Im Morgengrauen steuerte Lucas ihr Boot ans Ufer. In der Ferne erblickten sie bereits das Aquädukt. Magister Laurentius zur Folge, sollte dessen Verlauf sie zum Château d’Ombrage führen. Einem abgelegenen Ort, an dem sie keiner suchen würde. Die Aquäduktmauern erstreckten sich durch Wälder und Felder. Nicht nur schöne Landschaften. Denn in Frankreich tobte der hundertjährige Krieg und so zierten unzählige Streckenabschnitte mit toten englischen sowie französischen Soldaten ihren Weg. Glücklicherweise brannten vereinzelt Belagerungstürme und anderes Kriegsgerät, was die Ratten teilweise zurück hielt.
Das Trio näherte sich gerade dem Ende eines Schlachtfeldes, als sie einen Soldaten beobachteten, der zwei vermummte Jugendliche stellte. Amicia versuchte sich an ihnen vorbei zu schleichen, als die offenbar weibliche Vermummte auf die Schleichenden verwies und der Soldat sich umdrehte. Zu Amicias Glück rannten die beiden nicht einfach davon, sondern schlugen den Soldaten nieder, als dieser ihnen den Rücken zuwandte. Zu fünft suchten sie das Weite. Aber plötzlich stolperte Hugo. Amicia hielt wenige Sekunden inne. Unentschlossen was zu tun sei, sah sie mit an, wie ein anderer Soldat aufschloss und sich Hugo schnappte. Im nächsten Augenblick schlug sie ein Dritter KO.
Die Tritte eines Soldaten, erweckten Amicia Stunden später. Den üblichen Leichenfledderer stachen die Truppen unverzüglich ab. Aber an Hugo und ihr entdeckten sie das de Rune Familienwappen und verschonten sie deshalb. Nicht aus reiner Nächstenliebe, sondern wegen des Kopfgeldes der Inquisition. Obwohl Amicia in dem Stahlkäfig fest saß, brachte ihr die Zelle zumindest eine Mahlzeit ein. Die de Rune Tochter musste jedoch nicht lange nachdenken, wie sie entkam. Kaum verschwand die Wache, öffnete ein rothaariges Mädchen ihren Käfig. Es war Melie, eine der zwei Vermummten von zuvor. Mit Ablenkungsmanövern ihres Bruders Arthur, schlichen die beiden Mädchen durchs feindliche Lager und befreiten ebenfalls Hugo. Bis auf fünf Meter kamen sie ans Tor des Feldlagers heran. Dann öffnete es sich überraschend und Inquisitor Nicholas, der Mörder ihrer Familie ritt hinein. Er schien erzürnt, vom Umstand, die Beute selbst fangen zu müssen, für die er zahlte. Amicia erwartete ihr baldiges Ende. Doch in der nächsten Sekunde schleuderte Arthur ein brennendes Fass von der Mauer. Die Explosion begrub den Inquisitor unter seinem Pferd. Verfolgt von Pfeilen entkamen die Drei in den Wald. Arthur hatte nicht ganz so viel Glück. Ihn packten die Soldaten.
Lucas wartete bereits im Chateau auf sie. Eine in Ruinen liegende Burg mit einem gesicherten Hof, der die Rattenplage abhielt. Für die nächsten Tage wurde das Chateau ihr zuhause. Lucas entdeckte innerhalb der Mauern sogar ein Alchemielabor, worin er versuchte Laurentius und Beatrice Forschung fortzuführen. Leider fehlten ihm jedoch die Aufzeichnungen seines Meisters. Die einzige Chance, ein Heilmittel, oder zumindest etwas zur Verlangsamung von Hugos Krankheit zu finden, war das Sanguinis Itinera. Ein verbotenes Buch, das im Keller der Universität aufbewahrt wurde. Für gewöhnlich glich es Selbstmord, in die Stadt einzudringen und sich bis zur Universität durchzuschlagen. Aber mit der grassierenden Schwarzen Pest und der anhaltenden Evakuierung, hatten die französischen Soldaten alle Hände voll zu tun. Melie wollte außerdem ihren Bruder aus dem Gefängnis der Stadt befreien. So passte Lucas auf Hugo auf, während die beiden Mädchen in der folgenden Nach in die Stadt schlichen.
Die finsteren Straßen waren mit Barrikaden und Kranken gepflastert. Scheinbar setzten die Soldaten sogar Lockmittel ein, damit Ratten die Pestopfer beseitigten. Um beide Aufgaben bewältigen zu können, teilten Amicia und Melie sich auf. Alles was Amicia wusste, war der Name des Buches, das etwas rotes auf dem Einband war und sie den Rosen folgen sollte. Tatsächlich entdeckte sie Rosenverzierte Banner, die ihr den Weg zur Bibliothek der Universität wiesen. Dort sah sie zum ersten Mal Großinquisitor Vitalis Benevent. Der alte Mann erhielt Blutinfusionen, da er scheinbar ebenso an der Prima Macula litt. Genau aus diesem Grund, suchte er ebenfalls nach dem Sanguinis Itinera. Oder besser gesagt, ließ danach suchen. Doch seine Männer stießen auf ein Hindernis. Eine Tür in Form einer prachtvoll verzierten Wand. Das Meisterwerk des Stadtschmieds. Der Schmied selbst weigerte sich, die Tür zu öffnen. Weshalb Vitalis ihn bereits umbringen ließ und nun dessen Sohn zwang, die Tür zu öffnen. Amicia wartete, bis der Großinquisitor abzog, bevor sie zum Angriff überging. Als eine der Wachen, direkt unterm Kronleuchter stand, zerschoss sie mit ihrer Steinschleuder die Aufhängung. Krachend erschlug die Konstruktion den ersten Soldaten. Der zweite sah sofort nach dem Rechten, wofür er Rodrik den Rücken zu wandte. Ein fataler Fehler! Der muskulöse Schmiedesohn schlug den Soldaten mit einem einzigen Hieb nieder.
Hoch oben in der zweiten, geheimen Bibliothek, umringt von Rosenbannern, fand Amicia in der Tat das verbotene Buch. Gerade rechtzeitig, bevor Großinquisitor Benevents Männer nachrückten. Unter dem Schutz des Feuers, das der herabgefallene Kronleuchter entfachte, entkamen Amicia und Rodric zurück zum Chateau.