StarCraft Ghost – 3 Studios und doch kein Release

by Pandur

Im Verlauf von 2002 durchlief das StarCraft Ghost Projekt eine Vielzahl von Veränderungen. Blizzard Entertainment wechselte ihrerseits mehrfach den Produzenten des Spiels, was dazu führte, dass Nihilistic zeitweise überhaupt kein Feedback zu ihrer Arbeit bekam. Zudem führte der Release vieler Konkurrenzspiele zu Änderungswünschen von Blizzard. In Splinter Cell konnte der Spieler sich mit den Füßen an der Wand festhalten, also wollte Blizzard das für StarCraft Ghost ebenfalls. Nova war in der Lage sich von oben herab auf einen Feind zu stürzen und damit zu erledigen. Sie konnte selbst großen Feindenan den Hals gehen uvm. Doch Blizzard wollte mehr Action durch heftige Waffen. Zum Scharfschützengewehr gesellten sich Schrotflinte, Flammenwerfer, Sturmgewehr und ein Granatwerfer. Dadurch war der Action-Anteil super, aber nun ging der Schleif-Teil unter.

Ausgelöst wurden diese verschiedenen Meinungen von Blizzards mehrstufigem Testverfahren. Die endgültige Veröffentlichung entscheidet das Design Council. Aber zuvor werden die verschiedenen Builds von sogenannten Strike Teams getestet. Dabei handelt es sich um ein normales Blizzard Entwicklerteam, das keinen Kontakt mit dem Spiel hat und dadurch konstruktives Feedback des aktuellen Standes liefert. Nihilistic war gut darin, auf Basis dieses Feedbacks ständig neue Demos zu liefern. Es sammelten sich mit der Zeit immer mehr Level an, die sich völlig unterschiedlich spielten. In der einen Mission schlich Nova durch Korridore und erledigte nach bester Metal Gear Solid Manier lautlos einen Feind nach dem anderen. In der Nächsten ballerte sie auf offenem Schlachtfeld mit ihrem Sturmgewehr und Granatwerfer auf Horden von Gegnern. Es war sogar möglich auf ein Hoverbike oder in einen Siege Tank zu steigen und damit durch die Gegend zu heizen. Nihilistic teste sämtlich Möglichkeiten aus und versuchte so langsam Grenzen zu finden, innerhalb denen sich die Story entwickeln könnte. Wodurch Blizzard sicher war, dass sich StarCraft Ghost gut entwickelte. Aber Robert und sein Team frustrierte so langsam, dass Blizzard sich auf kein Ziel festlegte. Bei jedem Flug nach Irvine scherzte das Team von was für einem Spiel Blizzards Ideenvielfalt dieses Mal kommen würde. Gleiches galt für Details an denen sich Blizzard-Mitarbeiter hochzogen. Robert schilderte unzählige Diskussionen über das Design eines banalen Space-Marine-Stiefels. Starcraft Ghost bekam ein Identitätsproblem.

Nach der zweiten öffentlichen Demostration des Spiels auf der Tokyo Game Show im September 2003, umfasste es einige gute Level und Robert hatte das Gefühl, StarCraft Ghost wäre auf dem richtigen Weg. Zu dem Zeitpunkt wünschte sich Blizzard Entertainment einen Mehrspieler-Modus und Nihilistc begann mit der Entwicklung dieses. Einige Monate später, Anfang 2004, war das Spiel an einem Punkt angelangt, wo Nihilistic von sich aus einen Feature-Stopp gemacht, einige weitere Level hinzugefügt und es ausgeliefert hätte. Würden wir hier von anderen Firmen wie Beispielsweise Electronic Arts reden, wäre das zweifellos auch passiert. Genau an EA wendete sich Robert Huebner in dem Moment. Er zog für seine Firma einen neuen Auftrag an Land: Marvel Nemesis – Rise of the Imperfects. Denn aus seiner Sicht würde Nihilistic Software die Arbeit an StarCraft Ghost 2004 abschließen. Ob nun weil das Spiel tatsächlich fertig wäre oder weil sein Team von Blizzards Feature-Wünschen die Schnauze voll hätte.

Zur E3 2004 befand sich StarCraft Ghost mehr als drei Jahre in der Entwicklung. Es war aus Nihilistics Sicht fertig und auf hochglanz poliert. Es bot Schlachtfelder mit Zerg Horden ebenso wie an Bord von Protoss Schiffen. Doch während Fans und Presse es in der Messehalle spielten, beschossen Blizzard Entertainment und Nihilistic Software im Konferrenzraum die Produktion zu stoppen, weil ein klares Endziel für das Spiel fehlte. Dem Nihilistic Team zerriß es das Herz ihre ganze Arbeit nach so langer Zeit einzustellen, aber zumindest war es kein Totalverlust. Sie konnten die Erfahrungen für ihr kommendes Projekt einsetzen.

