Prey 2 – Human Head Studios Kopfgeldjäger-Shooter

by Pandur

Das Human Head Studios Team war von der Lizenz-Übernahme begeistert. Denn Bethesda Softworks war schon damals für gigantische Open-World Single-Player-Games bekannt und das war, wo sie Prey 2 hinführen wollten. Statt id Softwares neuste Engine zu verwenden, modifizierte das Human Head Team ihre bewährte id Tech 4 Engine. Prey 2 sollte in gewaltigen Städten mit großen Menschenmassen spielen, weshalb sie die Sichtweite und darstellbaren Charaktere aufbohrten. Genau wie die id Tech 5 Engine, etablierte Human Head ihr eigenes MegaTexture System und sogar ein Physik-basierendes-Beleuchtungssystem. Prey 2 sollte in allen Belangen die Innovationen des ersten Teils wiederholen. Das galt für Technik ebenso wie für die Story.

Im ersten Game war der Spieler zur Beute geworden. Für Prey 2 kehrte Chris das Konzept um. Der Spieler wurde der Predator und die Aliens zur Prey. Statt ihn erneut Tommy verkörpern zu lassen, schlüpfte der Spieler in die Rolle von U.S. Marshal Killian Samuels, dessen Flugzeug zum Zeitpunkt von Tommys Entführung in die außerirdische Sphäre crashte. Ein Ereignis, das Tommy im ersten Spiel beobachtete. Killian fand einen anderen Weg von der Sphäre herunter als Tommy. An dieser Stelle vollzog Prey 2 einen Zeitsprung. Der Spieler fand sich Jahre später als Kopfgeldjäger Killian auf Exodus wieder. Er schien zunächst der einzige Mensch auf dem Planeten zu sein. Wie in Prey 1 drehte sich der Spielverlauf um die Selbstfindung des Spielers. Weshalb Killian bei seinem Erwachen unter Amnesie litt und herausfinden musste, warum er zum Kopfgeldjäger geworden war und was er zusammen mit Tommy geplant hatte.

Game Director Chris Rhinehart und Projektleiter Norman Nazaroff ließen sich fürs Spielkonzept von Red Dead Redemption inspirieren. Obwohl die meisten Redakteure das futuristische Kopfgeldjäger-Konzept eher als eine Mischung aus Mirror’s Edge und Mass Effect beschrieben. Grundlage war ein lebhaftes Kampfsystem mit offensiver Deckung. Der Spieler konnte NSCs als Schutzschilde verwenden sowie Feinde, die sich hinter umgeworfenen Tischen oder ähnlichem versteckten, mit Antigravitationsgranaten aus der Deckung holen. Prey 2’s Open World war, im Gegensatz zum typischen Corridor-Shooter, extrem vertikal gestaltet. Der Spieler erklomm ständig Gebäude und überbrückte luftige Passagen mit seinen Hover-Boots. Derartige Gadgets dominierten das Bounty Hunter Leben. Human Head baute 40 Gadgets mit 75 Upgrades ins Spiel ein. Diese reichten von Boba Fetts typischen Flammenwerfer am Arm, über Schulter-montierte-Raketen bis hin zu Bolas, die sich um seine Gegner schlangen und sie zu Boden warfen. Hinzu kamen 40 ebenfalls aufrüstbare Waffen, die von verschiedenen Pistolen über außerirdische Shotguns, bis hin zu bizarren Waffen für bestimmte Situationen reichten. Das RPG-Lite-Charaktersystem verlieh Killian nicht nur diverse Perks sondern verfügte ebenso über ein Reputation-System. Erledigte Killian aus Spaß an der Freude unschuldige Passanten, machte die Polizei, wie in Grand Theft Auto, Jagd auf ihn. Erarbeitete er sich hingegen einen guten Ruf als Kopfgeldjäger, gewährten die Händler im Preisnachlass. Wie im echten Leben, konnte der Spieler sich bei Einfangen-Aufträgen vom Opfer bestechen lassen und sich so, wenn er wollte, gegen seinen eigentlichen Auftraggeber wenden. Prey 2 sah nicht nur atemberaubend gut aus, es schien auch unglaublichen Spaß zu machen.

