Looking Glass Technologies – Die Schöpfer der 3D Rollenspiele

by Pandur

Ken Levine wollte eigentlich Screenwriter werden. Aber seine Karriere in Hollywood hatte bislang nur zu einem einzigen Film geführt. So zog er sich zurück in seine Heimat New York, wo er zufällig eine Anzeige von Looking Glass entdeckte. Ken war von Ultima Underworld begeistert gewesen und vergötterte System Shock, wegen der gelungenen Atmosphäre und weil es dem Spiel gelang die Welt wie einen Roman zum Leben zu erwecken, ohne dafür Zwischensequenzen zu verwenden. So bewarb er sich für den Job als Game Designer im benachbarten Boston. Sein Auftrag wurde es zusammen mit seinem neuen Mentor Doug Church ein Action RPG zu entwickeln. Nicht im Sinne von Dialbo sondern ein Rollenspielmäßiges Spiel mit mehr Action. Ihre erste Idee war es Schwertkampf zu simulieren, also den Spieler das Schwert analog führen zu lassen, wie es Treyarchs Die by the Sword Jahre später tun sollte. Dafür wählten die beiden ein abgewandeltes King Arthur Szenario, in dem Mordred zum missverstanden Held wurde, Arthur ein tyrannischer Bösewicht war und Merlin ein zeitreisender Psychopath. Sie nannten es Dark Camelot. Paul Neurath war jedoch nicht gänzlich mit dem Konzept zufrieden. Er wünschte sich das Gegenteil eines Shooters. Die Hauptfigur sollten nicht dieser unverwundbare Held werden, sondern von List und Tücke abhängig sein. Das einzige Spiel was Ken zu dem Thema einfiel war Silent Service, eine U-Boot-Simulation von Microprose. Unbemerkt können U-Boote problemlos Schiffe versenken, aber wenn sie ein Zerstörer entdeckt, sind sie quasi schon tot. Mit dem Hintergedanken entwarf Ken ein Spielkonzept, dass sich auf Schleichen und lautlosem Kampf beschränkte und somit den Grundstein für heutige Spiele wie Dishonored, Splinter Cell oder Assassins Creed legte: Thief – The Dark Project.

Ken und Doug dachten sich verschiedene Arten aus, wie geheimnisvolle Vorgehensweise realisiert werden könne. Wie das NSCs auf sämtliche Veränderungen der Umwelt reagierten. Damit war nicht nur die Beseitigung von eventuellen Leichen gemeint, sondern Wachen reagierten ebenso misstrauisch auf fehlendes Geld oder andere verschwundene Objekte. Zur Zeit der technischen Realisierung erweiterte das Programmierer-Team Kens Entwurf, mit dem heute verbreiteten Konzept in Schatten weniger gut sichtbar zu sein. Aber eines der beeindruckendsten Features dieses Systems sind vermutlich die Geräusche. Zusätzlich zu Licht und Schatten verursacht in Thief jede Tat Sound und der kann bedingt weit gehört werden. Im Thief Code ist jede Karte zwei Mal vorhanden, einmal für das normale Spielgeschehen, was der Spieler wahrnimmt und eine zweite Karte, die bestimmt wie sich Geräusche auf Grund der Wände und Objekte ausbreiten. Es entstand ein für damalige Verhältnisse völlig neues und atemberaubendes Spielkonzept. Der Spielercharakter bekam zusätzlich zu seiner Klinge einen Bogen und dafür verschiedene Pfeile. Wasserpfeile konnten Fackeln löschen und Blutflecke entfernen, damit Wachen nicht alarmiert wurden. Mit Seil-Pfeilen konnten neue Wege zum entlanghangeln geschaffen werden und Feuerpfeile entfachten natürlich gleichermaßen Fackeln und Wachen. Wurden NSCs in einen Kampf verwickelt, versuchten sie den Spieler zunächst zu besiegen. Sank ihre Gesundheit jedoch in einen nahezu tödlichen Bereich, flohen sie und Hilfe zu holen.

