Gearbox Software Historie – Vom Weltkrieg bis zum Krieg der Welten

by Pandur
Roboter Claptrap und das Gearbox Logo

Den Ausgang von Matt Bakers Brothers in Arms Geschichte durften Spieler gut ein Jahr später im Herbst 2008 durchleben. Es war keine Erzählung mit abschließenden Jubelschreien und Schulterklopfen. Brothers in Arms: Hell’s Highway beschrieb die Niederlage der amerikanischen und britischen Truppen bei Operation Market Garden. Bei welcher drei Fallschirmspringer Divisionen über Eindhoven, Nijmegen und Arnhem abgeworfen wurden. Geplant war, die dortigen Brücken zu sichern und damit die deutschen Verbindungslinien zu durchtrennen. Aber dieser Plan ging zur Hölle, da ihnen zwei deutsche Panzerdivisionen in die Quere kamen. Als die Deutschen verstanden hatten, was vor sich ging, umzingelten sie den geplanten Korridor und zerdrückten die Alliierten Truppen. Weit hinter feindlichen Linien und nicht für eine derartige Schlacht ausgerüstet, wurden die 35.000 Mann regelrecht abgeschlachtet.
Das Gearbox Team hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Geschichte wie die der Titanik zu erzählen. Genau wie jeder wusste, die Titanik würde sinken, war auch klar, dass Matt Baker und seine Kameraden bis zum letzten Atemzug kämpften. Hell’s Highway drehte sich um das Drama und die Emotionen der Charaktere. Deshalb repräsentierte jeder Offizier eine echte historische Figur und jeder Unteroffizier basierte auf einer realen Figur, denen Gearbox jedoch andere Nahmen und Persönlichkeiten verlieh.
Wie im ersten Spiel, gelang es Gearbox exzellent deren Emotionen widerzuspiegeln. Der Spieler fieberte mit, wenn ein Kamerad fiel oder sie an Boden gewannen. Diese Kinoreife Darbietung spiegelte sich jedoch auch in einer leichteren Spielerfahrung wieder. Hell’s Highway näherte sich den verbreiteten Shooter Mechaniken der damaligen Zeit an. Gesundheit regenerierte sich, das Deckungssystem wurde dem Gears of Wars angeglichen und das neue Action-Camera System lieferte Kill-Sequenzen wie Fallout 3. Ebenso adaptierte der Mehrspieler-Modus den Klassenbasierenden-Ansatz von Team Fortress 2. Wodurch das eigene Team Schwierigkeiten bekam, sobald sich ein einzelner Spieler als Einsamer Wolf entpuppte. Das alles resultierte im September 2008 in einer 76% Durchschnittswertung. Nicht ganz der krönende Abschluss, den sich Randy erhoffte.

Während die Brothers in Arms Reihe eine Weiterentwicklung ihres Prax War Konzepts war, entstand in Folge der Halo Portierung ein gänzlich anderes Spiel. Bungie war durch Ego-Shooter wie die Marathon Trilogie auf dem Mac groß und dann auf Microsofts Wunsch hin zum Xbox Entwickler geworden. Deren Quellcode erschien dem Gearbox Team zunächst, als müssten sie eine außerirdische Sprache erlernen. Bungies Praktiken und Architektur beflügelte jedoch die Ideen der Programmierer. Woraus ein Konzept für prozedural generierte Waffen geboren wurde und die Verschmelzung von Diablo mit einem 3D Shooter begann. Talentbäume gesellten sich hinzu und es entstanden neue Shooter-lastige Klassen, wie Soldat Roland, mit seinen aufstellbaren Geschütztürmen, Jäger Mordecai, der den Feinden sein Schoßtier Bloodwing auf den Hals hetzte, Sirene Lilith, welche in eine andere Dimension wechseln konnte und Berserker Brick, der Faustkämpfe Schießereien vorzog. Wallstreet Analyst Michael Pachter prophezeite damals, ihr Spiel würde nur darauf warten unterzugehen. Denn seinen Worten zur Folge, griffen Spieler entweder zu Dragon Age, wenn sie ein Rollenspiel wollten, oder Call of Duty für einen Shooter. Sie hätten kein Interesse an einer Mischung. Tatsächlich ging Flagship Studios Hellgate London ein Jahr zuvor unter. Jedoch lediglich, weil den Entwicklern bei der Realisierung ihrer Idee das Geld ausging. Dem Gearbox Team schien diese Idee weiterhin revolutionär. Um das garantiert zu werden, musste ihr Spiel jedoch in jederlei Hinsicht innovieren, also ebenso dem Styling. Sie versuchten sich an einem Science Fiction Setting a la Mass Effect, dem Macho-Style von Gears of War und dem Anime Style von Ghost in the Shell. Einigten sich jedoch letztlich auf ein ernsthaftes, kerniges Realismus-Szenario mit Retro Einflüssen und mechanischen Elementen.

