Verschiebung der bekannten Roadmap. Einige weitere Features des gleichen Patches, also Gilden und wöchentliche Herausforderung würden nicht so schnell folgen. Zwei Tage später verschwand alles bis auf den Kataklysmus des dritten Patches von der offiziellen Roadmap. An dem Punkt zeigte sich das Ergebnis von BioWares Medien-Abstinenz und fehlendem Content. Die Anthem Spielerzahl sank auf sein Rekord-Minimum. Es wurden so wenig Spieler, dass das Matching-System für die Missionen teilweise nicht mehr funktionierte.

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