Bitmap Brothers – Die britischen Rock Stars der Arcade-Games

by Pandur

Doch davon wussten die Bitmap Brothers selbstverständlich noch nichts! Deshalb entwickelten sie ihr nächstes Spiel, The Chaos Engine 2 weiterhin für den Amiga 500 und das Amiga CD32. The Chaos Engine 2 setzte größtenteils Teil 1 fort. Nachdem der Spieler die Chaos Engine zerstört hatte, kam heraus, dass er und Baron Fortesque in einer temporalen Singularität feststeckten, welche durch die Zerstörung entstanden war. Deshalb mussten sie die Maschine mit Fortesques Hilfe neu bauen. Spieltechnisch reduzierte Chaos Engine 2 die sechs Helden auf vier: Gentleman, Navvie, Brigand und Mercenary. Führte zum Ausgleich einen Split-Screen ein, der als Death-Match fungierte. Statt wie bisher vom zweiten Computergesteuerten Helden unterstützt zu werden, agierte dieser nun gegen den Spieler und versuchte die Puzzles schneller zu lösen, ihm das ganze Gold zu klauen usw. Programmiertechnisch resultierte das in einem Problem, denn die KI hatte sich schon in Chaos Engine 1 als sehr effektiv erwiesen und schaffte es beinahe immer den Spieler zu schlagen. Deshalb sahen die Bitmaps sich gezwungen Mechaniken dagegen zu erfinden. Sie unterteilten die Level in kleinere Abschnitte, die sich nacheinander freischalteten und etablierten Hürden, damit der Computerspieler nicht schon in Abschnitt 4 vordringen konnte, während der Spieler noch im zweiten feststeckte. Aber wenn der letzte Levelabschnitt zugänglich war, entbrannte natürlich der Zweikampf und es war nicht länger relevant wie nah beieinander die Kontrahenten waren.
Als The Chaos Engine 1996 letztlich für den Amiga 1200 und CD32 erschien, wurde es von CU Amiga mit 85% bewertete und als brillante Einzel- oder Mehrspielerspiel gelobt. Amiga Computing gab ihm sogar 92%, aber viel mehr positive Reviews bekam Chaos Engine 2 schlichtweg nicht mehr, weil die Amiga Magazine bis dahin genau so ausgestorben waren, wie der Amiga und Commodore selbst.

Währenddessen erging es ihrem Publisher Label Renegade leider ähnlich. Sensible Software, für die Renegade einige Spiele vertrieben hatte, wurden mit in den Tod gerissen, als Robert Maxwell beim Fall seines Mirror Group Vertriebsimperiums Selbstmord beging. Das zweite Vertragsstudio, Graftgold, verhandelte gleichzeitig mit Virgin, was zu Komplikationen bei der Vermarktung führte und darin resultierte, dass Fire & Ice auf manchen Plattformen von Renegade und auf anderen von Virgin erschien. Dazu gesellte sich das Fiasko der Steckmodule. Cardridges für das Sega Mega Drive, NES oder Super NES mussten in 50.000 Mengen vorab bezahlt werden. Was bedeutete mindestens 1.000.000 US Dollar pro Spielcharge vorzustrecken. Im Falle von Nintendo mussten die Japaner die Spiele obendrein vorher genehmigen, was selbstverständlich extra kostete. Die Produktionskosten stiegen gegenüber den Amiga-Zeiten auf das fünffache an. Zudem brachten die Jahre des Amiga Todes zahlreiche Plattformen mit sich, die ähnlich schnell ausstarben wie sie erschienen, wie das CDTV oder das 3DO. Was die Spielproduktion selbst meist zu einem Risikogeschäft werden ließ. Als dann Warner Bros Interactive 1995 ein Angebot unterbreitete das Indi-Label zu kaufen, stimmten die Renegade 6 zu.
Doch Time Warner war damals ein noch größerer Neuling in dem Business als die Bitmaps selbst. Zwei Jahre nach dem Verkauf, wurde Warner Bros Interactive selbst von GT Interactive übernommen, und Renegade Software hörte auf zu existieren. Was für die Bitmap Brothers bedeutete, sie mussten für ihre zukünftigen Spiele wieder neue Publisher finden.
Um Verwirrungen zu vermeiden, sollte erwähnt werden, dass das heute existierende WB Games Unternehmen, erst Jahre später, nämlich 2005 gegründet wurde.

