Ob Sega, Nintendo oder Sony, Videospiele wurden die meiste Zeit für Kinder gemacht. Doch Mitte der 90er wuchs das Medium zu einem Punkt, wo sich ein neuer Markt für Erwachsene formte. Etwas das zwei Jungs aus England erkannten. Ihr Vorhaben, innovative und unterhaltsame Spiele für Erwachsene zu produzieren, machte sie berühmt und ihre Werke berüchtigt. Ganz wie bei echten Rockstars.
Als Söhne von Scheidungsanwalt Walter Houser und Schauspielerin Geraldine Moffat, wuchsen Dan und Sam Houser im legendären Ronnie Scott’s Jazz Club von London heran. Welcher ihrem Vater gehörte und in dem Berühmtheiten wie Nina Simone oder The Who auftraten. Während sie die gehobeneren Londoner Schulen besuchten, bewunderten sie, wie viele Kinder ihres Alters, das Leben auf der anderen Seite des Teiches, mit der wachsenden Hip-Hop-Szene und düsteren Horror-Streifen. Dinge die über die normalen Grenzen hinaus gingen wie „Die Klasse von 1984“ oder Martial Arts Filme wie „Das Königreich der Yan“ waren ihre Lieblinge. Selbstverständlich hingen sie ebenso in Spielhallen ab und erlebten die Entwicklung der Videospiele zuhause am PC. Sam hatte eine Vorliebe für David Brabens Elite und Dan war ein klassischer Tetris Puzzle Fan.
Die Beziehung zur Musikszene brachte Sam Houser 1990 einen Job bei einer der vier großen Firmen der Musikindustrie ein: BMG Music. Dort produzierte Sam Musikvideos für Bands wie die Spice Girls oder Take That und als BMG 1994 eine kleine CD-ROM Firma kaufte, wechselte Sam als Produzent in den BMG Interactive Videospiele-Publishing Zweig. Mit dem Ende von Dans Geographie Studium in Oxford, holte Sam ihn ebenfalls zu BMG Interactive. Obwohl BMG Interactive auch Entwicklerstudios wie Crystal Dynamics oder DMA Design unter Vertrag hatte, sah Mutterkonzern BMG Entertainment, die Tochterfirma generell als nicht erfolgreich genug an. Weshalb sie den Videospielezweig im Dezember 1998 für 14 Millionen Dollar an Take Two Interactive verkauften. Tatsächlich hatten die Manager des New Yorker BMG Interactive nahezu jede Woche neue Gründe vorgeschoben, die Grand Theft Auto Entwicklung bei DMA Design zu stoppen und nur DMAs Beharrlichkeit und Gewinne vom Lemmings-Verkauf das Spiel überhaupt bis zur Fertigstellung gebracht.
Der ebenfalls in New York ansässige Publisher Take Two war damals eher für günstig produzierte Spiele bekannt und gehörte dem 24-jährigen Ryan Brant. Während der Verkaufsverhandlungen an Take Two überredeten Dan und Sam ihn das ehemalige BMG Interactive als unabhängiges Publisher Label, neben der eigentlichen Take2-Publisher Mutter, bestehen zu lassen und dem jungen Duo die Leitung zu übergeben. Sie wollten von der Musik-Industrie unterstützte Spiele mit Heldenfiguren wie aus Filmen produzieren und das für die erwachsene Käuferschicht. So zogen Dan und Sam von London nach New York und benannten BMG Interactive in Rockstar Games um. Einen Namen den Sam für die beste Repräsentation ihrer zukünftigen glamourösen High-End Spiele hielt.
