Destination Games Umorientierung auf ein Spiel, das primär für den amerikanischen Markt gedacht war, bedeutete jedoch nicht, dass NC Soft Korea keinen Einfluss mehr darauf nahm. Die Zusammenarbeit mit den koreanischen Geldgebern führte weiterhin zu Meinungsverschiedenheiten bei der Realisierung des Konzepts und wies sie gleichermaßen auf entscheidende Verbesserungen in dem Gebiet hin. So brachte NC Soft Korea schon wenige Monate nach dem Tabula Rasa Neustart Linage II auf den Markt. Es wurde das erste MMO, das optisch genau so gut oder besser als ein damaliges Single-Player-Game aussah. Womit Richards Team klar wurde, dass der Zeitpunkt, den Markt nur mit Features zu gewinnen, vorbei war. Ihr Tabula Rasa müsse auch optisch glänzen. Was logischerweise neue Technologien und mehr Arbeit bedeutete.
Ein weiteres Problem war beispielsweise, dass es damals in asiatischen MMORPGs normal war auf den Boden zu klicken, um sich fortzubewegen, statt WASD an der Tastatur zu drücken. NC Soft prophezeite, dass Tabula Rasa mit dieser Steuerung und einem Ego-Shooter typischem Konzept, null Chancen auf dem asiatischen Markt haben würde. Glücklicherweise verschmolzen die Ansichten der beiden Welten mit den Jahren.
Mit der Zeit wurde Tabula Rasa derart umfangreich, dass keiner der Mitarbeiter das vollständige Konzept erkannte. Etwas eigentlich gänzlich normales aus heutiger Sicht, doch obwohl Tabula Rasa nicht ihr erstes MMORPG war, muss hier dennoch in einem gewissen Maß von Pionierarbeit gesprochen werden. Bei 100 Mitarbeitern, die fünf Jahre an einem Spiel arbeiteten, bewegte sich Destination Games in ganz anderen Dimensionen, als Ultima Online, das zunächst von einer Handvoll Leuten über zwei Jahre entwickelt wurde. Weshalb Projekt-Manager Andy Bruncke Scrum für die Entwicklung adaptierte. Wenn auch erst sehr spät im Entwicklungszyklus. Nichts desto trotz brachte die neue Zielsetzung von Meilensteinen, enorme Fortschritte für die Spielentstehung. Richard Garriott stellte viele Schritte der Tabula Rasa Entwicklung im Frühjahr 2006 auf der Game Developers Conference vor. Zweifellos auch um der Öffentlichkeit zu zeigen, was Destination Games in den fünf Jahren gemacht hatte. Schließlich hatte Destination Games bislang kein einziges Spiel veröffentlicht! Richard erzählte, wie sie die individuellen Geschichten der Planeten und deren ethische Probleme angingen. Das sie zunächst den erdähnlichen grünen Planeten Foreas gebaut hatten, um ihn als Grundlage für das Belichtungssystem der folgenden außerirdischen Welten zu nutzen. Arieki und Mycon sollten wesentlich surrealer als Foreas wirken. Eine sehr interessante Erkenntnis, besonders in Hinsicht darauf, dass Tabula Rasa weder zum Beta-Beginn noch Spiel Release Mycon beinhaltete.
2007 war das Jahr der Weltwirtschaftskrise, was letztlich mit dem Lehman Brothers Skandal endete. Abgesehen von diesem weltweiten Finanzproblem geriet NC Soft Korea zusätzlich in einen eigenen finanziellen Engpass. Denn ihre gesamten laufenden MMOs waren mittlerweile mehrere Jahre alt und warfen verhältnismäßig wenig ab. Gleichzeitig musste NC Soft Geld für drei neue MMOs vorstrecken. Wäre Tabula Rasa zu dem Zeitpunkt tatsächlich schon fünf Jahre in voller Produktion gewesen, wäre es auch bereit für den Launch gewesen. Aber so fehlten dem Spiel gut ein bis zwei Jahre. Nichts desto trotz brauchte NC Soft schnell eine neue Einnahmequelle und so wurde Destination Games am 2. Mai 2007 zum Launch einer Beta gedrängt. Dicht gefolgt von der zweiten fragwürdigeren Entscheidung, gerade einmal sechs Monate später das Spiel offiziell zu veröffentlichen. Zum 10-jährigen Jubiläum von Ultima Online, erschien Tabula Rasa am 2. November 2007. Der Ansturm war verhalten. NC Soft nahm 5,4 Milliarden koreanische WON durch den Release ein, was ungefähr 5,8 Millionen US Dollar entsprach.
Es als holprigen Start zu bezeichnen, wäre geschmeichelt. Zum Zeitpunkt des Launches war ein immenser Teil der Quests verbugged und somit entweder gar nicht zugänglich oder nicht abschließbar. Viele Spielzonen litten unter enormen Lags, ausgelöst durch die zahlreichen NSCs in diesen. Das Schlachtfeld „Mires“ litt am Schlimmsten darunter. Es gab beinahe gar keinen Content für Stufe 40 aufwärts, obwohl Stufe 50 das Maximum war. Optionen, die UI Elemente zu verschieben oder durch Mods zu erweitern, fehlten gänzlich. Ein Auktionshaus oder ähnliches fehlte ebenso und das Fähigkeiten-System war nicht sonderlich gut durchdacht. Spieler mussten die gleichen Punkte für Kampffähigkeiten und das Herstellungssystemfähigkeiten benutzen. Was zwangsläufig zu Hauptcharakteren und Crafting-Twins führte. Immerhin bot Tabula Rasa dafür ein innovatives Cloning-System. Eine der nervigsten Sachen wurde jedoch der „Bane Kick“. Sehr viele Feinde besaßen die Eigenschaft den Spieler zu Boden zu schleudern und für mehrere Sekunden Spiel-unfähig zu machen. In größeren Schlachten verbrachten die Spielermassen dadurch sehr viel Kampfzeit unfähig am Boden liegend. In den folgenden Monaten wurde das sogar durch weitere nervige Status-Effekte wie einen weißen Lichtblitz, der zur Desorientierung führte, erweitert. Für ein actionbasierendes Spiel ohne die World of WarCraft typische Auto-attack-Funktion ein extremer Verlust. Es verging viel Zeit bevor Destination Games die Status-Effekte entfernte und andere Features wie customizable UI, Auktionshäuser oder PvP Zonen nachlieferte.