Parallel dazu und zur Chaos Engine 1 & 2 Entwicklung hatten die Bitmap Brothers jedoch noch ein weiteres Spiel in Arbeit, was ursprünglich für den Amiga und MS-DOS PCs erscheinen sollte und mit seinem Beginn 1991, das Spiel mit der längsten Entwicklungszeit in der Firmengeschichte werden sollte.
1989 brachte Technosoft in Japan Herzog Zwei auf den Markt, was gut ein Jahr brauchte, bis es auch in Europa ankam. Obwohl es optisch eher an The Chaos Engine erinnert, sehen es viele als den Ursprung der Echtzeitstrategiespiele an. Darin bekämpften sich rote und blaue Roboterarmen. Doch statt mit der Maus steuerte der Spieler mit dem Mega Drive Pad einen Roboterkommandanten. Dieser konnte im Flugzeugmodus verschiedene Einheiten angreifen und kommandieren, musste aber in den Bodenkampf wechseln, um die gegnerischen Basen zu zerstören. In Verbindung mit der immer weiter fortschreitenden KI der Bitmap Brothers schien es nur logisch, dass daraus ihr erstes Echtzeitstrategiespiel Z werden sollte. Im Gegensatz zu Dune 2 und Command & Conquer, die zur selben Zeit bei den Westwood Studios entstanden, sollte es in Z nicht um Resourcen-Sammlung und Basenbau gehen, sondern einem beschleunigten Verfahren, bei dem der Spieler mit einer langsam Einheiten produzierenden Basis startete und die Geschwindigkeit immer weiter steigerte, indem er zusätzliche Gebiete besetzte.
Nicht nur in der Mechanik unterschieden sich Z und Command & Conquer, sondern auch in der Entwicklung. Die Westwood Studios hatten bereits mit ihren Eye of the Beholder Rollenspielen Erfahrung in der PC Entwicklung, die Bitmap Brothers fingen zum ersten Mal damit an und es war die Zeit der wildesten Hardwarekonfigurationen. Zunächst entstand die ersten Super-VGA Grafikkarten, für welche die Bitmaps einzeln Unterstützung Programmierten, bis die ersten VESA Treiber ihnen das abnahmen. Ein ähnliches Fiasko folgte mit den ersten 3D Grafikkarten, dann kam die Revolution der CD-ROM. Was Fullmotion-Video und vorberechnete Spiele wie The 7th Guest zu Tage förderte und weshalb Z plötzlich Zwischensequenzen brauchte. Was wiederum die Einstellung neuer CG Artists implizierte. Es war ein Höllentripp!
Das der Spieler in Z nur kleine Roboter steuern sollte, wurde nicht nur von der Herzog Zwei Vorlage vorgegeben, sondern ebenfalls durch die typischen Mensch-Roboter-Konvertierungen der Zeit. So durfte der Spiele dumme kleine Roboter kommandieren. Jedoch mit einem witzigen Touch, wie das sich diese Robotersoldaten in Sonnenstühlen entspannten ganz wie beim M*A*S*H Vorbild. General Z selbst gestaltete Eric nach dem Vorbild von Robert Duvall Charakter aus Apokalypse Now und seine beiden nutzlosen Robotersoldaten Brad und Allen basierten auf der britischen Sci-Fi-Serie Red Dwarf.
Wie bei den Bitmaps üblich, waren die kleinen Gimmicks aber nicht nur das, sondern bewirkten oder signalisierten auch was. Kratzte sich ein Soldat am Kopf, wartete er auf die Routenberechnung des Pathfindings. Scharfschützen guckten durch Ferngläser und konnten dadurch tatsächlich doppelt so weit sehen, was sie taten wenn Gefahr in Verzug war. Obendrein gab es kleine Easter-Eggs, wie das am 25.12 Tannenbäume die Landschaft zierten.
Diese Liebe zum Detail, aber auch die weiterhin geringe Entwickleranzahl bei den Bitmap Brothers führte dazu, dass Z erst im Juli 1996 das Licht der Welt erblickte. Obwohl die Bitmaps zur gleichen Zeit wie Westwood mit Dune 2 begonnen hatten, war selbst dessen indirekter Nachfolger Command & Conquer ein volles Jahr früher erschienen. Wäre das alles nicht passiert, hätte Z ein krönender Erfolg werden können. Aber in der Post-C&C-Ära bekam es eher aufmunternde Beschreibungen wie der besoffene-Headbangende-Cousin von C&C und Tiefstwertungen von 7.2 Punkten von Gamespot. Ein paar Magazine wie PC Zone stiegen mit 92% höher ein, aber etwas um die 80% war an der Tagesordnung. Finanziell zahlte es sich für die Bitmaps dennoch voll aus, gerade wegen dem kleinen Team und weil sich Echtzeitstrategiespiele zu der Zeit gut verkauften. Ausnahmsweise verkaufte sich Z sogar gut in den USA, wo ihre vorangegangenen Spiele bislang nicht angekommen waren.

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