Sam und Dan waren keine Programmierer, sie waren Schreiber und wollten Geschichten, ähnlich ihrer Lieblingsfilme, durch Videospiele erzählen. Was ihnen dafür an Kenntnis fehlte, kauften sie ein. DMA Design hatte 1995 mit der Entwicklung einer Reihe konzeptionell ähnlicher Titel wie Body Harvest, Grand Theft Auto oder Space Station Silicon Valley begonnen und war während der BMG-Rockstar-Metamorphose bereits in der Produktion von GTA2 vertieft. GTA1 war zuvor bei seinem Release im Oktober 1997 zu einem gewaltigen Medienskandal geworden, weil es den Spieler zu einem berufsmäßigen Autodieb und Killer heranzog, indem er Leute abknallen oder schlichtweg mit dem Auto durch Fußgängermassen heizen konnte.
Das war der ideale Ansatzpunkt für das Brüderpaar. Grand Theft Auto und Body Harvest hatten ähnliche Spielprinzipien und eine lächerliche bis gar keine Geschichte, aber die Grand Thef Auto Reihe besaß bereits eine skandalöse Medienpräsenz. Sam und Dan ließen DMA Design am Tage des Grand Theft Auto 2 Releases von Take Two kaufen und bauten die Firma für ihre Zwecke um. DMAs Gründer verließen das Studio und Leslie Benzies, der als Code von Space Station Silicon Valley begonnen hatte, wurde zum neuen Chef im schottischen Dundee. Mit dem Erscheinen der Playstation 2 gab es endlich eine leistungsstarke Konsole für anspruchsvolle 3D Grafik. DMA Design lizenzierte für Grand Theft Auto 3 die RenderWare Engine vom ebenfalls aus Großbritannien stammenden Criterion Games und das Brüderpaar bereicherte das Spiel mit ihrer Geschichte.
GTA3 beschrieb Claude Speeds Aufstieg als Krimineller. Bei einem Bankraub in Liberty City, wurde er von seiner Freundin, Catalina, angeschossen und zum Sterben zurückgelassen. Obwohl er überlebte, wurde Claude festgenommen und verurteilt. Doch der Gefangenentransporter wurde wegen einem anderen Insassen, 8-Ball, angegriffen und Claude fand sich als Laufburschen für die Leone Mafia Familie wieder. Wo er sich in die Frau seines Chefs Salvatore Leone verliebte und nebenbei Catalina wieder begegnete, welche für die rivalisierenden Kolumbianer arbeitete. Als Salvatore von der Affäre seiner Frau erfuhr, stellt er Claude eine Falle, aus der Maria in rettete. Nach ihrer gemeinsamen Flucht, begann Claude für die Yakuza zu arbeiten und in deren Auftrag Salvatore Leone zu erledigen. Dieser Geschichtsabriss ist tatsächlich nur ein Teil der Hommage an alte Gangster Filme, welche sich die Housers ausdachten, sich 17 Stunden hinzog und für damalige technische Standards sehr gut in Szene gesetzt war. Durch die altersgerechte Handlung, Charaktere mit Persönlichkeit und qualitative Präsentation wurde GTA3 zu einem interaktiven Gangerstreifen.
Der Sprung von 2D zu 3D, die packende Story und die immer noch offene Welt, katapultierten GTA3 mit einer 97% Durchschnittswertung auf Platz 17 der besten Spiele aller Zeiten. Es hielt sich mit mehreren Millionen Verkäufen weltweit im gesamten Release-Jahr 2001 auf Platz 1 der Verkaufscharts und im Folgejahr auf Platz 2. Womit es bis 2008 14,5 Millionen Exemplare umsetzte. Erneut ein Verdienst der ebenso auf die Negativpresse zurückzuführen war. Denn abgesehen von der technischen Leistung, wurde GTA3 ebenso zum verachtenswertem Spiel gewählt, weil es Spieler für das Töten Unschuldiger belohnte. Es ermutigte sie Sex mit Prostituierten zu haben und diese anschließend zu töten. Das resultierte tatsächlich in Ausweiskontrollen in einigen Geschäften. In Australien durfte GTA3 gar nicht verkauft werden. Denn die dort höchste Klassifizierung für Computerspiele ist 15+ und dagegen verstieß die sexuelle Gewalt.