Zu Nihilistics großem Erstaunen, war das von Blizzard Entertainment folgende Statement bezüglich StarCraft Ghost nicht, das Spiel wäre eingestellt, sondern die Swingin‘ Ape Studios würden das Spiel nun entwickeln. Swingin‘ Ape waren ähnlich wie Nihilistic im Jahre 2000 von einem Trio gegründet worden. Steve Ranck, Mike Starich und Scott Goffman hatten das Speedbootrennspiel Hydro Thunder programmiert, bevor sie Midway verließen und dann mit ihrem eigenen Studio Metal Arms: Glitch in the System veröffentlichten. Was ebenfalls ein third-person action game war und einen sehr gelungenen Mehrspieler-Modus besaß. Genau das was StarCraft Ghost aus Blizzards Sicht fehlte.

Das Swingin‘ Ape Team ging im Juli 2004 gänzlich anders an den Multiplayer-Modus heran. Während Nihilistic versucht hatte, bei diesem dem eigentlichen Spielprinzip eines Ghosts treu zu bleiben, machte Swingin‘ Ape daraus spaßige Matches mit unterschiedlichen Klassen. Zu dem sehr langsamen Ghost, mit Tarnung, Thermalsicht, EMP und Scharfschützengewehr gab es die leichte Infanterie, die nur wenig Rüstung aber dafür eine große Waffenauswahl besaß. Dann den Feuerfresser mit Flammenwerfer und Napalm-Raketen und natürlich den Space-Marine mit ebenso schwerer Rüstung wie der Feuerfresser aber Sturmgewehr und Granaten. Neben den damals typischen Deathmatch, Capture-The-Flag und King-of-the-Hill Modi gab es zwei weitere. “Mobile Conflict” beinhaltete das von StarCraft bekannte Prinzip der angeflogen kommenden Gebäude. Die Teams mussten beide in die Einrichtung eindringen, eines den Kontrollraum erobern und konnte dadurch dann das Gebäude zu ihrem Startpunkt fliegen. Wo es wiederum für begrenzte Zeit verteidigt werden musste, um das Match zu gewinnen. “Invasion” hingegen war den später in World of WarCraft etablierten Schlachtfeldern ähnlich. Auf einer Karte mit Mineralienquellen, konnten diese von den Team erobert und dadurch Fahrzeuge gekauft werden. Die ließen sich jedoch nur von Ghosts und leichter Infanterie steuern.

Blizzard war erneut sehr zufrieden, wie sich StarCraft Ghost entwickelte und kaufte die Swingin‘ Ape Studios fasst ein Jahr später, im May 2005. Dadurch zog das Team nach Irvine in Blizzards Firmenzentrale um. Swingin‘ Abe fühlte sich wie ein Teil der Familie und die Kommunikationswege wurden kürzer. Für einige Monate bekam das StarCraft-Ghost-Team alle Unterstützung, die sie brauchten. Auf der ersten BlizzCon, im Oktober 2005, durften die Fans den neuen Mehrspieler-Modus testen, Blizzard zeigte eine Cinematic-Sequenz des Spiels und verkündete Ghost wäre weiterhin in der Entwicklung, es gäbe jedoch immer noch keinen Erscheinungstermin. Die zweite Sache, die es auf der BlizzCon zu sehen gab, waren die Blutelfen der ersten World of WarCraft Erweiterung. WoW war ein Dreivierteljahr vorher gestartet und statt der von Blizzard geplanten 400.000 Spieler, waren es mittlerweile fasst 4.000.000 geworden, die sehnsüchtig auf neuen Content warteten. Für neuen Gebiete, Instanzen, Schlachtzüge und überhaupt die Sicherung der Stablität der ganzen WarCraft Welt brauchte Blizzard unglaublich viele Entwickler. Außerdem erschien einen Monat nach der BlizzCon bereits die Xbox 360, die nächste Konsolengeneration. Blizzard Entertainment, die gleichzeitig Entwickler und Publisher waren, wurde weiterhin von den Großhandelsketten bereits gewarnt, StarCraft Ghost würde nicht mehr vorangig in den Läden platziert, weil es für die alte Generation war. Die Entscheidung, deutlich mehr Entwickler auf StarCraft Ghost zu verlagern oder es einzustellen, war für alle offensichtlich.

Wäre nur eine Kleinigkeit anders gelaufen, wie das Swingin‘ Ape nicht nach Irvine umgezogen war. Oder hätte ein hochrangiger Blizzard Angestellter sich für das Projekt stark gemacht, wäre StarCraft Ghost wahrscheinlich erschienen. Aber so wurde es auf Eis gelegt. Keith DeCandido’s Roman erschien ohne das Spiel im November 2006. Protagonistin Nova war später sowohl in einer Kampagnenmission von StarCraft II: Wings of Liberty als auch Heart of the Swarm zu sehen. Auf dem D.I.C.E. Summit im Februar 2008 gestanden Mike Morhaime und Rob Pardo letztlich die Stillegung des gesamten Projektes ein.

Einzelnachweise:

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