Origin Systems – Wing Commander und Chris Roberts Vision eines interaktiven Universums

by Pandur

Aber während Chris offiziell in seiner Arbeitszeit Bad Blood schrieb und Denis Loubet bis über beide Ohren in Ultima VI vertieft war, fanden die beiden in ihren Abendstunden dennoch Zeit für ein weiteres Spiel. Inspiriert von Star Wars und dem Battlestar Galactica Original wollte Chris ein Weltraum-Eroberungsspiel programmieren, in dem man Kriegsschiffe bewegen, Planeten überfallen und Sternensystem übernehmen konnte. Es sollte ursprünglich einen deutlich stärkeren strategischen Charaktere als seine bisherigen Spiele bekommen. Doch dann traf er durch Origin Sid Meier in Microprose Baltimorer Büro. Sid zeigte ihm auf dem damals Highend 386er mit 25 Mhz seine neuste Flugsimulation F-19 Stealth Fighter und kam er zu der Erkenntnis, dass es spaßiger wäre in einem Jäger durch All zu brausen, als langsame lahme Schlachtschiffe zu befehligen. Dieses Work-in-Progress-Produkt nannte er Squadron. Wie in Ian Bells und David Braben’s Elite musste er dafür seine Vogelperspektive aufgeben und auf eine Cockpitansicht wechseln. Welches Denis in seiner Freizeit für Chris entwarf. Chris war jedoch kein so großes mathematisches Genie Ian Bell, also beschloss er zu cheaten. Inspiriert von Lucas Film Games Flugsimulator Battlehawks 1942 verwendete Chris vorberechnete Grafiken von Schiffen aus verschiedenen Winkeln und Richtungen, die er je nach Distanz zum Cockpit verkleinerte und vergrößerte. Das Ergebnis sah teilweise etwas holprig aus, da Schiffe in Position sprangen, statt sanft zu rotieren, aber der Verzicht einer echten 3D Engine sparte enorme Rechenpower.

Von da an wurde Squadron zu einer eher ungewöhnlichen cinematischen Weltraum-Kampfsimulation. Da jeder Action Film einen Sidekick benötigte, baute Chris einen Wingman ein, welcher an der Seite des Spielers flog und dem er Befehle erteilen konnte. Die Kommunikation verlieh dem Wingman ebenso Persönlichkeit. Als Bad Blood fertig war, war Squadron dank unzähliger nächtlicher Arbeitsstunden bereits ein ausgereifter Weltraum-Kampfsimulator und Origin hätte es vermutlich so veröffentlichen können. Aber Chris Roberts hatte die Vision eines Films, bei der er von Origins Neuzugang Warren Spector als Co-Produzent unterstützt wurde. Mit Warrens abgeschlossenen Filmstudium brachte er eine neue Sichtweise in Origins Spiele, was bereits Ultima VI stark beeinflusste. Es hob das Squadron Design ebenso von Origins gerade veröffentlichten Space Rogue ab. Einer Mischung aus Rollenspiel und Weltraumsimulation, bei welcher der Spieler die volle Kontrolle hatte. Squadron bekam stattdessen einen mehr geführten Verlauf, bei dem der Spieler zwischen den geskripteten Kämpfen, seine Piloten-Kameraden besser kennenlernte und den Kriegsfortschritt in der Schlacht gegen die Kilrathi mitverfolgen konnte. Wofür Origin mit Jeff George zum ersten Mal einen reinen Schreiber für die Spielentwicklung einstellte. Jeff beschloss die Sqaudron Geschichte vom Star Wars ähnlichen klaren gut gegen böse Szenario abzuwenden und zu einer eher moralisch komplexeren Story werden zu lassen. Im fertigen Spiel übernahm der Spieler die Rolle eines selbst benannten blauhaarigen Piloten an Bord der TCS Tiger’s Claw, einem Bengal-Klassen Trägerschiff. Er stieg schnell in den Rängen auf und leitete letztlich einen Schlag gegen die Basis des Kilrathi High Commands im Venice System. So zumindest der optimale Verlauf. Denn bei schlechter Performance des Spielers, wandelten sich die Missionen zu Verteidigungseinsätzen und die Tiger’s Claw war schlussendlich zum Rückzug gezwungen. Wofür sich die 40 Missionen des Spiels wie ein Baum auffächerten und dem Spieler unterschiedliche Erfahrungen beim Durchspielen offenbarten.
Als Ultima VI fertig war, gewann das vierköpfige Squadron Team einen Schub zusätzlicher Programmierer und Designer, die u.a. Wert darauf legten, dass die Lippenbewegungen in den Zwischensequenzen ungefähr mit den Texten übereinstimmten. Als sich dann die Sommer CES näherte schnitt Chris eine Videokassette mit actionreichen Dogfights und Filmsequenzen des Spiels zusammen, welche sie mit bombastischer Sounduntermalung dem Messepublikum präsentierten. Kurz vor der Show überbrachten die Rechtsanwälte jedoch die schlechte Nachricht, das Squadron als Spieltitel nicht möglich sei und so entwickelte sich der Titel nach unzähligen Diskussionen zunächst zu Wing Leader und letztlich zu Wing Commander.
Ein Jahr zuvor hatte Origin Systems die Entscheidung getroffen, alte 8-Bit Systeme wie den C64 zurück zu lassen und direkt umgekehrt mit technologischem Fortschritt voran zu preschen. Wing Commander sollte die erste Realisierung dieser Philosophie sein. Es setzte den neusten 386er Prozessor voraus und Chris Roberts bestand sogar auf mehr als den traditionellen 640k Speicher, für den vollen audiovisuellen Genuss. So wurde Wing Commander auf der Sommer CES 1990 eine klare Abgrenzung vom Origins bisherigen Apple II Fantasy RPGs und übertrumpfte ebenso LucasArts Ankündigung von X-Wing. Was sich noch volle drei Jahre in Produktion befinden würde. Als Wing Commander im folgenden September für den PC erschien übertraf es die Verkaufserwartungen von Origin um Längen. Die produzierten 100.000 Exemplare verkauften sie bereits im ersten Monat und konvertierten Wing Commander in den folgenden Jahren für 3DO, Super Nintendo, Sega CD und Amiga CD32. Der Ultima Systems Fluch war gebrochen.

You may also like

Cookies sind für die korrekte Funktionsweise einer Website wichtig. Wir verwenden diese zur Personalisierung von Inhalten und Anzeigen, zur Einbindung von sozialen Medien sowie für Zugriffsanalysen auf unsere Website. Mit der Nutzung unserer Dienste erklärt ihr euch damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Klickt auf "Ich stimme zu" um dies zu akzeptieren oder lest "Datenschutzeinstellungen" zu den von uns verwendeten Arten von Cookies. Ich stimme zu Datenschutzeinstellungen