CD Projekt – Von Raubkopien zum Maßstab für Rollenspiele

by Pandur

Im Sommer 2011, ein paar Wochen nach dem Königsmörder Release, rief der mittlerweile zum Studioleiter aufgestiegene Adam Badowski den leitenden Quest-Designer, Konrad Tomaszkiewicz, in sein Büro und machte ihn zum Game Director von The Witcher 3. Er bekam freie Hand beim Design und die Vorgabe, The Witcher 3 zu einem Open-World Rollenspiel zu machen. Dieser Schritt war dem CD Projekt Red Team bei Teil 2 noch nicht möglich gewesen, weil die REDengine damals in der Entstehungsphase war. 2011 hatte sich das geändert. Die REDengine funktionierte und beinhaltete bereits ein Streaming-System für nahtlose Übergänge, nur ging es bis dahin nicht problemlos von offenen Feldern zu stark bevölkerten Großstädten über. Zudem hatten Sony und Microsoft aufregende neue Konsolen angekündigt, deren Dev-Kits aber auch noch in weiter Ferne waren. Das mittlerweile 150-köpfige Team stand somit vor einer neuen Herausforderung.

Das Ziel der Schreiber wurde es, die Handlung einer kaputten Familie zu verfassen. Yennefer und Ciri, welche die Entwickler aus den ersten beiden Witcher Teilen rausgehalten hatten, liebten Geralt und einander, waren jedoch äußerst ungewöhnliche Mutter und Tochter Figuren. Sie sollten die Grundpfeiler dieser epischen Geschichte werden, die gemeinsam gegen den übermächtigen, alles einfrierenden Feind der „Wilde Jagd“ kämpften. Ein Plot, der sich im Verlauf der Produktion stark wandelte. Denn das von Marcin Blacha geführte Geschichtsteam hatte ursprünglich vorgesehen, dass Geralt sich der Wilden Jagd anschloss, um etwas für Ciri zu beschaffen. Außerdem sollte Yennefer Geralt auf der Isle of Trials von Skellige einsperren, weil sie andere Ziele verfolgte. Bei der Flucht hätte der Spieler die Wahl zwischen den Prüfungen der Insel oder dem Kampf gegen Nidhogg, einer Kreatur aus der nordischen Mythologie, gehabt. Aber die gesamte Insel schaffte es nicht ins Spiel. Denn letztlich gab es zu viele komplizierte Sub-Plots und verwirrende Charaktere.

Wie bei jeder Spielentwicklung plante das Team deutlich mehr Features, als zeitlich zu realisieren möglich waren. The Witcher 3 wurde in gigantisch großes Spiel. Seine Open-World war 30 Mal größer als Witcher 2 und der Spieler konnte sie zu Fuß, auf dem Pferd und per Schiff erkunden. Verschiedene Mini-Spielchen, wie ein Trink-Spiel, bei dem der Spieler einen Alkohol-Pegel nicht überschreiten durfte, während er den Gegner unter den Tisch trank, ein Messerwerfen-Wettbewerb und sogar Schlittschuh-fahren, wie in Sapkowskis vierten Witcher Roman, waren angedacht. Aber letztlich schaffte es nur das extrem unterhaltsame Gwent Kartenspiel ins fertige Produkt. Ebenso wollte Konrad die Witcher-Sinne ins Kampfsystem integrieren, wodurch der Prototyp eines Fallout VATS ähnlichen Systems entstand. Dieses verlangsamte das Spielgeschehen mit einer Art Röntgen-Ansicht und zeigte dem Spieler lebenswichtige Punkte für Angriffe. Doch es stellte sich als technisch zu kompliziert zu realisieren heraus. Was blieb war der sechste Sinn des Hexers, der die Welt grau verfärbte und ihn in farblich hervorgehobener Form Düfte verfolgen und Quest-Objekte sehen ließ. Dennoch bekam Witcher 3 ein äußerst gelungenes Kampfsystem, für das sich Konrad an FromSoftwares Dark Souls und Demon Souls orientierte. Das Nahkampfsystem unterschied zwischen leichten sowie schweren Angriffen, zudem konnte Geralt extrem leichte Fernkampfattacken mit seiner Armbrust ausführen und magische Angriffe sowie Schutzschilde durch Zeichen wirken. Wie für Hexer zog Geralt bei einem nahenden Kampf automatisch das richtige Schwert, je nachdem ob sich menschliche oder übernatürliche Feinde näherte und selbstverständlich durfte der Spieler seine gesamte Ausrüstung durch ein umfassendes Herstellungssystem von Hand anfertigen.

Das herausragendste Feature des dritten Witcher Spiels, im Gegensatz zu sämtlichen Konkurrenzprodukten und allem was die Spielwelt bisher gesehen hatte, war jedoch das Cinematic Dialog-System. Die über 35 Stunden Dialoge, waren, von den zweieinhalb Stunden Zwischensequenzen, für den Spieler nicht zu unterscheiden. Sämtliche Unterhaltungen der kleinsten Nebenquest waren äußerst gut in Szene gesetzt, wie es nie zuvor ein Rollenspiel geschafft hatte. Was bei derart hoher Stundenzahl eine Armee von Animationskünstlern benötigt hätte, war tatsächlich die Kombination von Standard-Motion-Capture-Animationen mit einem Bausteinartigem Dialog-System. Die Charaktere erzählten nicht einfach, was sie erlebt hatten, sondern zeigten es eindrucksvoll und bauten so emotionale Bindungen zum Zuschauer auf. Das erforderte über 500 Synchronsprecher, für die über 950 Sprechrollen und 15 verschiedenen Übersetzungen des Spiels.

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