Das veranschaulichten die Human Head Studios im Verlauf von 2011. Zusammen mit Geldgeber Bethesda Softworks präsentierten sie die Alpha-Version von Prey 2 auf der E3, Gamecom und PAX. Prey 2 befand sich im Juni 2011 in einem Zustand, bei dem die Human Head Studios begannen enger mit Bethesda zusammen zu arbeiten, damit ihr Lizenzgeber festlegen konnte, welche Elemente verfeinert werden sollten und welche über Bord gingen. Vertraglich war Prey 2 zu dem Zeitpunkt bereits am Ende der geplanten zweijährigen Entwicklung angelangt. Bethesda sicherte ihnen jedoch mündlich eine sechsmonatige Verlängerung zu. Genug Zeit, um weitere Missionen zu gestalten und die letzten Features zu ergänzen.

Doch dann fing Bethesda, laut einiger Human Head Mitarbeiter, mit der feindlichen Übernahme an. Sie verweigerten dem Wisconsiner Studio zusätzliche Zahlungen für die festgelegten Meilensteine. Human Head kam in vertragliche und finanzielle Schwierigkeiten. Prey 2 war rechtlich nicht ihr Spiel. Es war ihnen vertraglich lediglich gestattet, dieses eine Spiel zu entwickeln. Einen komplettes zweites Spiel für einen anderen Publisher hätte zum Vertragsbruch geführt. Eine Taktik mit der Branchenriese Bethesda Softworks versuchte das kleine Studio ausbluten zu lassen, um sie letztlich zu einem günstigen Preis aufkaufen zu können. Im November 2011 stellten die Human Head Studios die Arbeiten an Prey 2 ein. Sie hielten sich über Wasser, indem sie erneut Hilfsarbeiten für andere Studios übernahmen. Dazu zählten sowohl Irrational Games Single-Player-Shooter BioShock Infinite als auch Trion Worlds Defiance MMO-Shooter.

Der März 2012 brachte erste Gerüchte einer Einstellung. Gefolgt von Bethesdas offizieller Verkündung, Prey 2 würde seinen 2012 Release nicht einhalten. Bethesda unterbreitete den Human Head Studios weiterhin Übernahmeangebote und ließ parallel verlauten, Prey 2 würde sich nicht ihrem Standard entsprechend entwickeln. Als Chris und sein Team Anfang 2013 konsequent sämtliche Angebote abgelehnt hatten, zog Bethesda Softworks einen Schlussstrich. Sie vergaben die Prey Lizenz stattdessen an die 2010 erworbenen Arkane Studios. Die daraus ein geschichtlich sowie spielerisch komplett anderes Spiel mit dem selben Titel machten. Offiziell wurde es ein Reboot des Franchise.

F.E.A.R. und Section 8 Entwickler TimeGate Studios durchlief zeitgleich ein ähnliches Schicksal. Der Rechtsstreit mit ihrem Publisher SouthPeak Interactive endete im finanziellen Ruin beider Firmen. Deren Third-Person-Multiplayer-Shooter Minimum geriet dadurch in die Hände von Atari, welche wiederum 3D-Engine-Experten brauchten. Sie heuerten Human Head an, das Spiel zu vollenden. Dadurch gelang Chris Studio der Fortbestand, wenn auch nur knapp. Ihr 2019 veröffentlichtes Rune II kam in einem wenig glamourösen Zustand auf den Markt. Die Human Head Studios schlossen in direkter Folge des Releases ihre Pforten. Chris Rhinehart betreibt seitdem stattdessen die Roundhouse Studios, für deren Gründung er tatsächlich die Unterstützung von Bethesda Softworks suchte.

Einzelnachweise:

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