Origin Systems – Wing Commander und Chris Roberts Vision eines interaktiven Universums

by Pandur

Mit diesem Erfolg war Chris Roberts nicht mehr zu stoppen. Für Wing Commander IV: The Price of Freedom bewilligte Electronic Arts ihm ein 12 Millionen Dollar Budget, ähnlich viel wie dem erste Star Wars Film zur Verfügung standen. Chris Traum war es schon immer gewesen im Film-Business zu arbeiten und den Wunsch erfüllte er sich nun. Der Großteil des Budgets wanderte in die Filmsequenzen. Die wurden mit echten Hollywood Kameras auf 35mm Film, statt dem bisherigen Digital Capture aufgenommen und an 38 realen Sets statt Greenscreen geschossen. In den 42 statt 25 Aufnahme-Tagen filmte Chris Roberts doppelt so viel wie für Wing Commander 3. Was zu einem interaktiven Film mit Gesprächsoptionen und drei verschiedenen Enden führte. Den Preis der Freiheit bezahlte das Spiel mit der Technologie. Die 13-monatige Entwicklungszeit von Wing Commander 4 umfasste keine technischen Fortschritte für das Spielgeschehen. Etwas, das die Kritiker Wing Commander 4 stark anlasteten. Da Wing Commander 3 jedoch bereits ein gutes Spiel war, freuten sich die Meisten darüber, mehr davon zu bekommen. Es bekam neben einer 83% Durchschnittswertung zumindest Auszeichnungen für eine gute Geschichte und verkaufte knapp eine Millionen Exemplare.

Für Chris Roberts war es jedoch das Ende bei Origin. Nicht weil EA ihn für Wing Commander 4 feuerte, sondern weil sein Übernahmevertrag mit EA 1996 auslief. Chris sah sich von da an als neuer aufstrebender Stern Hollywoods. Dank den Hardwareverkäufen, welche seine Origin-Spiele ausgelöst hatte, fand er schnell Unterstützung bei AMD sowie Microsoft und gründete mit deren Hilfe Digital Anvil. Eine eher kurzlebige Firma. Sie produzierte im Zusammenarbeit mit Warthog Games Starlancer. Was lediglich 400.000 Verkäufe hervorbrachte. Denn andere Firmen hatten sich zwischenzeitlich auf die Spielgattung eingestellt. LucasArts hatte unzählige X-Wing Teile sowie Rogue Squadron herausgebracht, Interplay seine Freescape Reihe und Egosoft die X-Reihe. Das resultierte im kompletten Verkauf von Digital Anvil an Microsoft und Chris Roberts Ausstieg aus seiner eigenen Firma. Da Microsoft Chris Roberts Vision für Freelancer nicht teilte, schrumpften sie das Spiel zusammen. Dennoch bedurfte es sechs Jahre Entwicklungszeit und zahlloser Verschiebungen bis Freelancer endlich auf den Markt kam. Die Verkäufe erreichten die angepeilten 500.000 Exemplare nicht, weshalb Microsoft Digital Anvil auflöste. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Partnerfirma Warthog Games.

Chris Roberts sah sich derweil längst als Filmproduzent. Mit einem Budget von 30 Millionen Dollar drehte er 1999 einen Wing Commander Kinofilm, in dem der damalige Teenieschwarm Freddie Prinze, Jr. die Hauptrolle übernahm. Rotten Tomatos bewertete den Streifen mit 7 Punkten. Nicht von 10 möglichen, sondern von 100 Punkten. Angetrieben durch die Fans der Spiele brachte der Film dennoch weltweit 11,6 Millionen Dollar ein. Hinter die Kamera setzte sich Chris danach nicht mehr, aber er blieb dem Film-Business zumindest treu, in dem er sich fortan um die Pre-Production kümmerte. Seine Produktionsfirma Ascendant Pictures wirkte in den Folgejahren an Filmen wie Lucky Number Slevin oder Lord of War mit. Die acht veröffentlichten Filme, mit einem Budget von 202 Millionen US Dollar, spielten weltweit insgesamt 189$ Millionen ein. Wodurch Ascendant Pictures letztlich 2010 von Bigfoot Entertainment aufgekauft wurde.

