Für den Anfang hatte das 3DO aber ein Problem. Die 3DO Corporation stellte überhaupt keine Konsolen her! Sie lieferte lediglich Spezifikationen zum Bau des „3DO Interactive Multiplayers“ aus. Quasi wie das Patent des Video-Rekorders von Matsushita bzw. Tochter JVC. Jeder Hersteller durfte also nach Belieben ein 3DO bauen, ohne Lizenzgebühren dafür an die 3DO Corp. zahlen zu müssen und jeder würde darauf 3DO Spiele spielen können.
Während Trip, RJ und David glaubten auf diese Weise der Menschheit etwas gutes zu tun und gleichzeitig daran zu verdienen, bedeutete es im Umkehrschluss, dass erst einmal jemand anderes sich bereiterklären musste, die Konsole herzustellen. Aus diesem Grund war Trip damals nach Japan geflogen, um dort seinen Wunschkandidaten, Sony und Panasonic, das 3DO schmackhaft zu machen. Mit beiden Firmen unterhielt Electronic Arts bereits seit 1987 eine gemeinsame Compact-Disc-Interactive Abteilung. Sony hatte sich zunächst interessiert gezeigt, letztlich jedoch dagegen entschieden. Deswegen war es Matsushita bzw. Panasonic geworden. Panasonic beschränkte sich jedoch größtenteils auf die Herstellung der 3DO Hardware. Was bedeutete, als eigenständige Firma musste Panasonic Profit aus der Herstellung schlagen und nicht aus den Spielen. Deshalb erschien Panasonics 3DO zur Markteinführung in den USA im Oktober 1993 für 599$. Auch wenn das für die folgenden Konsolen-Generationen ein völlig normaler Preis sein sollte und man neben dem Spielen ebenso damit Musik hören und Filme gucken konnte, war es in dem Augenblick erst Mal der vierfache Preis eines Super Nintendos.
Dave Morse, der dritte des ursprünglichen NTG Teams, war an der 3DO Corporation nicht beteiligt. Die New Technology Group war schon seine zweite Firma gewesen und Dave wusste wo das Geld zu holen war. Es steckte seiner Meinung nach in den Spielen, nicht der Hardware oder vielleicht den Lizenzen. Deswegen hatte er beim Sammeln des NTG-Startkapitals bei Kleiner Perkins parallel Geld für seine dritte Firma „Crystal Dynamics“ ausgehandelt. Für diese Firma vereinte er Segas Elite. Die beiden Mitgründer wurden Sega Amerikas Geschäftsführerin Judith Lange und deren Marketing-Chefin Madeline Canepa. Sie überredeten außerdem Programmiergenie Mark Cerny zu Crystal Dynamics mitzukommen. Er hatte zu dem Zeitpunkt bereits Spielehits wie Marble Madness oder Sonic 2 programmiert und ist heute vermutlich am ehesten für die Entwicklung der Playstation 4 bekannt. Mark wurde CDs technischer Leiter. Crystal Dynamics hatte sich zum Ziel gesetzt ausschließlich 3DO Spiele zu entwickeln und dank der engen Beziehung zu den Hardware-Entwicklern, verstanden sie die Hardware ebenso gut wie die 3DO Corp. Weshalb das allererste 3DO Spiel, was mit der Konsole ausgeliefert wurde, Crystal Dynamics Crash’n’Burn war. Das im Jahre 2044 angesetzte Rennspiel könnte man heute am besten mit Psygnosis WipeOut vergleichen. Der Spieler konnte sich einen von sechs Fahrern samt Rennwagen auswählen und damit auf 30 verschiedenen Strecken ums Überleben kämpfen. Während die Fahrzeuge alle den Eindruck erweckten, sie seien von Kindern gezeichnet worden, hätten ihre Fahrer geradewegs aus Mad Max stammen können. Sie verkörperten gleichzeitig das Crash’n’Burn Prinzip: Lebend ins Ziel kommen und dabei so viele Kontrahenten wie Möglich crashen und brennen zu lassen. Rückblickend war das Postapokalyptische Rennspiel zweifellos nicht Mal das beste Rennspiel 1993, aber es bot knackige Video-Clips der Gegner, ein grelles Landschaftsbild und entstand in gerade Mal acht Monaten. Eine Zeitspanne, in der das eigentliche Betriebssystem des 3DO noch gar nicht fertig war und die Programmierer bloß schätzen konnten, was möglich war. Im Umkehrschluss machte der relativ kurze Entwicklungszyklus und das Bundlen mit dem 3DO selbst, Crash’n’Burn für Crystal Dynamics rentabel.