Drei Jahre später, im Oktober 2008 war ihr Borderlands zu 75% fertig. Das Gearbox Truth Team, eine Reihe von Spielern mit psychologischer Ausbildung, zeigte jedoch verschiedene Probleme auf. Das Spielgeschehen besaß Parallelen zu id Softwares Rage, die Optik zu Bethesdas Fallout 3 und das gesamte Game war irgendwie stark überzogen. Das spiegelte sich vor allem im verrückten Vagina Monster wieder. Was eigentlich eine Kreatur mit aufrechtem Maul war. Gleiches galt für die Sprünge der Fahrzeuge, welche an „Ein Duke kommt selten allein“ erinnerten. Die Prognose der Tester ließ vermuten, dass Borderlands der hässliche, kleine Bruder von Rage werden würde. Gleichzeitig fehlte Gearbox aber das Kapital, um Borderlands einzustampfen und von Vorne zu beginnen.

Zu dem Zeitpunkt hatte sich Randy bereits als kreativer Leiter von Gearbox Spielen zurückgezogen. Nach Brothers in Arms leitete er nur noch die Produktion. Er legte also die Ziele der Spiele fest, beaufsichtige den Fortschritt und sorgte dafür das sowohl Budget also auch Zeitplan eingehalten wurden. Brian Martel übernahm stattdessen die kreative und künstlerische Leitung. Wie Randy hatte auch Brian die 3D Realms und Rebel Boat Rocker Zeit durchlebt, war zuvor jedoch bereits bei Microprose gewesen. Wo er einen der sieben Civilization Entwickler verkörperte. Seine Arbeit an deren Across the Rhein hatte außerdem das zweite Weltkriegsszenario von Brothers in Arms mit ausgelöst. Brian überlegte tagelang, wie sich das Borderlands Problem lösen lies. Dann sprang ihm die Lösung in Form von Ben Hibon’s Codehunters ins Gesicht. Einem MTV Kurzfilm, mit Sci-Fi Setting aber dennoch einem Comic Stil. Brian schloss sich mehrere Tage in einem Kämmerlein ein und programmierte einen Prototypen der durch Cell-Shading exakt dem Look entsprach. Borderlands neues Outfit überzeugte alle. Das einzige Problem an dem Punkt war nur, ob 2K dem zustimmen würde. Schließlich hatten sie bereits einen kostspieligen Trailer inszeniert, die Verpackung designt und sämtliche anderen Werbemaßnahmen in die Wege geleitet. Deshalb produzierte das Gearbox Team innerhalb von drei Wochen einen eigenen Trailer mit cinematischen Sequenzen. Den präsentierte Randy der 2K Führung in San Francisco. Sie erhoben enorme Bedenken. Aber deren eigenes Marketing Team bestätigte, was Randy ausführte. Borderlands brauchte diesen kosmetischen Wandel. Das nächste Problem war allerdings, dass ein gewaltiger Teil der Shooter Community kein Interesse an einem Comic-Spiel hatte. Letzten Endes wurden es die Verkäufer der Game Stores, die ihre Kunden davon überzeugten, Borderlands sei ein grandioses Spiel, in dem es darum ging Leute abzuknallen, Gegenstände zu stehlen und Dinge in die Luft zu jagen. Die Verkaufsrekorde setzten somit nicht umgehend beim Oktober 2009 Release ein. Doch bis Ende des Jahres verkaufte Gearbox zwei Millionen Exemplare, ein Jahr später waren es drei und 2011 bereits viereinhalb Millionen. Borderlands gedieh zu einem kommerziellen Erfolg und Analyst Michael Pachter entschuldigte sich im Nachhinein sogar für seine Fehleinschätzung.

Mit Borderlands bewies das Gearbox Studio, dass sie zu den Großen des Shooter Genres zählten. Sie hatten realistische und ernste FPS ebenso wie abgedrehte spaßige Shooter mit aufwendigen Mechaniken im Hintergrund erschaffen. Es war wenig verwunderlich, dass ihr Brothers in Arms Publisher, Ubisoft, darum bat, dem Franchise ebenfalls neues Leben einzuhauchen. Das Gearbox Team kam dem nach, indem sie wie so häufig das Bewerte iterierten. Sie kombinierten das 1944 Szenario mit vier Comic-haften Charakteren, die Brothers in Arms: Furious 4 zu einem Inglourious Basterds ähnlichem Spektakel machten. Diese vier Titelfiguren zogen aus, um Hitler zu erledigen und auf dem Weg allerhand in die Luft zu jagen. Der Texaner Crockett brandmarkte seine Opfer mit einem Viehtreiber, bevor er sie mit seinem Revolver abknallte. Der amerikanische Ureinwohner Chok bearbeitete seine Opfer mit Äxten. Ire Stitch bastelte sich seine eigene Blitze-schleudernde-Waffe und Hüne Montana rückte Feinden mit Kettensäge sowie Minigun zu Leibe. Randy präsentierte Gearbox ersten Trailer des Spiels auf der E3 2011. Aber diese Demonstration ging nach hinten los. Brothers in Arms Fans waren realistische Spiele mit einem taktischen Aspekt gewohnt. Furious 4 schritt in die genau entgegengesetzte Richtung und das löste Buh-Rufe in Massen aus. Ubisoft verlor das Interesse, ließ den Lizenzvertrag auslaufen und stellte das Projekt ihrerseits ein. Gearbox plante kurzzeitig es als Furious 4, ohne den Brothers in Arms Obertitel, weiterzuführen. Wich dann aber auch davon ab.

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