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Silicon Knights Historie – Die Tücken der Videospiel-Entwicklung

by Pandur
Ungerechtigkeit in der Welt zu bekämpfen, ist schwieriger als manch einer glaubt. Einst gab es ein Entwicklerstudio, das sich selbst als Gilde betrachtete. In ihren Kreisen gaben sie uraltes Wissen weiter, das zu herausragenden Videospielen führte. Sie heiligten den Grundsatz, Spiel-Entwickler müssten für die Spieler arbeiteten und nicht für Gold. Aber ihr unaufhaltsames Streben nach Gerechtigkeit und der Glaube, die Bösewichte der Videospiel-Industrie bloß stellen zu wollen, brachte sie schließlich zu Fall. Die Rede ist selbstverständlich von den Silicon Knights! Den Schöpfern von Kassenschlagern wie Legacy of Kain oder Eternal Darkness.

Dies ist nicht die Geschichte zweier Doktoren, die einige der berühmtesten Rollenspiele der Videospiel-Historie erschufen. Aber wie die Entstehung von BioWare, beginnt auch diese Erzählung im schneebedeckten Kanada mit einem Mech Spiel. Nur war es der Keller eines Hauses in St. Catharines, Ontario. Wenige Minuten Autofahrt von den Niagarafällen entfernt. Im Untergeschoss von Denis Dyacks Elternhaus, schrieben er und Rick Goertz 1989 ihr erstes gemeinsames Spiel, Cybernetics. Ein Werk was nie das Licht der Welt erblickte.

Das Duo lernte sich Monate zuvor beim Zocken im Computerlabor der Brock University kennen. Studiengänge für Videospiele existierten damals ebenso wenig wie eine kanadische Videospiel-Industrie. Weshalb die beiden für ihr Vordiplom Computerwissenschaften wählten. Der Kurs lehrte sie den Umgang mit Modula-2. Weshalb sie einen Modula-2 Compiler kauften und versuchten darin ihr erstes Spiel zu programmieren. Nur um festzustellen, dass die Sprache gänzlich ungeeignet für Computerspiele war. Für den zweiten Anlauf, lernten Rick und Denis C. Aber auch diese Sprache erwies sich als zu langsam für richtige Spiele. Die beiden Jungs waren zugegebenermaßen auch nicht besonders wohlhabend. Sie hatten daheim lediglich Atari STs, weil das die günstigsten Computer waren, die ihre Eltern finanzieren konnten. So entstand Denis und Ricks dritter und finaler Versuch eines Videospiels in Assembler-Code auf dem Atari ST. Das Duo absolvierte zwischenzeitlich Kurse über künstliche Intelligenzen, neurale Netzwerke und Benutzeroberflächen. Wodurch sie den Einfall einer intuitiven Benutzeroberfläche für Echtzeit-Kämpfe und Strategiespiele bekamen. In einer Zeit ohne Internet, kombinierten sie diese mit Mehrspieler-Partien. Wodurch ein 5-Spieler Hot Seat Game entstand. Also ein Strategiespiel, bei dem sämtliche Spieler nacheinander am Computer Platz nahmen, um ihre Züge zu verrichteten. Jedoch mit einer Ausnahme für die Echtzeit-Schlachten der Mechs. Denn diese liefen im Split Screen ab, d.h. sofern zwei menschliche Spieler teilnahmen. Das Steel Empire getaufte Werk, ließ sich am besten als ein Vorfahre von Creative Assembly’s Total Wars oder eine Computerspiel-Variante des Risiko Brettspiels mit Echtzeit-Kämpfen beschreiben. Die fünf Spieler, ob nun vom Computer oder menschlichen Kontrahenten gesteuert, begannen in unterschiedlichen Abschnitten der 72 Länder großen Karte, weiteten sich von dort aus in umgebene Länder aus, sammelten Rohstoffe, errichteten Mech-Fabriken und trugen dann Schlachten mit diesen aus. Selbstverständlich gab es unterschiedliche Mech-Typen und ebenso variierten die Geländetypen von Arktis bis hin zu Vulkanlandschaft.