Dabei erzählte Thief eine spannende Geschichte, die Ken als Screenwriter an Film Noir Vorlagen anlegte. Bei alten Privatdetektiv-Streifen kam immer ein geheimnisvoller Klient ins runtergekommene Büro irgendwo in Chinatown und warb die Hauptfigur an. Ähnlich lief es auch bei Thief: The Dark Project ab. Nach einem gescheiterten Anschlag auf sein Leben, wurde der Spieler als Garrett, von einer Dame namens Viktoria angeheuert das Schwert des Adeligen Constantine zu entwenden. Wie sich herausstellte war das lediglich eine Probe für den richtigen Auftrag „das Auge“ zu stehlen. Ein Juwel, welches in der Kathedrale aufbewahrt wurde. Welche wiederum zum Schutz vor dem Trickster, der die Stadt vernichten wollte, versiegelt war. Es entfesselte sich eine umfangreiche Geschichte, die Garrett auf die Suche nach vier Talismanen in die Ruinen unter der Stadt führte. Als Garrett die Untoten Bewohner der Kathedrale überwunden hatte und das Juwel Constantine übergab, entpuppte sich dieser als Trickster, floh durch ein Portal und lies Garrett halb tot zurück.

Wie bei den ersten Looking Glass Titeln übernahm Warren Spector erneut die Produktionsleitung. Dieses Mal jedoch nicht für Origin, sondern als Leiter des mittlerweile neu gegründeten Looking Glass Austin Studios. Zusammen mit der Fertigstellung von Britisch Open Championship Golf und dessen finanziellem Fehlschlag, waren Paul und Ned gezwungen im April 1997 die Hälfte der Belegschaft zu entlassen. Warren kam mit dem gesamten Austin Team im September 97 bei Ion Storm unter, die genau wie Thief von Eidos unterstützt wurden. Die Entlassungen betrafen ebenfalls das Thief Team selbst, wodurch die weitere Entwicklung deutlich schwieriger wurde und sich zweieinhalb Jahre hin zog. Es führte zu unzähligen Überstunden, aber der Release rettete Looking Glass vor dem endgültigen Untergang. Thief verkaufte über eine halbe Millionen Exemplare in zwei Jahren, was sowohl ein Gewinn für Looking Glass als auch Eidos Interactive bedeutete.

Bereits vor Thief und im direkten Anschluss an Flight Unlimited wollte Seamus Blackley seine Flugdynamik-Engine für einen Kampfflugsimulator weiterverwenden, um das was er für die Kunstflieger bewerkstelligt hatte, auch Kampfpiloten von der Air Force bieten zu können. Doch Ned Lerner bestand darauf einen direkten Nachfolger zu Flight Unlimited zu produzieren. Seamus beschuldigte Ned Looking Glass die Gedärme rauszureißen und der feuerte Seamus daraufhin. Seamus Blackley ging jedoch nicht alleine, er nahm Austin Grossman mit, der das Herzstück von Sytem Shock gewesen war.
Die neue Projektleiterin für Flight Unlimited II wurde Constantine Hantzopoulos, die das Spiel von der Luftakrobatik weg brachte und sich mehr zivilen Flugzeugen zu wandte, um besser mit Microsofts Flight Simulator Reihe konkurrieren zu können. Das Team verwarf Seamus Physik-Engine komplett und schrieb eine neue basierend auf Euklidische Vektor Berechnungen. Das Ziel des Teams war es den realistischten zivilen Flugsimulator zu programmieren, mit Funk-Kommunikation und KI gesteuerten Flugzeugen, die dem Spieler in Echtzeit begegnen konnten. Dafür nahmen sie u.a. die Original Motorengeräusche sämtlicher Flugzeuge auf. Flight Unlimited 2 erschien im Dezember 1997 in direkter Konkurrenz zu Microsofts Flight Simulator und Sierras Pro Pilot. Es verkaufte sich zumindest gut genug, um die Entwicklungskosten zu decken. Weshalb Looking Glass vier Monate später einen kostenlosen Patch mit sechs neuen Missionen und einem neuen Flugzeug, der Fokker Dr.I nachlieferte.

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