3DO Interactive Multiplayer – Die 3$ Spielkonsole

by Pandur

Trip Hawkins erste Firma, Electronic Arts, hatte erst zum Zeitpunkt des US Konsolen-Releases ihre „Advanced Entertainment Group“ gegründet, welche Animationskünstler, Musiker, Fotografen, Schreiber und Filmemacher vereinte, um echte Schauspieler in Hollywood Studios zu filmen, sie zu digitalisieren und in Software einzubinden. Durch die AEG wurden Spiele wie Origin Systems Wing Commander III und IV oder Psychic Detective möglich. Die EA Spiele würden jedoch erst 1994 oder 95 ausgeliefert werden. Selbst Konvertierungen von John Madden Football, FIFA Soccer oder Road Rash brauchten bis Sommer ’94. Was u.a. daran lag, dass sich EAs Entwicklerteam auf die neue Hardware-Architektur umstellen musste. Denn im Gegensatz zu Atari ST, Amiga und Mega Drive, die alle auf Motorolas 68.000 Prozessoren basierten, setzte das 3DO eben einen ARM Risc Prozessor ein. Während der japanische Konsolen-Release im März 94 somit nicht viel besser lief, gab es zum Europa-Start im September 1994 zumindest 34 Spiele fürs 3DO. Bis zu dem Zeitpunkt hatte Panasonic gerade mal 70.000 Konsolen in den USA und Japan zusammen verkauft. Wobei sie ursprünglich auf 100.000 allein bis Weihnachten in den USA spekuliert hatten. Das einzig bemerkenswerte an dieser Zahl war, dass mehr als 40.000 davon in Japan verkauft wurden. Einem Ort, wo amerikanische Videospielsysteme nie erfolgreich waren. Aber das hing zweifellos damit zusammen, dass die Amerikaner lediglich das Patent lieferten und die Konsole vom japanischen Hersteller Panasonic kam. Da Panasonic somit aber eine ziemlich gute Prognose erstellen konnte, wie viele 3DO Spiele sie verkaufen könnten, stellten sie deren Entwicklung durch ihre Universal Interactive Studios nach Jurassic Park Interactive bereits wieder ein. Folgetitel auf Filmbasis erschienen stattdessen für SNES, Mega Drive und Mega CD.

Bei EA lief die 3DO-Spiele-Produktion hingegen gerade an. Autorennen waren auf Spielekonsolen immer ein Kassenschlager. Sega hatte ihr Daytona USA und Namco ihr Ridge Racer. Das 3DO brauchte ein Rennspiel, was denen ebenbürtig war. Glücklicherweise hatte EA 1991 bereits Distinctive Software gekauft, was sie in EA Canada umbenannten. Das Studio hatte in der Vergangenheit bereits Test Drive und 4D Sports Driving programmiert. Trip überzeugte EA Canadas Produzent Hanno Lemke, dass das CD-ROM des 3DO die Spielwelt von CD streamen könne und so deutlich längere Strecken als bisher ermöglichen würde. Außerdem solle die Rechenpower der Konsole Karosserieverformungen bei Kollisionen ermöglichen und so ein deutlich realistischeres Fahrvergnügen schaffen. Hanno begann augenblicklich mit einer Rennspielreihe, für die EA bis heute weltbekannt sein würde: Need for Speed.
Ähnlich, wie ganz früher bei Test Drive, entstand unter dem Titel ein Autorennen mit natürlichen Streckenabschnitten, statt in sich geschlossenen Rennstrecken. Die erste „Alpine“ getaufte Strecke, welche Hanno und sein Team modellierten, führte in der Realität von ihrem Firmensitz in Vancouver rauf zum „Whistler“ Olympia-Dorf. Sie bot das Meer auf der abschüssigen Seite und Bergformationen auf der anderen. Die Fahrt von Kanada die Küste runter nach Oregon Kalifornien wurde zur „Coastal“ Route und für die „City“ Strecke bauten sie schlichtweg etwas zusammen, was ihnen die Maximalgeschwindigkeit ohne Ruckeln ermöglichte. Die bunte Vielfalt an gänzlich verschiedenen Autos von Need for Speed kam dadurch zu Stande, dass das Team mit dem Arbeiten musste was sie hatten. Hannos Chef, der CFO von EA Canada, besaß damals einen Porsche 911. Diesen nutzten sie bereits um die Alpine Strecke zu testen. Chris Roberts, der Wing Commander Erfinder, lieh ihnen seinen Ferrari Testarossa. Von Origin Systems Chef Richard Garriott bekamen sie den Lamborghini Diablo usw. Das Rennspielduell zweier Kontrahenten bezog Hanno aus dem Film „Gegen jede Chance“. Worin sich Jeff Bridges in einem Porsche mit James Woods im Ferrari ein Rennen auf dem Santa Monica Freeway lieferten. Das war gleichzeitig die Geburtsstunde von Mister X, dem mysteriösen Gegner, welcher den Spieler ständig herausforderte und verspottete. Das EA Canada Team wollte den enormen Platzgewinn der CD-ROM ausnutzen und engagierte deshalb eine Produktionsfirma, welche kurze Filmchen der verbalen Attacken anfertigte und ebenso Aufnahmen der Autos schoss. Für die richtige Abstimmung des Fahrverhaltens und imitieren der Fahrzeuggeräusche schloss sich EA zudem mit dem Auto-Magazin Road & Track zusammen. Womit letztlich der Titel geboren war „Road & Track Presents: The Need for Speed“. Need for Speed wurde ein durchschlagender Erfolg, den EA ein Jahr später auf PC und wiederum ein Jahr weiter auf andere Konsolen portierte. Die Erfolgsgeschichte des Rennspiels hält bis heute an.