Dank fehlendem Internet und ihrem nicht gerade Silicon Valley mäßigem Standort, war den beiden Kanadiern nicht so recht klar, ob es tatsächlich eine Videospiel-Industrie gab und wo genau sich diese befand. So wagte Denis einen Schuss ins Blaue, kaufte sich ein Flugticket nach Kalifornien und suchte mit Spiele-Magazinen die Anschriften bekannter Firmen auf. Eine seine ersten Adressen war Strategic Simulations in Mountain View. Damals äußerst populär für Strategiespiele und deren Gold Box Rollenspielreihe. SSI liebte was die Kanadier entwarfen. Sie wollten das Spiel nicht nur in Nordamerika vermarkten, sondern zudem einen Fantasy Nachfolger mit der Advanced Dungeons & Dragons Lizenz realisieren. Der einzige Haken war, dass Ataris 520ST Computer in den USA zwischenzeitlich ausgestorben war. Weshalb Rick und Denis es auf den Commodore Amiga sowie PC konvertieren mussten und ihren Fantasy Empires Nachfolger nur noch für MS-DOS herausbrachten. Aber durch den Vertrag mit SSI fuhr das Duo endlich genug Geld zur Gründung einer eigenen Firma ein: Silicon Knights.

Ein Name, den sie wählten, weil sie zu den Rittern in schillernder Rüstung der Spiele-Industrie werden wollten. Und welcher außerdem aufzeigen sollte, dass die Leute Vertrauen in ihre Spiele haben konnten. In den folgenden Jahren würde es ebenfalls zur Tradition werden, langjährige Mitarbeiter zu Rittern zu schlagen und ihnen ein massives Stahlschwert zu überreichen. Aber für den Moment konnte Rick zunächst seinen Übergangs-Job als High-School Lehrer aufgeben und sie ihre ersten beiden Mitarbeiter einstellen.

Für Steel Empire oder Cyber Empires, wie SSI es in den USA betitelte, zeichnete Denis sämtliche Interface- und andere Grafikelemente selbst. Für Fantasy Empires übernahmen das Ken McCulloch und Scott Collie. Ken würde später Silicon Knigths‘ Content Director werden. Für den Moment unterstützte er aber zunächst Scott beim Artwork. Zweiterer hatte bereits an der Heavy Metal Comic-Buch-Reihe und der Samstag-Morgen-Zeichentrickserie Beetlejuice gearbeitet. Scott und Ken verwandelten die Science Fiction Welt Cyber Empires in das Fantasy Setting Mystara. Eines der weniger bekannten Dungeons & Dragons Universen. Dessen Rollenspielfaktor zog in Fantasy Empires eher unterschwellig ein. Zwar durfte der Spieler sich einen eigenen Charakter nach den typischen Klassen, Völkern und Gesinnungen erschaffen und konnte auch Begleitcharaktere treffen. Doch ließen sich letztere nicht zur Party hinzufügen. Sie agierten vielmehr als Anführer der Armeen. Attribute, wie die gewählte Gesinnung gewährten hingegen Boni, die z.B. die Einnahmen der eroberten Länder steigerten. Sobald der Spieler selbst in ein feindliches Land einfiel, oder sich gegen Angreifer verteidigen musste, wechselte das Spielgeschehen erneut in die Gauntlet-artige Überkopf-Perspektive. Es ließ dem Spieler dabei jedoch die Wahl, seinen eigenen Helden zu steuern oder die Truppen zu kommandieren. Truppen konnten Verhaltensweisen wie Angriff, Verteidigung, Barriere oder Schikanieren zugewiesen und dadurch Schlachten geführt werden. Dank Ricks und Denis KI-Verbesserung, bot sich dem Spieler nun ebenfalls die Möglichkeit, mit der Escape-Taste die Schlacht vom aktuellen Stand an simulieren zu lassen. Auch wenn die meisten Spieler in den Schlachten vermutlich nur 50 Soldaten kommandierten, waren die Silicon Knights äußerst Stolz darauf, dass sich bis zu 1.000 Charaktere gleichzeitig auf dem Schlachtfeld befinden konnten. Siege ließen die überlebenden Truppen auf neue Stufen aufsteigen und gewährten dem Spieler-Charakter selbst Erfahrungspunkte. Die dadurch irgendwann höhere Charakterstufe, sorgte zum einen für höhere Einnahmen aus den eroberten Ländern während der Kampagne selbst, aber auch für Vorteile darüber hinaus. Denn Denis und Rick programmierten unterschiedlich gut ausgereifte Computer-Gegner oder genauer gesagt schrieben sie eine Reaktions-Matrix, welche diesen ein bestimmtes Verhalten vorschrieb. Um den höchsten Stufe-35-Computer-Gegner herauszufordern, musste der Spieler mit seinem Charakter zunächst mehrere 20-30 Stunden Kampagnen absolvieren.

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