Chris Roberts Ausstieg stoppte die Produktion von Weltraum-Kampfsimulationen bei Origin bzw. EA jedoch nicht. Für Privateer 2: The Darkening übernahm Erin Roberts die bisherigen Aufgabengebiete seines Bruders. Womit es tatsächlich kein Origin Spiel war, da es komplett im Manchester Studio von Electronic Arts entstand. Dennoch war es durch seinen starken Film-Sequenzen Anteil, Wing Commander 3 und 4 ähnlicher als Privateer 1. In die Rolle von Lev Arris, verkörpert von Clive Owen, wurde der Spieler zum einzigen Überlebenden eines Angriffs auf das Frachtschiff Canera. Ohne jegliche Erinnerung oder Aufzeichnung über seine Existenz erwachte Lev Arris aus dem Kryo-Schalf und ergriff die Rolle eines Freibeuters im Tri-System, um seine Vergangenheit in Erfahrung zu bringen. Ähnlich wie bei Wing Commander 3 drehte Erin mit über 60 Schauspielern, zu denen u.a. Jürgen Prochnow, John Hurt und Christopher Walken zählten Filmszenen in den Pinewood Studios Englands. Electronic Arts stellte Erin dafür 5 Millionen US-Dollar zur Verfügung, die sowohl in die Filmproduktion als auch Entwicklung einer neuen Game-Engine flossen. Das Ergebnis war ein deutlich kleineres Spieluniversum, weit ab des bekannten Kilrathi-Gebietes. 18 Planeten und Monde konnte der Spieler mit ebenso vielen verschiedenen Schiffen ansteuern und dort erneut legalen Handel treiben oder zum Piraten avancieren. Die Abnabelung vom bisherigen Wing Commander Universum verhalf den Verkäufen nicht gerade. Nur wenige Fans verspürten den Drang ihre Privateer Sammlung um einen zweiten Teil zu erweitern.

Mit Vorwürfen Wing Commander 4 und Privateer 2 seien mehr Film als Spiel gewesen, besann sich Origin für den offiziellen 5. Teil Wing Commander: Prophecy wieder auf die bewährten Grundbausteine der ersten Spiele. Es führte mit Lance Casey von der TCS Midway einen neuen Spielercharakter ein, welcher eine Dekade nach dem Kilrathi-Krieg gegen die Insektenrasse der Nephilim antreten musste. Die wiederum durch ein Wurmloch im ehemaligen Kilrathi Gebiet in die menschliche Galaxie einfielen. Für die wenigen Filmsequenzen hielt sich Origin nun eher an unbekannte Schauspieler. Lediglich Mark Hamil und Pornosternchen Ginger Lynn, durften ihre Rollen als Christopher Blair und Rachel Coriolis in einem Gastauftritt wiederholen. Dank einem dreidimensionalen Cockpit und der Unterstützung von 3D-Beschleuniger-Karten wurde Prophecy zum bestaussehenden Wing Commander Spiel und mit mehr als 700.000 Verkäufen zu einem soliden Titel.

Ein halbes Jahr nach dem Prophecy Release reichte Origin im April 1998 mit Secret Operations ein kostenloses Erweiterungsset nach. Dafür testeten sie Jahre vor Valves Half-Life 2 und Telltales Spielen ein Episoden-Veröffentlichungskonzept. Das jedoch zu einer Zeit, in der 28k und 56k Modems normal waren. Damit der Spieler nicht zu viele Daten auf einmal herunterladen musste, brachte Origin über sieben Wochen Hinweg neue Updates mit Missionen heraus, deren Struktur sich ähnlich wie bei Wing Commander I auffächerte und viel Variation ermöglichte. Obwohl Origin keine offiziellen Downloadzahlen heraus gab, war der spätere Release des Wing Commander Prophecy Gold Package, welches sämtliche Missionen beinhaltete, zweifellos eine gute Idee.

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