Bitmap Brothers – Die britischen Rock Stars der Arcade-Games

by Pandur

Zur Zeit des Speedball Releases hatte ihr Publisher Image Works eine neue Mitarbeiterin, Cathy Campos, bekommen, die von einem Zeitschriftenverlag kam und von ihren Kollegen hörte, dass die Bitmap Brothers die Superstars der Videospiele wären. So begab es sich, dass sie beim Brainstorming zur Vermarktung des Trios auf die Idee kam, die Bitmap Brothers wie Rockstars aussehen zu lassen. Mike trug ohnehin nie etwas anderes als eine Lederjacke, ein weißes T-Shirt und schwarze Jeans. Da passte die Verbindung wie die Faust aufs Auge. Robert Maxwell, der Besitzer der Mirrorsoft Mutterfirma, parke ständig seinen Helikopter auf dem Dach des Gebäudes. So lud Image Works die Bitmaps Brothers ein, vor dem Helikopter für Fotos zu posieren und das Image der Videospiele-Rockstars war geboren. Um den Eindruck zu verstärken, organisierte Image Soft Pressekonferenzen an passenden Locations, beginnend mit dem Savoy Hotel in London und später sogar einem Casino in Monte Carlo. Derartige Events waren für Computerspieleentwickler damals vollkommen unüblich und Image Works unterstrich die scheinbare Popularität sogar noch, indem sie Pressevertreter aus Bangkok einfliegen ließen. So wurden die Bitmap Brothers zum coolsten britischen Entwicklerstudio der 90er.

Schon bei den ersten Verhandlungen zu Speedball hatte sich Image Works eigentlich einen Xenon Nachfolger gewünscht. Die Bitmaps waren dazu bereit gewesen, aber ihnen war zu der Zeit noch nicht klar gewesen, wie der aussehen solle. Während Speedball entstand formte sich das Bild langsam. Eine Mischung aus Capcom’s 1942, Konami’s Salamander und Irem’s R-Type. Das Ziel waren größere Bosse und vor allem größere Waffen. Das Ergebnis wurde das umfangreichste Waffenarsenal was ein Shooter jemals geboten hat. Das Xenon 2 Schiff wurde mit den seitlich montierten Kanonen beinahe Bildschirmfüllend. Diese Waffen konnten durch Power-Ups in den Leveln eingesammelt, oder zwischen diesen in einem Shop beim Alien Crispin (Colin in der CD32 Version) gekauft werden. Aber auch ohne diese kostenintensive Investition bot Xenon 2 schon von Anfang an einen „Super Nashwan Power“ getauften Power-Up, der das Raumschiff für 10 Sekunden mit der maximalen Feuerkraft ausstattete und alles vom Bildschirm fegte. Nicht jeder Spieler würde bei dem hohen Schwierigkeitsgrad von Xenon 2 jemals bis zum Spielende kommen oder die richtige Reihenfolge für permanente Waffenkäufe heraus bekommen. Aber Super Nashwan Power erlaubte es jedem Unbegabten für wenige Credits die volle Macht des Spiels zu verspüren.
Die Spielautomaten der Zeit hatten außerdem erste Parallax Scrolling Variationen gezeigt. Was Reflections Shadow of the Beast im Folgejahr eindrucksvoll auf 12 Ebenen ausweiten sollte. Xenon 2 sollte mit drei Ebenen den Anfang machen.
Da das Trio selbst noch hauptsächlich mit Speedball beschäftigt war, heuerte Image Works für sie Coder Martin Day an. Der das Team von außerhalb via Modem unterstützte und dafür in den Credits als The Assembly Line geehrt wurde.
Ihrem Image als Rockstars folgend, wollte Eric die musikalische Untermalung ausbauen, in dem er den Song Megablast von Bomb the Bass einbaute. Es war vermutlich pures Glück, dass Image Works Tom Watson bei Rythem King Records nachfragte. Denn es gab zufälligerweise einen berühmten Musiker mit dem gleichen Namen, was Rythem King verwechselte und die Tür für die Bitmap Brothers öffnete. Tim Simenon alias Bomb the Bass schaute daraufhin persönlich bei den Bitmaps vorbei und setzte bei ihnen die Samples für Xenon 2: Megablast neu zusammen.
Mit einer dermaßen genialen Feuerkraft und Sounddarbietung, wurde Xenon 2 beim Release im August 89 zu einem durchschlagenden Erfolg. Die Lobeshymnen rangierten im 93% – 97% Bereich. Keiner der Tester hatte es vermutlich durchgespielt, aber das was ihnen präsentiert wurde, hatte sie mitgerissen.