Wie Crash’n’Burn zum US Release, lieferte Crystal Dynamics zum Japan Release des 3DO ihr zweites Spiel aus: den 3D Space Shooter Total Eclipse. Wie StarFox fürs Super Nintendo erschien Total Eclipse wieder exklusiv fürs 3DO. Zweifellos kann argumentiert werden, dass Produzent und Designer Jon Horsley hier schlichtweg Nintendos, ein Jahr zuvor erschienenes, StarFox nachbaute. Aber Total Eclipse war solch ein Upgrade, dass es die Konkurrenz eher in Angst und Schrecken versetzte. Zumindest was Atari anging. Denn die texturierten Polygone bei flüssigen 24 FPS waren jenseits der Leistung des Atari Jaguar der Ende des selben Jahres erscheinen sollte. Genau wie StarFox war Total Eclipse ein 3D-Rail-Shooter. Was bedeutet, die Flugbahn des Spiels war bis auf ein paar Ausweichmanöver des Spielers vorbestimmt. Wobei der Spieler neben, der Vernichtung von Feinden und Hindernis-Umfliegen, ebenso die Geschwindigkeit regulieren konnte. Die 20 Stages auf den fünf Welten umfassten jeweils verschiedene Oberflächen und Tunnel-Passagen und wurden von Zwischensequenzen samt Sprachausgabe unterbrochen, was die Super-Nintendo-Vorlage nur sehr bedingt bot. Zudem gab es statt gepiepse einen fetzigen Metal-Soundtrack. Obwohl die Presse Total Eclipse für die bombastische Grafik lobte, kritisierten sie ebenso die miserable Steuerung, was die Gesamtwertung auf unter 70% drückte. Matsushita förderte das Spiel jedoch erneut, indem sie es, pünktlich zum Jaguar Release, kostenlos dem 3DO beilegten.

Matsushita brachte im Juni 94 außerdem eine MPEG Erweiterung für Full-Motion-Videos Wiedergabe auf dem 3DO heraus, die mit Paul Verhoevens „Total Recall“ gebundelt wurde. Der verhältnismäßig gute Japan-Start führte außerdem zu neuen Lizenznehmern vor Ort. Capcom, Konami, Taito und Bandai begannen ebenso 3DO Spiele zu produzieren. Um die Öffentlichkeit auf das 3DO aufmerksam zu machen, startete die 3DO Corporation eine Multi-Millionen-Werbekampagne in den USA. Auf ESPN, MTV, Turner Sports und Fox liefen Werbespots für die Konsole. Trotz steigender Verkaufszahlen, fuhr die Firma selbst dadurch 1994 einen Verlust von 51,4 Millionen Dollar ein. Weshalb Trip Firmenanteile an Goldstar und Creative Technology verkaufte. In Folge dessen, stellte Creative den 3DO-Blaster für PC her und Goldstar sowie Sanyo ab Herbst 1994 ebenfalls 3DO Konsolen. Diese wurden jetzt über sämtliche großen Spielwarenketten wie beispielsweise Toys’R’Us für 399$ angeboten. Zudem kündigte die 3DO Corporation im September 1994 die Entwicklung des M2 Beschleunigers an. Er sollte die 3DO Hardware auf 64-Bit upgraden und als Addon im Herbst 1995 erhältlich sein. Das M2 benutzte IBM’s Power PC 602 Mikroprozessor, um die Grafikqualität und Geschwindigkeit weiter zu steigern. Die Ankündigung war ein wichtiger Marketing-Schritt, um zu zeigen, dass man es mit jeder kommenden 32-Bit Konsole aufnehmen konnte.

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