Anfang der 80er bezwang ein übereifriger junger Hacker, einen ehemaligen Air Force Piloten bei Luftgefechten. Aus diesem Geplänkel entstand eine Freundschaft, die zwei Dekaden lang unzählige Meisterwerke wie F-15 Strike Eagle, Pirates, Gunship, Railroad Tycoon oder Civilization hervorbrachte. Ihre Firma hieß Microprose.
Es war die Zeit der Vietnam Veteranen. Nachdem sie Jahre lang vom Großteil der amerikanischen Bevölkerung als Psychopathen und Baby Killer betrachtet wurden, stiegen sie in Film und Fernsehen langsam als Helden auf. Serien wie das A-Team, Magnum, P.I oder Airwolf verkörperten die neuen amerikanischen Ideale. John William Stealey kurz “Wild Bill” genannt, war einer dieser Veteranen. 1947 geboren, von der Air Force Academy ausgebildet, war er sechs Jahre im Dienst gewesen. Anschließend hatte er seinen MBA an der University of Pennsylvania nachgeholt und war Anfang 1982 als „Director of Strategic Planning“ bei General Instrument in Baltimore eingestiegen. Eines Tages bekam er von seinem Chef die Aufgabe, Buchwertabgänge, Gewinn und Verlustprognosen sowie Cashflow Diagramme für die nächsten fünf Jahre zu erstellen und diese der Firmenleitung in New York City vorzustellen. Wenn es nicht ums Fliegen ging, war Wild Bill jedoch relativ faul und da sein Chef ihm keine Teilzeitkraft zur Hilfe geben wollte, ging er stattdessen in ein Computergeschäft. Er kaufte sich einen Atari 800 mit VisiCalc zur Bewältigung der Mammutaufgabe, sowie Star Raiders zum eigenen Vergnügen. Zurück bei der Arbeit, teilte er sein Vergnügen über das Spiel mit seinen Kollegen und erfuhr so von den SMUGGERS – Sid Meiers User Group. Beim folgenden Treffen mit der Gruppe, sah er wie Sid Meier und seine Freunde Raubkopien von Computerspielen anfertigen. Als ehemaliger Air Force Pilot, der an die guten Grundsätze Amerikas glaubte, entgegnete er den Jungs, sie dürften keine Software stehlen. Woraufhin Sid entgegnete: Wir verkaufen sie ja nicht, wir gucken sie uns nur an. Wild Bill kehrte den SMUGGERS an dem Tag den Rücken.
Zwei Monate später, im Mai 1982, waren Bill, als einziger Finanzheini, und Sid, als einziger Technik-Freak, im Auftrag ihrer Firma zusammen mit geschätzt 200 Marketing-Typen auf einer Trade Show in Las Vegas eingesperrt. Nachdem sie sich mehrere Stunden gelangweilt hatten, überredete Sid Bill sich rauszuschleichen und stattdessen die unzähligen Spielautomaten des MGM Grand auszuprobieren. Sid schlug Bill bei jedem Spiel. Dann kamen sie plötzlich zum „Red Baron“ Automaten und für Wild Bill war unweigerlich klar, dass er bei einem Luftkampfspiel gewinnen musste. Stolz legte er 75.000 Punkte vor. Aber Sid kam problemlos auf 150.000 und war noch längst nicht fertig. Bill fragte unglaubwürdig wie der das mache und Sid antwortete ihm, er hätte sich bei Bills Partie die wenigen Flugmuster gemerkt, denn das Spiel sei extrem simpel programmiert. Er fuhr mit den Worten fort: „Ich könnte in einer Woche etwas besseres schreiben!“. Worauf Bill entgegnete: „Wenn du es schreiben kannst, kann ich es verkaufen!“.
Tatsächlich dauerte es drei Monate, bis Sid wieder in Bills Büro bei General Instrument kam und diesem die Diskette seines Zweiter-Weltkrieg-Shooters Hellcat Ace auf den Tisch legte. Wild Bill war der Verkaufsspruch zuvor nur raus gerutscht. Er wollte seine Freizeit gar nicht damit verbringen Software zu verkaufen, noch wusste er wie das funktionierte. Also schrieb er Sid stattdessen eine vierseitige Liste, mit Argumenten über G-Kräfte, Flugmodelle und vielen weiteren Dingen, die an Hellcat Ace schlecht waren. Als er die Enttäuschung in Sids Gesicht, beim Anblick der Liste sah, war Bill überzeugt, das Problem sei vom Tisch. Aber eine Woche später war Sid zurück und meinte, er hätte die Probleme behoben.
Als Bill von seiner nächsten NYC Tour zurückkam, hielt er auf dem Weg in einem New Jersey Computergeschäft an und überredete den Ladenbesitzer ihm eine Chance zu geben, sein Spiel zu demonstrieren. Anderthalb Stunden später waren die beiden fertig und der Mann wollte 100 Exemplare. Da Bill keinen Plan hatte, was das Spiel wert sei, nannte er ihm die 29,95$, die er auf den anderen Spielen im Laden sah. Bill bekam daraufhin erst Mal eine Erklärung, wie das Preissystem von Computergeschäften funktionierte und einigte sich mit dem Verkäufer schließlich auf 14,97$ pro Spiel. Da Sid nur zwei Disketten von Hellcat Ace erstellt hatte und auch noch arbeiten musste, bezahlten sie einen Nachbarsjungen 25 Cent pro Spiel, damit er Hellcat Ace 100 Mal kopierte. Bill kaufte die damals typischen Ziploc Beutel, packte einen Ausdruck dazu und der Vertrieb lief an.
Selbstverständlich brauchte ihre neues Unternehmen einen Namen. Wild Bill dachte über etwas mit einer Air Force Beziehung nach, kam aber auf nichts treffendes. Für eine kurze Zeitspanne dachten sie sogar über Smuggers Software nach. Doch letztlich landete Sid bei MicroProse. Schließlich war sein Code der eines Pros für Microcomputer.
Sid versteifte sich mit seinen MicroProse Spielen aber nicht auf Action-Simulationen. Nachdem er seinen „Hellcat Ace“-Code für „Spitfire Ace“ auf eine „Supermarine Spitfire“ Maschine zur Verteidigung Londons umgeschrieben hatte, programmierte er auf Basis von Dan Gorlins Choplifter eine Mehrspielerversion namens Chopper Rescue. Später kombinierte er Ataris Hit-Spiele Donkey Kong und Pitfall! zu Microprose’s Floyd of the Jungle. Währenddessen setzte Bill seine „Wild Bill Show“ in weiteren Computerläden der Baltimore Region fort und platzierte eine Werbeanzeige im Antik Magazin. Der Anzeige folgend rief Bill in verschiedenen Computergeschäften an, fragte als vermeintlicher Käufer nach dem Spiel aus der Anzeige und regte sich dann darüber auf, was für ein mieser Computerladen es sei, bevor er auflegte. Zwei Wochen später rief Bill den gleichen Laden als MicroProse Vertriebler an und verkaufte ihnen augenblicklich zahlreiche Exemplare. Auf diese Weise setzte Microprose bis Ende 1982 pro Monat durchschnittlich 500 Spiele für 15$ das Stück ab.