Für Publisher bleibt eins wohl immer gleich, egal in welcher Zeit wir leben. Wenn ein Spiel erfolgreich ist, wollen sie einen Nachfolger. Als Image Works Xenon und Speedball hatte, verlangten sie ein Speedball 2. Bitmap Brothers Grafiker Mark Coleman hatte kein Interesse sich wieder mit seinen alten Fehlern von Speedball zu beschäftigen, wie er es beschrieb. So stellten die Bitmap Brothers mit Daniel Malone einen neuen Künstler ein. Der hatte bislang bei Palace Software gearbeitet. Doch seine Liebe zu den Detailreichen und farbenfrohen Comics ließ Palace Softwares Spiele Barbarian oder Cauldron eher abstoßend erscheinen. Die deutlich eindrucksvollere Optik der Bitmap Brothers Spiele ließ Daniel wechseln. Da alle anderen noch mit Xenon 2 beschäftigt waren, fiel Daniel die Ehre zu Teil, das optische Erscheinungsbild von Speedball 2 zu definieren. Er bekam von Eric lediglich ein paar Notizzettel mit Ideen, von denen es viele nicht mal ins Spiel schafften, wie Spieler auf Hoverboards. Aber zumindest der grobe Richtung von einem ins Verbrechen abgerutschten Untergrund-Sport war da. Daniel gab dem Spiel eine wahrlich neue Perspektive. Statt völlig von oben herab auf die Spieler zu schauen, verwendete Speedball 2 eine Art isometrische Perspektive mit einem 45° Winkel, die etwas mehr von den Figuren zeigte. Das gesamte Design bestand obendrein aus Cyan und Mangente Variationen, die auf dem Amiga eindrucksvoll gut aussahen und dem Spiel erneut diesen typischen Bitmap Brother Look verliehen. Daniel entwarf auch das von Eric erdachte Intro, ein Stadium in einer Stadt, die scheinbar ausschließlich aus Stahl besteht. Erneut untermalt von berühmter Musik. In diesem Fall aus der Feder von John Foxx, dem Frontmann von Ultravox.
Speedball 2 war näher am Geschehen, die Figuren wuchsen genau wie das Spielfeld, was bedeutete Scrolling in alle Richtungen. Was der Amiga problemlos schaffte, aber die Bitmaps auf dem Atari ST nur mit Tricks auf 25 FPS brachten. Speedball 2 legte außerdem das einzige Mal die Variablen der KI Programmierung offen, die sich durch sämtlich kommenden Bitmap Brothers Spiele ziehen sollte. Es konnten Werte für Aggression, Stärke usw. definiert werden, die in Verbindung mit Tackeln bestimmten wie hoch die Chance war, dass der Spieler den Ball bekam. Es war brillant programmiert. Egal ob in einem Einzel- oder Mehrspielermatch, die KI-gesteuerten Spieler brachten sich immer in gute Positionen und verfolgten, wo sich der Ball befindet, damit der Spieler möglichst oft in Ballbesitz sein kann.
Als Speedball 2: Brutal Deluxe (Referenz zu „This Brutal House“ von Nitro Deluxe) im November 1990 erschien priesen es die Spielemagazine mit noch höheren Wertungen als die Vorangegangenen Bitmap Brothers Titel. Die Atari Version rangierte im 95% Bereich und die Amiga Fassung stieg sogar auf 97%.

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