Zumindest war es deutlich besser als Jurassic Park Interactive, was das ursprüngliche 3DO-Bundle-Spiel werden sollte. Es war das erste Spiel der Universal Interactive Studios. Universal war wenige Jahre zuvor von Matsushita aufgekauft worden und deren Interactive Studios sollten ihre Filmlizenzen parallel als Videospiele vermarkten. Während am Jurassic Park Film jedoch über 600 Leute drei Jahre lang arbeiteten und das stolze 60 Millionen Dollar verschluckte, bekam das Spiel mit gut einer Million Dollar, 10 Leuten und 14 Monaten Entwicklungszeit nicht ganz so viele Resourcen. Jurassic Park Interactive durfte zwar Filmsequenzen und Musik der Filmvorlage verwenden, war ansonsten aber eher eine Ansammlung von Mini-Games, denen ein Dinosaurier Theme verpasst wurde. Dabei war das Autorennen, bei dem der Spieler mit dem Jeep vor einem Tyrannosaurus Rex herfuhr, noch ein Highlight. Auch Raptoren im Dschungel mit dem Taser zu betäuben, hatte zumindest noch einen Bezug zum Film. Breakout mit einem Dinosaurier-Ei auf eine Puzzlewand mit Dinosaurier-Portrait zu spielen, nicht so sehr. Verbunden wurden diese Minispiele, über eine Karte der Dino-Insel, auf welcher der Spieler Überlebende finden und retten musste. Statt zum 3DO-Launch im Oktober 93 fertig zu werden, erschienen Jurrassic Park Interactive erst mehr als ein halbes Jahr später, im Mai 1994.
Einer der wenigen Titel, die es tatsächlich zum US Release schafften war Escape from Monster Manor des 3DO Studios, also die 3DO interne Software-Abteilung. Es war erst drei Wochen vor der Sommer CES 93 entstanden, weil die 3DO Corporation etwas für die Messe benötigte, was die Fähigkeiten der Konsole demonstrieren konnte. Programmierer Leo Schwab, der eigentlich an einem ganz anderen Spiel arbeitete, was deutlich zeitintensiver war, glaubte in drei Wochen ein Wolfenstein 3D mäßiges Spiel zusammenschrauben zu können. Escape from Monster Manor nutzte entsprechend genau wie Wolfenstein ein simples Grid System, was lediglich 90° Wendungen zuließ und ebenso weder Böden noch Decken bot, dafür aber eine deutlich höhere Auflösung als Wolfenstein hatte. Da zeitgleich eine Revolte über Gewalt in Videospielen durch die Presse ging, hauptsächlich ausgelöst durch Digital Pictures Night Trap, musste der 3DO Shooter ein Horrorhaus werden. Denn Geister und Zombies waren schon tot und konnten nicht in dem Sinne sterben. Escape from Monster Manor war ein äußerst simples Spiel. Es beinhaltete nur eine einzige Waffe, deren Munition stark begrenzt war. Ebenso waren Schlüssel genau abgezählt, denn jede Tür im Spiel war verschlossen. Jedoch waren Schlüssel mehr eine Art Vorrat, der jede Tür aufsperrte. Obendrein besaßen Feinde kein Pathfinding und konnten auch nicht um Ecken laufen. Sie bewegten sich lediglich auf den Spieler zu, wenn dieser in ihre Richtung guckte. Endgegner gab es auch nicht in dem Sinne. Sie waren leicht größere Farbvariationen der Standardgegner mit mehr Trefferpunkten. Man könnte Escape from Monster Manor wirklich am Besten als Tech-Demo bezeichnen. Dafür legte Leo jedoch viel Wert auf hohe FPS und immersive Gameplay. Wobei erwähnt werden sollte, dass die damals 24 FPS eines Fernsehers als hoch angesehen wurden. Escape from Monster Manor hatte keinerlei störende UI Elemente. Der Munitionsvorrat war an der Pistole abzulesen und die Hand, die sie hielt, spiegelte die Gesundheit wieder. Die zwölf Level in sechs verschiedenen Grafiksets, welche erstaunlicherweise irgendwie in das dreistöckige Gebäude aus dem Intro passten, entstanden in der kurzen sechsmonatigen Phase zwischen CES und Weihnachten.
Viele andere der ersten 3DO Spiele, wie Psygnosis Lemmings, Interplays Battle Chess oder Accolades Star Control II, waren lediglich Portierungen bekannter Hits anderer Plattformen. Zum Weihnachtsgeschäft 1993 waren gerade Mal zwölf 3DO Spiele erschienen.