Sie nahmen uns mit auf Ausflüge durch den Black Mesa Komplex, führten den Master Chief in seine erste Schlacht, schilderten den Untergang amerikanischer Fallschirmspringer im zweiten Weltkrieg und schenkten uns den größenwahnsinnigsten und zugleich unterhaltsamsten Roboter der Videospielgeschichte. Trotz all dieser Leistungen sind sie von Fans des Ego-Shooter-Genres ebenso verhasst wie geliebt. Denn sie wagen ständig ungewöhnliche Konzepte und setzen alles auf eine Karte. Wodurch ihre Shooter sowohl zu schlechtesten Spielen aller Zeiten, als erfolgreichsten Franchises zählen und sie außerdem ins Guiness Buch der Rekorde brachte. Das alles vollbrachten sie als eines der letzten unabhängigen Videospiel-Studios der Welt. Die Rede ist selbstverständlich von Gearbox Software!
Die Mitte der 90er markierte die Geburtsstunde unzähliger Ego-Shooter produzierender Studios. Entwickelt von pubertierenden Jugendlichen, die sich mit ihren anarchistischen Ansichten gegen das System stellten. Die Jungs von id Software rebellierten erst gegen ihre Eltern, dann die gierigen Publisher und am Ende gegen sich selbst. Bei 3D Realms, stellte sich die Belegschaft wiederum gegen Firmenchef, Scott Miller, und dessen Videospiele-Produzent, George Broussard, auf. Billy Zelsnack, Duke Nukem 3D’s Engine Programmierer, schwang täglich Reden darüber, dass jeder der Designer ein Mitspracherecht haben musste und sie nicht starr Georges Anweisungen folgen sollten. Reden für die Scott Billy als „Rebel“ und „Boat Rocker“ titulierte, weil er in seinen Augen Unzufriedenheit säte. Als Duke Nukem 3D ausgeliefert war und Billy sich mit seinem Bruder Jason an ein neues Projekt mit einer weiblichen Rambo-artigen Heldin machte, warf Scott die Zelsnacks schließlich raus. Das Bombshell dadurch Ende der 90er nicht erschien, war das geringere Übel. Viele junge 3D Realms Angestellte sahen Billys Entlassung als Scotts Versuch an, sie mundtot zu machen. Weshalb 3D Realms 30% seiner Belegschaft verlor. Sechs von ihnen schlossen sich den Zelsnacks an. Sie gründeten ein eigenes Studio, das sie treffenderweise Rebel Boat Rocker tauften. Der Rest formte Hipnotic Interactive, die etwas später zu ritual Entertainment wurden und 3D Shooter wie Sin oder Heavy Metal: F.A.K.K. 2 entwickelten.
Der Fokus dieser Geschichte sind jedoch die Rebel Boat Rocker. Das sich Randy Pitchford, Brian Martel, Doug Wood, Stephen Bahl, Landon Montgomery und Rob Heironimus den Zelsnacks anschlossen, lag nicht nur an Billys Einstellung, sondern ebenso seinem Talent. Billy hatte vor 3D Realms bereits für Epic MegaGames gearbeitet. Er zählte wie Michael Abrash und John Carmack zu den Pionieren der 3D Engines. Tatsächlich hatte er sogar für John Carmack das Problem des dynamischen Lichts in dessen Quake Engine gelöst.
Der Rebel Boat Rocker Plan ließ sich leicht zusammenfassen aber schwer realisieren. Parallel zu Duke Nukem 3D waren Tomb Raider und Super Mario 64 erschienen. Die Rebellen sahen den Evolutionssprung der Spiele ebenso wie die damit verbundenen Haken. Beide Spiele führten quasi 3D animierte Charaktere in Polygon-Welten ein. Sie zeigten aber ebenso, wie eine Third-Person-Perspective Steuerung und Kameraführung zu einem gewaltigen Problem machten. Weshalb die Rebellen beschlossen einen Ego-Shooter zu kreieren, bei dem der Spieler Teil einer Truppe war und deren coole Bewegungen beobachten konnte, ohne selbst in die Misere zu geraten. Es würde hunderte handgefertigte Animationen sowie eine Partner KI erfordern, aber die Rebellen fühlten sich der Anforderung gewachsen. Für 3D Realms Engines hatten die Zelsnacks außerdem an ersten Physik-Systemen innerhalb der Spiele gearbeitet. Zudem war deren Shadow Warrior, der erste 3D Shooter, in dem der Spieler in Fahrzeuge springen und mit ihnen herum fahren konnten. Diese Features sollten ebenso in ihre Engine fließen, wie Außen-Areale. Ihre Lightning-Engine würde, nach langer Entwicklung, tatsächlich beliebige Polygone berechnen können, um detaillierte Geometrie für Innenräume und gleichzeitig gewaltige Polygone für umfassende Außenwelten darzustellen, die es sonst nur in Rennspielen oder Militärsimulationen gab. Das Grundprinzip ihres Prax War betiteltes Spiels sollte „G. I. Joe vs. Cobra“ sein. Wofür sie Electronic Arts als Publisher gewannen. Die Ironie des Ganzen war, dass Rebel Boat Rocker durch das zu Fall gebracht wurde, für das ihr Studio stand. Die Truppe besaß kein Oberhaupt. Jeder durfte Entscheidungen treffen. Jeder hatte ein Mitspracherecht. Was in allerhand Problemen resultierte. Beispielsweise stellte Randy einen neuen Programmierer ein, der Billy bei der Engine unterstützen sollte. Aber Billy warf ihn wieder raus, weil er nicht wollte, dass jemand in seinem Code herum fummelte. Außerdem sahen viele Entwickler Prax War eher als Forschungsprojekt an. Was wundervolle Dinge hervorbrachte, aber jeden Terminplane torpedierte. Als Billys Lightning Engine nach 18 Monaten beim 3. Rewrite angelangt war und Rebel Boat Rocker EA noch immer keine Spiel-Demo zeigen konnte, zogen die Redwooder den Stecker. Ebenfalls dadurch angetrieben das in dem Jahr, also 1998, Spiele wie NovaLogic’s Delta Force, Zombie Studios‘ Spec Ops und Dynamix’s Starsiege: Tribes vieles von dem umsetzten, was Rebel Boat Rocker plante aber nicht vorzeigen konnte.
Rebel Boat Rockers Animationskünster, Doug Wood, nahm die Technologie der geskripteten Charaktere mit zu seinem neuen Arbeitgeber Valve Corp. Wo er zum Lead Animator für Half-Life wurde und eben dieser Faktor Valves erstes Spiel zum Weltruhm führte. Die Gründungsmitglieder formten ohne die Zelsnacks im Januar 1999 eine neue Firma: Gearbox Software.
Der Name Gearbox, zu deutsch Getriebe, sollte auf eine komplexe und hoch effiziente Maschine verweisen. Bei der jeder Bestandteil gut ausbalanciert, stark sowie geölt war und genauso ständigen Fortschritt symbolisierte. Da das Team aus Rebel Boat Rocker gelernt hatte, dass ihre Ideologie sie behinderte, kehrte Gearbox zu der Firmenstruktur zurück, gegen die sie bei 3D Realms rebellierten. Dafür machten die fünf Randy Pitchford zu ihrem Präsidenten, denn er war bei Rebel Boat Rocker nicht nur der leitende Level-Designer gewesen, sondern managete ebenso den gesamten PR Kram. Außerdem schlug er vor seiner Videospiellaufbahn bereits eine Anwaltslaufbahn ein.